Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen
Autoren: C. J. Daugherty
Vom Netzwerk:
und sie fühlte sich lädiert und zerschlagen am ganzen Leib – als hätte sie schon wieder einen Autounfall gehabt. Doch sie wusste, die anderen hatten auch Schmerzen, also biss sie die Zähne zusammen und hielt durch.
    Als sie freilich über einen Stein stolperte, fuhr ihr der Schmerz derart heftig in die Schulter, dass sie ein Wimmern nicht unterdrücken konnte.
    »Komm«, sagte Sylvain und legte seinen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. »Stütz dich auf mich.«
    »Geht schon«, log sie, und da musste er doch lächeln.
    »Weiß ich doch«, sagte er.
     
    Allie kam es vor, als hätte es Stunden gedauert, bis sie die Schule erreicht hatten, dabei wusste sie, dass es kaum mehr als zwanzig Minuten gewesen sein konnten.
    Nachdem sie humpelnd die rückwärtigen terrassierten Grünflächen passiert und endlich die Tür erreicht hatten, kam ihnen das Gebäude sehr hell und fast zu warm vor, so lange waren sie im Regen gewesen.
    Der breite Eingangsflur war merkwürdig leer.
    Verdutzte Blicke austauschend, liefen sie an den Marmorstatuen und Ölgemälden vorbei. Ihre Schritte hallten in der Stille. An der großen Treppe blieben sie stehen und sahen sich bestürzt um.
    »Wo stecken die denn alle?«, fragte Zoe.
    Carter schüttelte den Kopf. »Im Rittersaal vielleicht?«
    Doch als sie die Tür zu dem großen Ballsaal aufstießen, empfing sie nur dunkle, gähnende Leere.
    »Vielleicht sollten wir es mal bei Isabelle im Büro probieren«, schlug Allie vor. Sie blieb äußerlich ruhig, aber ihr Herz hatte zu rasen begonnen.
Hier stimmt was nicht.
    Sie gingen zur Treppe zurück. Die Tür zu Isabelles Büro stand einen Spalt offen, doch das Licht war aus – und das Zimmer leer.
    »Das kapier ich jetzt nicht«, sagte Zoe perplex. »Wo sind die bloß hin?«
    »Vielleicht sind sie ja alle draußen«, meinte Nicole.
    »Aber doch nicht Isabelle und die Lehrer«, entgegnete Carter. »Jedenfalls bestimmt nicht alle.«
    Allie entfernte sich etwas von Sylvain, drehte sich einmal im Kreis und horchte in die Stille. Irgendetwas an dem Gebäude war anders als sonst. Keine knarzenden Schritte über ihnen, kein entferntes Gelächter aus dem Schlaftrakt.
    Als wäre es … gottverlassen. Menschenleer.
    Plötzlich hörten sie gedämpfte Schritte, als ob sich irgendwer auf leisen Sohlen näherte. Sie sahen nach oben – da kam jemand die Treppe herunter.
    Sylvain, Carter und Zoe – die Einzigen, die noch halbwegs kampffähig waren – rückten vorsichtig Richtung Treppe vor.
    Langsam und gleichmäßig ging die Person weiter, bis sie den Treppenabsatz über ihnen erreicht hatte – dann hörten die Schritte auf.
    »Oh mein Gott«, erklang es bestürzt. »Was ist denn mit euch passiert?« Es war Katie.
    Sie trug die roten Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und hatte ihren weißen Cimmeria-Schlafanzug und Pantoffeln an. In der Hand hielt sie eine Wärmflasche. Katie sah so adrett und
normal
aus, dass die anderen sie eine ganze Weile einfach nur anstarrten.
    Allie war hundemüde. Ihre Hand zitterte vor Kälte und Blutverlust. Unwillkürlich fuhr sie sich durchs Haar, als wolle sie es schnell noch glätten.
    »Wo sind die denn alle hin?«, fragte Zoe und hüpfte ein paar Stufen in Richtung ihrer rothaarigen Mitschülerin.
    »Wer … alle?«, fragte Katie und bedachte sie mit einem eigentümlichen Blick.
    »Na, die Lehrer zum Beispiel«, erklärte Carter.
    »Ach, die. Die sind alle bei einer Besprechung im Klassenzimmertrakt«, antwortete Katie und fügte hinzu: »Zumindest waren sie das vor einer Stunde.«
    So weit, so normal. Doch Allie hatte immer noch ein ungutes Gefühl.
Das ist mir irgendwie zu ruhig hier.
    »Und die Schüler?«, fragte Allie mit rauer, müder Stimme. »Wo sind die denn alle abgeblieben?«
    Katie lief auf sie zu, und ihre Pantoffeln machten auf jeder Stufe dieses gedämpfte Geräusch.
    »Die Schüler, die noch da sind, sind alle oben auf ihren Zimmern.« Sie hielt die Wärmflasche hoch. »Ich mach gerade die hier für Emma. Sie kann nicht schlafen.«
    »
Die noch da sind
, sagst du. Wie viele sind denn noch da?«, fragte Nicole, die im Licht des Kristalllüsters blass und gezeichnet aussah.
    Katie ließ den Blick über Allies blutverkrusteten Arm, Carters geschwollenes Kinn und Rachels zerschundenes Gesicht gleiten.
    »So um die vierzig vielleicht«, sagte sie mit Grabesstimme. »Tut mir leid.«
    Allie schnürte es die Brust zu.
Heute Morgen waren wir noch fast zweihundert. Und jetzt sollen es bloß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher