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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes
Autoren: Karl Bleibtreu
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Widerspruch zweier gleich
unmöglicher Annahmen reizt zur metaphysischen Deutung, daß auch hier kein dualistischer, sondern einheitlicher
Prozeß vorliegt. Die Natur muß etwas in sich bergen, was wir als Gesetz des Entgegenkommens formulieren wollen.
Die Selbstheilungskräfte des Körpers fallen unter gleiche Kategorie. Im Physikalischen nachweisbar, regiert dies
auch auf der psychischen Ebene, sonst könnte kein Weltbild von anscheinender Richtigkeit zustande kommen.
[Fußnote]Naturforscher denken ja so naiv, daß Francé in seinen reizvollen Waldbildern den Baum lobt, weil
er sich für sein Grün rote und gelbe Bestrahlung aussuche – ohne zu bedenken, daß es weder Grün,
Rot, Gelb, noch Strahlen an sich gibt, sondern nur unsere Nervenschwingung, auf die der gute Baum wohl kaum Rücksicht
nähme! Oder doch durch supramaturelle Mitarbeit bei feinen Pflanzenpraktiken? Aus diesem entgegenkommenden Wohlwollen
und gegenseitiger Deckung psychischer Vorstellung und Materiebedingtheit keimt subjektiv-objektive Übereinstimmung.
    Die Darwinische »Anpassung« deutet dies Urgesetz nur mit anthropomorphischem Trugschluß aus. Besondere
Grünfärbung der Fauna auf Ceylon dem besonderen Grün der Flora angepaßt? Gibt es dort nicht auch genug
Tiere anderer Färbung, überhaupt grüne Vögel, Fische, Insekten ähnlich oft auf Erden? Wo sie
vorkommen, hat Lichtreichtum sich gesetzmäßig in Massengrün für unser Auge umgesetzt. Selbst Ceylons
Küstenwasser blitzt von scharfen Sonnenstrahlen, so daß Fische wie Waldvögel und Insekten ganz natürlich
für unsere Sehnerven Grün ansetzen. Somit liegt keine eigene Anpassung der Fauna vor, sondern nur Anpassung der
dortigen Natur an unser Auge, das die sonst unerträgliche Lichtbrechung als Grün empfindet. Ähnlich steht es
offenbar bei jeder Tierfärbung, die anscheinend ins Kolorit von Wald oder Steppe übergeht und sich so dem Blick des
Jägers verbirgt. Daraus auf absichtliche Verwandlung zum Zweck des Verbergens von Seiten des Tieres zu schließen,
ist lächerlich, denn es kommt ja dabei gar nicht auf das Tier, sondern auf das menschliche Auge an, dessen
Farbenillusionen doch wahrhaftig das Tier nicht kennen kann. Will man also in dieser Sinnestäuschung einen vorbedachten
Zweck suchen, so könnte nur die »Natur« selber wohlwollend den Tierschutz besorgen als persönliche
Vorsehung, etwa mit der Absicht, eine Tierspezies vor unzweckmäßiger Ausrottung zu behüten. Die abstruse
Vorstellung eines bewußten Tierstrategems bei Farbenanpassung entstand nur durch Mangel philosophischen Denkens, das
kindlich übersieht, daß die von uns gesehenen oder nichtgesehenen Farben ja an und für sich gar nicht da
sind, sondern nur von uns subjektiv empfunden werden.
    Jedes Sichausleben-im-Geist bedingt Entgegenkommen der Ätherquelle, jeder Psychevorgang wird sich Endzweck im
Vertrauensverhältnis zum Unsichtbaren, Gebetskontakt schafft Krafterhöhung, die eigenen ausgesendeten Strahlen
rufen Zuströmen sittlicher Beruhigung hervor, Gott hebt so seine Außerweltlichkeit auf, wenn man »an seiner
Sphäre lang gesogen ...« Berufstheologie verhunzte Luthers Denken, das so viel verdarb, doch seine
ursprüngliche Tiefe verraten die Sätze: »Wie du dich kehrst und wendest, also wendet und kehrt sich
Gott.« »Wie du ihn glaubst, also hast du ihn.«
    Die innere Einheit der äußern Zweiheit Subjekt und Objekt hat aber nichts mit Haeckel-Monismus gemein, der nur
noch ein Objekt gelten läßt, erkenntnistheoretisch geradeso ein Unding wie der umgekehrte Subjektivismus. Als ob
ein Spiegel an und für sich nicht da sei, sondern Glasform und Lichtbrechung erst vom Ding empfinge, das sich in ihm
spiegelt! Der Spiegel ohne gespiegeltes Ding ist immer noch da, wäre freilich blind und zwecklos, das Ding aber
umgekehrt desgleichen Null ohne Selbstspiegelung. In solchem Sinne wären, transzendental betrachtet, Spiegel und Ding
beide nicht mehr da, weil ohne Bewußtsein. Indessen ist das Ding (All) auch dann unzweifelhaft da, selbst wenn alle
Spiegel zertrümmert würden, und der Spiegel (Ich) wäre immer noch vorhanden, selbst wenn alles zu Spiegelnde
vor ihm verlöschte. Letzteres bestreitet der Materialist, weil das Bewußtsein nur durch Apperzeption der
Alleindrücke bestehe, doch gilt dies etwa fürs Unbewußte, für die Energetik der stofflosen Elektronen
des Lebensprinzips? Auch gleichen solche Spitzfindigkeiten der Schlange, die sich in den Schwanz
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