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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes
Autoren: Karl Bleibtreu
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Schwierigkeit hatte. Als Absud dieser ollen Kamellen bekommen wir, daß Pelagius
sich »von Gott zu befreien« hoffte! Alles Kampf um den grauen Bart eines amtlich beglaubigten Gottvaters. Gerade
der Schulzeglaube erzeugt als natürlichen Sohn den Atheismus. Jesus als Pater profundus lehrte gemeinsames Vaterland der
Allethik, doch »Handel folgt der Flagge«, jede Staatskirche dem Rassebedürfnis, Zeus war nur griechische
Ästhetik, der kapitolinische Jupiter nur Romimperium, das die Peterskirche in internationale Theokratie verschleppte,
all solche »Religion« ist nur Soziologie. Weil heute Schulze über einmaliges Sichtbarwerden des
Göttlichen am See Tiberias lachen muß, so ist ihm die »Religion« erledigt, denn tausendfältige
göttliche Spannung in so viel anderen Genien ist ihm keine Offenbarung! Alles zieht er in den Staub, wo seine Schuhe
waten, heute legt Professor Nebelstreif wie früher der Papst dem störrigen Pöbel die Trense an, Strohfeuer aus
falschen Akten und Fakten soll und muß ihm als Sonnenschisma des Unglaubens leuchten. Doch auch hier noch Nebeldunkel.
Denn man ist kein Apostata, wenn Julians Sterberede einem regelrechten Glaubensgebot gleicht, man ist kein Antichrist, wenn
Oberkonfusionsrat Nietzsche mit Oberkonsistorialrat Feuerbach bekennt, das Leben sei »durchaus göttlicher
Natur«! Amenhotep sang seine Sonnenhymne aus so freier Seele wie San Franziskus, umsonst möchte man Gott
diktieren, wie man zu ihm eingeht, Wahrheit ist ein aalglatter Proteus, der dem Ketzer so leicht entschlüpft wie dem
Pfaffen. An passiver Ergebung kann Gott so wenig liegen wie am »eitlen Wahn der Eigenart« (Thomas a Kempis),
gegen geopfertes Lamm als Christsymbol sträubt sich alles Vornehme, Heldenlöwen lassen sich nicht damit über
einen Leisten schlagen. »Wer nichts begehrt, nichts hat, nichts weiß, nichts liebt, nichts will«, gleiche
Gott, der »nichts sucht und will«? Solch Cherubinische Dynamitverpackung machte Silesius oft verletzend. Gott
sucht und will Selbstveranschaulichung, sein Beruf ist ewige Schaffenstat, kann also hinüberfliehende Ohnmacht des
Tatverzichts das »höchste Gute« sein?
    Einfache Kosmosharmonie der Vorsokratiker bestritt Parmenides, doch Heraklits Identität von Harmonie und Disharmonie
(Houwald 1925) fügt sich schon wahrem Monismus ein. »Schwinden der Erscheinungswelt ist transzendent Aufrichtung
der Welt der Dinge in sich und ihrer Harmonie« urteilt Berndl über die Samkhyalehre, deren dualistische
Verfälschung durch vedantistische Umbildung er gegen Garbe verficht. Doch das Wesentlichste bleibt hier, daß kein
Stoff-Praktiri ohne Geist-Puruscha überhaupt bestehen könne, daß »Urmaterie« nur immaterielle
Grundform bedeutet, daß unendlich viele Geister die wahren Weltkonstituenten sind. Selbst wenn man alle vedantistischen
Seelenbegriffe hinauswirft, bleibt dieser Vor-Buddhismus streng antimaterialistisch, weil er nur den Grundcharakter der
Dinge-an-sich als real, frei, ewig anerkennt, diese Ethik unterscheidet sich nicht vom allgemeinen indischen Grundsatz:
»Der Seele Taten im früheren Dasein müssen gesühnt werden, Stätte der Sühne zu sein ist die
einzige Bedeutung der Welt« (Deussen). Berndl meint, Notwendigkeit gehöre nur der Erscheinung an, doch da diese
nur Ausdruck des Unsichtbaren, herrscht gerade jenseits von ihr erst recht das Ewig-Notwendige. So führt gerade
unbedingter Monismus zu unbedingter Transzendentalität, jede Abweichung davon entgleist entweder im unverständigen
Dualismus oder in noch unverständigerem Materialismus, der im Sichtbarkeitsstoff eine Einheit hineindichtet, deren
Vorhandensein alle psychischen Phänomene ausschließen. »Für das Gemüt ist Phantasie die
Haupttätigkeit« (Feuerbach), doch wie phantastisch denkt sich Haeckels Verstand »blinde zweck- und planlose
Naturkräfte«, die durch »Willkür« den großen Haeckel schufen! Wenn Darwins Abhandlung
über Regenwürmer permanente Charakterisierung des unscheinbarsten Geschöpfs für besondere Aufgabe
festlegt, so ist dies nur krauser Umweg zur Teleologie sorgsamer Zwecke und Endzwecke.
    Jeder Sterbliche muß eben die ihm lebensnötigen Kausalfunktionen Zeit und Raum erst selber wieder erwerben (ein
geheimnisvoller mechanisch unklärbarer Vorgang), der Lebensprozeß rückt also nie von der Stelle, beginnt
immer von vorn am gleichen Fleck! Laut Lodge ist Leben ein ganz anderes Prinzip als Kraft und Stoff, laut Arrhenius hatte es
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