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Denen man nicht vergibt

Titel: Denen man nicht vergibt
Autoren: Catherine Coulter
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gekommen?«
    »Na ja, zunächst mal sind Sie ziemlich erledigt.«
    Doch das wischte Delion verächtlich beiseite und zwirbelte nachdenklich seinen Schnurrbart. »Also gut, Dane, dann lassen Sie mich mal überlegen. Wir hatten in der letzten Zeit drei Morde. Bei einem haben wir den Kerl - es war der Ehemann. Wir glauben, er wollte an die Lebensversicherung seiner Frau ran. Das war Donnie Lunermans Fall.
    Als er aus der Verhörzelle rauskam, hat er bloß den Kopf geschüttelt. Unglaublich, was manche Leute für fünfzigtausend Dollar zu tun im Stande sind.
    Ah, jetzt hab ich’s. Montag vor einer Woche - einen Tag vor seiner ersten Beichte -, wurde eine alte zweiundsiebzigjährige Frau ermordet. Hat allein im Sunset District gewohnt, Ecke Irving und Dreiunddreißigste. Sie ist nachts in ihrer Wohnung ermordet worden. Es war kein Raubmord, keine Anzeichen von Einbruch, keine zerbrochenen Fensterscheiben, nichts. Der Typ hat sie einfach in ihrem Bett mit einem Knüppel erschlagen und sich aus dem Staub gemacht. Der Fall ist, oder war, ’ne Sackgasse.«
    »Er hat sie nicht erschossen«, überlegte Dane und stützte sich dabei am Armaturenbrett ab, weil Delion mit quietschenden Reifen in die Polizeigarage einbog.
    »Nein, er hat sie zu Tode geknüppelt. Dann, letzten Mittwoch, und darüber regt sich die ganze Stadt auf, wurde ein Homosexueller ermordet, ein bekannter Mann, der sich sehr für die Rechte der Schwulen eingesetzt hat. Das war vor einer Bar im Castro. Jede Menge Zeugen, aber jeder sagt was anderes. Es war ein Hetero, es war ein Schwuler, er war dick, er war zaundürr, alt, jung - Sie verstehen was ich meine. Das ist auch nicht mein Fall. Der Chief hat einen Sonderstab gebildet, so was Besonderes war der Kerl.«
    »Wie wurde er ermordet?«
    »Garottiert.«
    »Also gut. Knüppel, Draht und Pistole. Der Kerl kennt sich mit allem aus.«
    »Wenn«, sagte Delion, »aber wirklich nur wenn, der Typ wirklich beide Leute umgebracht und Ihren Bruder damit gequält hat, wieso sollte er ihn dann umbringen?«
    »Weiß ich nicht«, grübelte Dane. »Ich weiß es wirklich nicht, aber ich wette, dass unsere Profiler was dazu zu sagen hätten.«
    »O Mann«, stöhnte Delion und blieb mit quietschenden Reifen auf einem Parkplatz stehen, »jetzt wimmeln mir die FBI-Fritzen doch noch in der Wolle rum.«
    »Es sind gute Leute, Delion.« Dane schwieg einen Moment, dann sagte er: »Wissen Sie, ich muss immer an diese Frau denken - die, die den Mord an meinem Bruder gemeldet hat -, wieso war sie an einem Sonntag um Mitternacht noch in der Kirche?«
    »Ja, das fragen wir uns alle. Aber es ist unmöglich, sie zu finden. Wollen hoffen, dass sie noch mal anruft.«
    »Ich frage mich, was sie wirklich gesehen hat.«
    »Werden wir vielleicht nie erfahren. Ich glaube kaum, dass wir sie finden werden.«
    Dane sagte: »Vielleicht steht sie ja auf Vater Binneys Liste.«
    Delion warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Ist es für uns Bullen je so einfach?«

5
    Sie stand auf der untersten Stufe des hässlichen Justizgebäudes in der Bryant Street.
    Es war ein wundervoller Dienstagmorgen, herrlicher Sonnenschein, die Luft kühl und klar, mit einem Wort: ein typischer Wintertag in San Francisco, wie man ihr bereits mehr als einmal versichert hatte. Ja, die Luft war so klar und kalt, dass man sie gar nicht tief genug einatmen konnte.
    Sie war erst seit zwei Wochen hier und hatte dennoch solche Tage schon öfter erlebt. Aber an diesem Morgen, diesem unglaublich klaren, frischen Morgen, war sie gar nicht froh. Langsam ging sie die Stufen hinauf. Menschen eilten zielstrebig an ihr vorbei. Niemand schenkte ihr die geringste Beachtung.
    Sie hatte Angst, große Angst. Sie wollte nicht hier sein, aber sie hatte keine Wahl. Zwei ganze Minuten hatte sie versucht, sich davon zu überzeugen, dass der Tod von Vater Michael Joseph nichts mit ihr zu tun hatte, aber das war natürlich Unsinn.
    Es war Zeit, etwas zu tun.
    Sie trat durch den Metalldetektor, überquerte die Lobby voller Menschen und nahm den Aufzug in den vierten Stock.
    Sie war schon einmal in diesem Polizeirevier gewesen, kurz nach ihrer Ankunft in San Francisco. In einem schwachen Moment hatte sie gedacht, sie könne einfach dort reinmarschieren, jemandem erzählen, was ihr passiert war, und alles würde gut werden. Aber ihr war schnell genug klar geworden, dass das ein frommer Wunsch war. Sie hatte sich wieder davongestohlen. Beim ersten Mal waren ihr die Schwarzweißfotos an den Wänden gar
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