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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Autoren: Eckhard Henscheid
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Plätzchen, ein Spiel, Griffeln, eine Tafel mit 2. Klasser Zeilen, einen Zeichenblock, einen Bleistift, einen Spitzer, eine Hose und Gesundheit. Hans Eckhard.«
    Offen wird zwar im Buch an gleicher Stelle sofort eingestanden, daß im Vergleich mit dem großlinig ambitionierten, ja tendenziell schon weltherrscherlichen Christkindbrief des 9jährigen Kohl vom Winter 1939 der meinige klar den kürzeren zieht und füglich ziehen muß. Zu beachten ist aber doch die visionäre Kraft in mir, die es da vermochte, seitwärts einer Hose und Gesundheit schon mein Handwerkszeug als Schriftsteller seit ca. genau 1995 zu bezeichnen: Einen Bleistift und einen Spitzer – dazu traten dann etwa zehn ca. 7 × 9 cm große Zettel und Papierfetzen in meiner linken Hemdbrusttasche. Reicht auch völlig aus. Ist mein Laptop, mein Stecken und mein Stab, von diesen will ich störrisch niemals lassen.
    *
    Daß ich 1948 bei meiner ersten Reise ins väterlicherseits heimatliche Rheinland, an den von mir schon vorbewußt geliebten Rhein, den grüngoldenen Strom bereits zehn Minuten nach der spätabendlichen Zugabfahrt von Amberg/Oberpfalz in den nebeligen Flußauen unserer Vils wie in einem sehnsuchtsvisionären Willensakt wahrzunehmen glaubte, das sei hier nur der Ordnung halber festgehalten; ehe wir es zu unserer Schonung jetzt auch gleich wieder vergessen.
    *
    Unsere Haus- und Familiencombo: Akkordeon (ich), Geige (meine Schwester) und Posaune (mein Vater) – muß bayernweit ziemlich einzigartig gewesen sein: Wir boten u.v.a. die Amboßpolka, die Annenpolka, den Haushamer Plattler, den Schlittschuhwalzer und allerdings auch schon allerlei aus der späteren Lieblingsoperette vom krakauischen Bettelstudenten, etwa »Ich knüpfte manche zarte Bande« und das in Text und Weise gleich zauberische Duett »Ich setz den Fall« – die Schwester oft mehr widerwillig kratzend und entsprechend mißmutig dreinschauend, ich schwer entschlossen quetschend, der ältere und trainiertere Posaunist meist, damit das Ganze nicht rhythmisch strauchle, den dürftigen »Wöpp-wupp-wöpp«-Generalbaß markierend; alles zusammen wild und schwer erträglich und summa summarum schaurigschön; und darüber hinaus möge auch dieser Fall hiermit aber schon wieder dringend in beklommenes Schweigen versenkt werden.
    *
    Wörter und Wendungen, welche mich als Kind (zwischen 4 und 10) minuten-, manchmal wochen- und monatelang zum Nachdenken zwangen und die ich trotzdem nicht kapiert habe, z.T. bis heute nicht:
    Kasematte
    Kasserolle
    Balustrade
    Zisterne
    Piedestal
    Kothurn
    Parnass
    Nicht richtig aussprechen konnte – und kann – ich das Wort »Pullover«. Es klingt immer wie »Blower«, und das ist ja auch gar nicht so falsch.
    Desgleichen vermag ich bis heute nicht »Akupunktur« zu sagen. Immer wird »aka« draus.
    Falsch verstand ich – nach dem Modell »O wie lacht« / »Gottes Sohn Owi lacht« des bekannten Weihnachtslieds – den wohl von Hans Albers vorgetragenen Schlager »Auf der Reeperbahn nachts um halb eins« mit einer von mir mißlich gehörten und gedeuteten Schlußpointe:
    »Auch nicht mit Fürsten und Grafen
    Tauschen wir Jungens, ahoi!«
    – die ich süddeutsch als »a Heu« (ein Heu) interpretierte und also vor einem unlösbaren, aber offenbar erotischen, ja sexuellen Rätsel stand.
    Auch das Fahrtenlied des Bundes Neudeutschland mit der Zeile »Dschingis Khan, der lahme Reiter« überstieg lange Zeit meine Deutfähigkeit: »Jimmy ist kaum der lahme Reiter«.
    In der damaligen Eisenbahn las ich, dabei immer nachdenklicher werdend, das Schild: »Türe nicht öffnen, Gefahr, der Zug hält«. Statt korrekt: »bevor der Zug hält«.
    Und mit einem Verhörer begann auch meine spätere Passion für die Verdi-Oper »Der Troubadour«: Statt »Ihres Auges himmlisch Strahlen« hörte ich tatsächlich und wohl früh wie nicht ganz dicht »Ehre sei Gott in der Höhe« – gut, daß ich, dergleichen zu vermeiden, Leonoras wundervolle Dur-Moll-Kantilene besser gleich auf italienisch mir einprägte: »Tacea la notte placida …«
    *
    Stark und bedeutend, weit früher erkennbar als das für Musik oder gar fürs Wort, zeigte sich das Talent fürs Zeichnen und Malen. Ich erinnere eine Farbstiftzeichnung für die heftig ins Herz geschlossene Kinderkrankenschwester nach der Blinddarmoperation von 1949. Und, unterfertigend mit »1953«, also mit zwölf, bewältigte ich zwei bleistiftgezeichnete Madonnen nach Dürer und Raffael, die mir Dürer und Raffael im
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