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Der Adler ist gelandet

Der Adler ist gelandet

Titel: Der Adler ist gelandet
Autoren: Jack Higgins
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besser.«
    Für alle übrigen Anwesenden sah der italienische Diktator erschreckend aus. Müde und apathisch, kaum noch eine Spur des alten Feuers. Daß er tags zuvor die Neue Sozialistische Republik Italien proklamiert hatte, war nur auf Drängen Hitlers geschehen.
    Er rang sich ein schwaches Lächeln ab, und der Führer klatschte in die Hände. »Nun, meine Herren, was soll unser nächster Schritt in Italien sein? Was hält die Zukunft bereit?« Er wandte sich an Himmler. »Was meinen Sie, Reichsführer?«
    Himmler nahm den Kneifer ab und polierte umständlich die Gläser, während er antwortete: »Den totalen Sieg, mein Führer. Daß der Duce hier in unserer Mitte weilt, beweist hinlänglich, wie brillant Sie die Lage zu meistern wußten, nachdem dieser Verräter Badoglio einen Waffenstillstand unterzeichnete.«
    Hitler nickte mit ernster Miene und wandte sich an Goebbels. »Und Sie?«
    Goebbels' dunkle Augen loderten vor Begeisterung. »Ich auch, mein Führer. Die Befreiung des Duce hat im Reich und im Ausland großes Aufsehen erregt. Freund und Feind sind der Bewunderung voll. Wir können einen gewaltigen moralischen Sieg für uns verbuchen, dank Ihrer alles überragenden Führung.«
    »Jedenfalls nicht dank meiner Generäle.« Hitler wandte sich an Canaris, der mit leicht ironischem Lächeln auf die Karte hinabblickte. »Und Sie, Herr Admiral? Finden Sie auch, daß wir einen gewaltigen moralischen Sieg errungen haben?«
    Offenheit konnte Hitler gegenüber gefährlich oder lohnend sein, man wußte es nie. Daher ist Canaris kaum zu tadeln, wenn seine aufrichtige Antwort einen Ausbruch hervorrief.
    »Mein Führer, die italienische Kriegsflotte liegt jetzt direkt unter den Geschützen der Festung Malta vor Anker. Wir mußten Korsika und Sardinien räumen, und es gehen Meldungen ein, wonach unsere früheren Alliierten sich bereits anschicken, auf der Gegenseite zu kämpfen.« Hitler war bleich geworden, die Augen glitzerten, ein leichter Schweißfilm erschien auf seiner Stirn, aber Canaris fuhr fort: »Was die vom Duce proklamierte Neue Sozialistische Republik Italien angeht...«, hier zuckte er die Achseln. »Bisher hat sich kein einziges neutrales Land, nicht einmal Spanien, zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen bereitgefunden. Und, so leid es mir tut, mein Führer, meiner Meinung nach wird dies auch nicht geschehen.«
    »Ihre Meinung!« brach Hitler wütend los. »Ihre Meinung? Sie sind genauso übel wie meine Generäle. Wenn ich auf die höre, was passiert dann? Fehlschläge auf der ganzen Linie.« Er trat zu Mussolini, der bestürzt schien, und legte ihm einen Arm um die Schultern. »Verdanken wir es dem Oberkommando, daß der Duce hier ist? Nein, er ist hier, weil ich auf der Schaffung einer Kommandoeinheit bestanden habe, weil meine Intuition mir sagte, daß es das einzig Richtige sei.«
    Goebbels blickte besorgt, Himmler so ruhig und rätselhaft wie immer, aber Canaris gab nicht auf. »Ich bitte, das nicht als Kritik an Ihnen persönlich zu verstehen, mein Führer.«
    Hitler war ans Fenster getreten und blickte hinaus, die Hände auf dem Rücken zu Fäusten geballt. »Ich habe einen Instinkt für derlei Dinge, und ich wußte, wie erfolgreich ein solches Unternehmen sein konnte. Eine Handvoll tapferer Männer, die das Letzte wagen.« Er wirbelte herum zu den Anwesenden. »Am neunten September führte Major Walter Gericke mit dem zweiten Bataillon des sechsten Fallschirmjägerregiments einen Angriff aus der Luft auf das Hauptquartier der italienischen Streitkräfte und nahm fast das gesamte Oberkommando und den Generalstab gefangen. Eine brillante und wagemutige Tat, die meine These beweist.« »Ebenso wie das Gran-Sasso-Unternehmen, mein Führer«, warf Goebbels ein.
    »Ohne mich hätte es kein Gran-Sasso-Unternehmen gegeben, denn ohne mich hätte es keinen Skorzeny gegeben.« Hitler wurde ruhiger. »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, Herr Admiral, aber schließlich, was haben Sie und Ihre Leute von der Abwehr in jüngster Zeit geleistet? Mir scheint, alles, was Sie können, ist Verräter hervorzubringen wie diesen Dohnanyi.«
    Hans von Dohnanyi, der für die Abwehr gearbeitet hatte, war im April wegen Hochverrats verhaftet worden, zusammen mit seinem Schwager, Pastor Bonhoeffer, und Hans Müller.
    Canaris war jetzt bleicher denn je, er hatte sich wirklich auf gefährlichen Boden begeben. Er sagte: »Mein Führer, ich hatte keineswegs die Absicht...«
    Hitler ignorierte ihn und wandte sich Himmler zu.
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