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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Autoren: Eckhard Henscheid
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Gehirn mag existiert haben« (Moritz, Anton Reiser, 1785).
    Da kann ich nicht ganz mithalten. Meine Götter, so weit es die guten betrifft, waren um 1950 als Ideenkombination Gottes eingeborener Sohn Jesus, Edi Schaffer (1.  FC Nürnberg), Albrecht Dürer (gleichfalls Nürnberg), Gottvater, König David, Maria in der Darstellung Raffaels, Heiner Fleischmann (Motorradrennfahrer auf NSU ), Johannes (Jünger), Rudolf Meßmann ( FC Amberg) und Johann Strauß Sohn, dieser mit dem »Kaiserwalzer« – und daran hat sich bis heute nicht viel geändert, heute werden von mir die »G’schichten aus dem Wienerwald« als noch etwas himmlischer, elysäischer, gottnäher ästimiert und präferiert.
    *
    Von Literatur und ihren höheren Zusammenhängen hatte ich als Kind naturgemäß keinen Schimmer, beinahe noch weniger als heute, nur eins leuchtete mir als ca. siebenjährigem Leser voll ein: In der häuslichen Volksausgabe des alten Till Eulenspiegel-Buchs wurde mir berichtet, daß der mir auch sonst wohlgefällige Erzschelm auf seinen Wanderungen steile Berge immer flott und munter nimmt (meint: Freude auf den baldigen Abstieg); langsam und leidvoll aber den Abstieg hinter sich bringt (meint: Angst vor dem Wiederanstieg).
    Die genotypische Ausstattung muß uns beiden ganz gleich gewesen sein. Erst heute wieder, dem 6. Juni 2011, rannte ich wie ein Wilder zum Schwellisee hoch; träg und traurig ließ ich mich dann wieder ins Dorf zurückfallen.
    Beides zudem: gleich sinnlos.
    Wenn ich heute, von Lesern angemahnt, Rechenschaft über diese meine vielleicht gar nicht so seltene Grundbefindlichkeit ablegen müßte, ich geriete wohl rasch in Verlegenheit. Wenig fruchtete der scheinbar geschmeidige, in Wahrheit zutiefst ungebührlich insistierende Hinweis auf die Dialektik allen Seins, jener bzw. jenes, dem da oder derzufolge ich es mir sodann auch nicht versage, hier noch die gottweiß nur allzu bekannte Lehre des Nikolaus Cusanus, ursprünglich auch Nikolaus von Kues (meint: Nicolaus de Cusa), Bischof von Brixen und mithin von der hochgebirglich verstiegen kontingenten Koinzidenz allen Seins und Bergsteigens vertrauensvoll überzeugt und zudem (noch ein Fragment)
    *
    Preisen muß ich meine gute Mutter, daß sie mir am 14. September 1941 – gegen den vom Vater favorisierten Siegfried – den Namen »Eckhard« gegeben hat, nicht weiter achtend der ephemerisch unbeholfenen Einrede Adornos, der um 1945 neben dem Jürgen den Eckhard als »typischen Antisemitennamen« (Frankfurter Adorno-Blätter 1992, VIII , S. 85) denunzierte; wobei der angeblich kritische Theoretiker in seinem finsterlingischen Ressentimentschwurbel zweifellos weniger den allseits geschätzten Meister Eckart, vielmehr offenbar den Nazi Dietrich (»Deutschland erwache!«) Eckart, den sehr frühen Hüttler-Gefährten, im rundlichen und damals allmählich auch schon haarlos werdenden Hinterkopf hatte.
    Meine liebe Mutter scherte sich bei ihrer Wahl aber auch wenig um den Befund Alfred Rosenbergs (Mythos des 20. Jahrhunderts, 1930, S. 223), in Eckart, dem Meister, erkenne man »das schönste Bekenntnis des germanischen Persönlichkeitsbewußtseins« (ein, wenn ich’s recht zähle, Wort für Wort fünffacher Stuß) – eher hielt sie sich da schon an Lenau, wenn dieser den einstmals auch sogenannten »süßen Meister« Eckart zu Recht so zitiert: »Die Stätte, aus der ich geboren bin, ist die Gottheit. Die Gottheit ist mein Vaterland« (Fragmente, Werke 2, S. 1147). Nicht schlecht traf es nach der Mutter Meinung auch Alfred Polgar mit: »Die treuen Ekkeharde, die Hüter der Kunst, die sorglichen Parkwächter im Kurpark« (Ödipus in Wien). Jedoch am kompetentesten zeigt sich noch knapp vor Viktor v. Scheffel wie immer Goethe, wo dieser in der Folge der Grimmschen Sage per Ballade »den alten, getreuen, den Eckart« feiert sowie in der nächsten Zeile den »Aldermann«, dem zu dienen sich durchaus lohne: »Dann füllt sich das Bier in den Krügen.«
    Der jüngere Eckhard trank es dann, s.v., jeweils früh und zügig weg.
    Sehr recht hatte Adorno allerdings damals schon vielahnend im folgenschweren Fall Jürgen. Und gut 60 Jahre später stellte sich heraus, daß bei meiner im Zuge wohl des vielen zügig genossenen Biers ohnehinnigen und energisch betriebenen Rechtsradikalwerdung der manchmal schon sehr törichte Adorno gleichfalls wieder mal glatt richtig gelegen hatte. Der Zeitschrift »konkret« blieb es im Jahr 2002 vorbehalten, sein Wort zu erfüllen und
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