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Der Adler ist gelandet

Der Adler ist gelandet

Titel: Der Adler ist gelandet
Autoren: Jack Higgins
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doch nicht albern. Begreifen Sie nicht, was hier steht? Hier liegen die Leichen von Oberstleutnant Kurt Steiner und dreizehn deutschen Fallschirmjägern, gefallen am 6. November 1943. Ist das nicht ein faszinierender Fund? Finden Sie das denn nicht ausgesprochen sensationell?« »Nicht besonders.«
    »Wollen Sie sagen, Sie wissen es schon?«
    »Nein, natürlich nicht.« Er wirkte jetzt alarmiert, eine Unruhe schwang in seiner Stimme, so als wolle er etwas verbergen. »Würden Sie bitte den alten Stein wieder an seinen Platz rücken?« Ich insistierte: »Wer war er, dieser Steiner? Was war hier los?« »Ich sagte Ihnen bereits, daß ich keine Ahnung habe«, erwiderte er und wirkte noch nervöser.
    Und dann fiel mir etwas ein. »Sie waren doch 1943 hier, nicht wahr? Auf der Tafel in der Kirche habe ich gelesen, daß Sie die Pfarrei damals übernommen haben.«
    Jetzt wurde er barsch. »Zum letzten Mal: Werden Sie jetzt diesen Stein wieder so hinlegen, wie Sie ihn fanden?« »Nein«, sagte ich. »Das kann ich leider nicht.«
    Merkwürdig, aber er schien sich wieder einigermaßen in der Gewalt zu haben. »Wie Sie wollen«, sagte er. »Dann darf ich Sie bitten, sich unverzüglich zu entfernen.«
    Angesichts seiner Entschiedenheit schien jede weitere Debatte sinnlos, also sagte ich nur: »Gut, Pater, wenn Sie es so wünschen.« Ich war auf dem Gräberweg angelangt, als er mir nachrief: »Und kommen Sie nicht wieder. Sonst werde ich auf der Stelle die Ortspolizei rufen.«
    Ich ging durch das Tor, stieg in meinen Peugeot und fuhr ab. Seine Drohung kümmerte mich nicht. Ich war viel zu aufgeregt, viel zu fasziniert. Ich hielt am Straßenrand neben dem Fluß, zündete mir eine Zigarette an und dachte in Ruhe über das Erlebte nach. Pater Voreker hatte nicht die Wahrheit gesagt, das lag offensichtlich auf der Hand. Er hatte den Grabstein schon früher gesehen, kannte seine Bedeutung, davon war ich überzeugt. Im Grunde war es ein Witz. Ich war nach Studley Constable gekommen auf der Suche nach Charles Gascoigne. Statt seiner hatte ich etwas viel Aufregenderes entdeckt. Ein echtes Rätsel, aber die Frage war: Was sollte ich unternehmen?
    Die Lösung erschien fast im gleichen Moment in Gestalt des Totengräbers, den ich auf dem Kirchhof nach Pater Voreker gefragt hatte. Ich hielt an, stieg rasch aus dem Wagen und sprach ihn an: »Hallo, Sie wissen doch Bescheid, oder? Was steckt hinter diesem Grabstein...? Wer war Steiner...? Was ist damals hier passiert?«
    Er grinste pfiffig und paffte eine Rauchwolke in den Regen. »Wieviel?« Ich wußte sofort, was er meinte, wollte ihn aber noch eine Weile zappeln lassen. »Was meinen Sie mit: wieviel?« »Wieviel's Ihnen wert ist, was über Steiner zu erfahren.« Er lehnte sich an den Wagen, blickte mich an und wartete. Ich zog meine Brieftasche, nahm einen Fünf-PfundSchein heraus und hielt ihn in die Höhe. Die Augen des Mannes, der, wie ich später erfuhr, Laker Armsby hieß, funkelten, und er griff danach. Ich zog die Hand zurück. »O nein. Zuerst möchte ich ein paar Antworten.« »Auch recht, Mister. Was möchten Sie wissen?« »Dieser Kurt Steiner... wer war das?«
    Er grinste, die Augen wurden wieder unstet, das schlaue verschlagene Lächeln erschien. »Ganz einfach«, sagte er. »Das war der Deutsche, der mit seinen Leuten hergekommen ist, um Mr. Churchill zu erschießen.« Ich war so verblüfft, daß ich einfach dastand und ihn anstarrte. Er schnappte sich den Fünfer aus meiner Hand, machte kehrt und trabte auf unsicheren Beinen davon.
    Es gibt Dinge im Leben, die einen mit solcher Wucht treffen, daß man sie zunächst nicht zu fassen vermag. Der Verstand weigert sich, die Wirklichkeit zu begreifen, man verschafft sich eine Atempause, bis man in der Lage ist, zu reagieren.
    In einem solchen Zustand befand ich mich nach der überraschenden Eröffnung des Totengräbers. Nicht, weil sie so unglaublich klang. Meine Lebenserfahrung hat mich gelehrt, daß man eine Sache nur als unmöglich zu bezeichnen braucht,

damit sie mit ziemlicher Sicherheit eine Woche später wirklich passiert. Nein, sondern weil das, was Armsby gesagt hatte wenn es der Wahrheit entsprach -, von so ungeheuerlicher Tragweite war, daß mein Denken noch gar nicht mitkam. Immerhin begriff ich jetzt das merkwürdige Verhalten Pater Vorekers besser. Ich eilte ins Hotel, packte meine Koffer, bezahlte die Rechnung und machte mich auf die Heimfahrt, zur ersten Atempause auf einer Reise, die sich über ein Jahr meines
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