Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod
Autoren: Nigel McCrery
Vom Netzwerk:
nur frisch Verliebte können.
    »Er ist auch sehr nett, er ist das Beste, was mir je passiert ist.«
    »Ein Neuanfang.«
    Die junge Frau strahlte Sam an. »Das hoffe ich. Also, nochmals vielen Dank!« Sie streckte ihre Hand aus. Sam nahm sie und drückte sie herzlich. Dafür, dass sie so jung war, hatte sie schon einiges mitgemacht und Sam hoffte, dass sich für sie nun wieder alles zum Guten wendete. Ein wenig neidisch beobachtete sie, wie Rebecca zu ihrem Freund ging und die beiden Hand in Hand die Straße hinunter verschwanden. Sie beneidete sie um ihre Jugend und um ihren Neuanfang.
    »Und, geben Sie denen eine Chance?«
    Die Stimme von Detective Inspector Tom Adams erschreckte sie. Sie fuhr herum und sah ihn an.
    »Sie haben mehr als nur eine Chance verdient.«
    »Da haben Sie Recht. Tja, jedenfalls wieder eine Sache, die wir verloren haben.«
    »Sie haben doch gar nichts verloren, es war doch Selbstmord!«, antwortete Sam erstaunt.
    »Versuchen Sie das mal Superintendent Farmer zu erklären! Sie hat es als ihr entgangenen Ruhm verbucht und raten Sie mal, wen sie dafür verantwortlich macht?«
    »Das kann sie halten, wie sie will«, entgegnete Sam.
    »Trotzdem ganz schön clever von Ihnen! Ich war ziemlich beeindruckt.«
    Sam fühlte sich geschmeichelt und wurde etwas verlegen. Sie fühlte sich zu Adams hingezogen. Er war groß und kräftig und sein tiefschwarzes, kurzes Haar stand in lebhaftem Kontrast zu seinen knallblauen Augen. Er war anders als die meisten Polizeibeamten, mit denen sie zu tun hatte, und obwohl er etwas raubeinig wirkte, spürte sie, dass das nur Teil seines Rollenspiels war und in Wahrheit noch viel mehr in ihm steckte. Er vermittelte ihr nie den Eindruck, dass er Frauen für das schwächere Geschlecht hielt. Und sein Verhalten bewies: Er fühlte sich in Gegenwart von Frauen wohl und hatte keine Probleme, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Das war ein sehr attraktiver Zug, fand Sam.
    Ein Ruf von der gegenüberliegenden Straßenseite unterbrach ihr Gespräch. Superintendent Harriet Farmer stand bei ihrem dunkelblauen Escort und sah zu ihnen herüber. Sie schien genervt zu sein.
    »Wollen Sie mit zurückfahren oder lieber zu Fuß gehen?«
    Sam betrachtete sie genauer. Farmer war das Paradebeispiel einer Polizeibeamtin. Sie war zwar groß, schlank und nicht unattraktiv, hatte aber harte Gesichtszüge, in denen sich Jahre des Kampfes abzeichneten – eines Kampfes nicht allein gegen das Verbrechen, sondern auch gegen ein System, das sich schwer tat mit Frauen, die Karriere machen wollten. Sie hatte langes, braunes Haar, das sie stets zu einem smarten Pferdeschwanz band. Dabei zog sie das Haar so straff nach hinten, dass es ihre Gesichtshaut wie ein billiges Facelifting zu spannen schien. Sam stellte sich vor, wie sich ihr Gesicht, wenn sie abends den Zopf löste, in Tausende Fältchen legte und verkrumpelte. Farmer beobachtete die beiden ungeduldig und wartete darauf, dass Adams das Gespräch beendete und sich ihr anschloss. Adams sah Sam an. »Ich muss los, Konspiration mit dem Feind, Sie wissen ja …«
    Sam sah wieder zu Farmer hinüber. »Vor ihr heißt es Strammstehen!«
    Adams lachte leise, bevor er sich umdrehte und die Straße überquerte. Für einen kurzen Moment begegneten sich die Blicke der beiden Frauen, dann wandte Sam sich ab und machte sich auf den Weg zur Kathedrale.
     
    Es war schon spät und das Unwetter tobte immer noch. Reg hatte unter den Ästen der alten Eibe Schutz gesucht, stützte sich auf seinen Spaten und beobachtete, wie der Regen auf das Kirchendach prasselte und die Mauern hinunterfloss. »Wenn die Regenrinnen nicht bald repariert werden«, dachte er, »bleibt nicht mehr viel von St. Mary's übrig.« Es war jetzt die Jahreszeit für Stürme und das war schon das zweite starke Unwetter in diesem Monat. Er griff in seine Tasche und zog eine Thermoskanne heraus. Nachdem er den Rest Tee, der noch in der Kanne war, in einen Plastikbecher geschüttet hatte, schlürfte er ihn hinunter. Er war schon fast kalt, aber das machte nichts. In dem Grab, das er gerade fertig ausgehoben hatte, stand das Wasser schon fünf Zentimeter hoch und er fragte sich, ob dem Verstorbenen wohl klar gewesen war, dass er ein Seemannsbegräbnis bekommen würde. Er war total erschöpft. Jeder einzelne Spatenstich kam ihm viel schwerer vor als früher. Wenn er noch jung und gesund gewesen wäre, hätte er diese Arbeit schon vor Stunden beendet gehabt und wäre noch vor dem Regen wieder zu Hause
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher