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Denen man nicht vergibt

Titel: Denen man nicht vergibt
Autoren: Catherine Coulter
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sehr. Einfach furchtbar, diese Sache, furchtbar. Meine Güte, Sie sehen ihm so ähnlich, es ist wie ein Schock. Obwohl ich natürlich schon Bilder von Ihnen beiden gesehen habe - wie ein Ei dem ändern, genau dasselbe Lächeln. Meine Güte, das ist sehr schwer. Wie ich Inspektor Delion heute Morgen schon sagte, bin ich an allem schuld. Hätte ich dem Mann bloß nicht erlaubt, so spät noch zur Beichte zu kommen.«
    Vater Binney sackte auf einem dicken roten Brokatpolstersessel zusammen, schwarze Soutane auf rotem Grund. Nur sein weißer Priesterkragen setzte noch einen anderen Farbtupfer. Seine Haare nicht. Auf einmal vergrub er das Gesicht in den Händen. Auf seinen Handrücken wucherten rote Härchen. Endlich blickte er auf. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich kann Sie kaum anschauen, Mr. Carver, weil Sie so sehr wie Vater Michael Joseph aussehen. Dass er einfach so von uns gegangen ist, ist kaum zu ertragen. So etwas ist in Sankt Bartholomäus noch nie vorgekommen, und es ist alles meine Schuld.«
    Dane sagte mit seiner tiefen, ruhigen Stimme: »Es ist nicht Ihre Schuld, Vater, genauso wenig wie meine. Nur dieser Wahnsinnige trägt die Schuld - nur er. Und jetzt erzählen Sie uns bitte, was Sie über diesen Mann wissen, Vater.«
    Danes Worte schienen Vater Binney gut getan zu haben. Langsam hob er den Kopf. Bei Danes Anblick überlief ihn noch einmal ein heftiger Schauder. Dane merkte, dass er mit seinen kleinen Füßen kaum den Teppich berührte, was vielleicht ganz gut war, bei diesem abgetretenen Lappen.
    »Wie ich Inspektor Delion heute Morgen schon sagte, hat der Mann Sonntagabend, etwa gegen acht Uhr, glaube ich, noch angerufen. Er meinte, es wäre dringend, dass er sehr krank sei, und wenn er nicht mit Vater Michael Joseph reden könnte, würde er vielleicht in die Hölle kommen, wenn er stirbt. Er war sehr überzeugend, wirklich. Natürlich haben wir geregelte Zeiten für die Beichte, aber der Mann hörte nicht auf, mich anzuflehen.«
    »Was für einen Namen nannte Ihnen der Mann, Vater?«, erkundigte sich Dane.
    Vater Binney antwortete: »Er sagte, er heißt Charles DeBruler. Er schwor mir, er habe schon zwei Mal bei Vater Michael Joseph gebeichtet, und dass der Vater ihm wirklich geholfen habe. Er sagte, er vertraut Vater Michael Joseph.«
    »Was hat mein Bruder dazu gesagt?«
    Vater Binney runzelte die Stirn. »Um ehrlich zu sein, er war ziemlich zornig. Er sagte, er kennt den Mann und dass er nie mehr mit ihm reden will, nie mehr. Ich war überrascht und habe ihm gesagt, dass ich noch nie erlebt hätte, dass er einem Bedürftigen seine Hilfe versagt. Er wollte nicht, aber sehen Sie, ich habe ihm das Gefühl gegeben, er würde in seinen Pflichten versagen, wenn er dem Mann nicht die Beichte abnähme. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich es noch nie erlebt hätte, dass er jemandem die Beichte verweigere, egal, ob spät abends oder nicht, und egal, was er von der jeweiligen Person hielt. Vater Michael Joseph wollte nicht mit mir über diesen Mann reden, aber er meinte, er würde sich noch ein einziges Mal mit ihm treffen. Wenn er dann nichts tun könne, um den Mann zu ändern, dann wäre das das letzte Mal. Dann sagte er noch, er müsse eine wichtige Entscheidung treffen, eine Entscheidung, die sein ganzes Leben ändern könnte.« Vater Binney sagte nichts mehr.
    »Was glauben Sie, hat er damit gemeint, Vater, eine Entscheidung, die >sein Leben ändern könnte    »Ich weiß nicht«, seufzte Vater Binney. »Ich habe keine Ahnung.«
    Dane nickte langsam. »Der Mann hat dreimal ausdrücklich nach meinem Bruder verlangt. Wieso? Wenn er nicht wirklich beichten wollte, wieso wollte er dann unbedingt zu meinem Bruder?«
    »Das habe ich mich selbst schon tausendmal gefragt«, sagte Vater Binney. »Dreimal war er bei Vater Michael Joseph. Wieso wollte Vater Michael Joseph nichts mehr mit ihm zu tun haben? Wieso hat er gesagt, er müsste eine Entscheidung treffen, die sein ganzes Leben verändern könnte?«
    »Klingt mir ganz danach, als ob dieser Mann nicht die Absicht hatte, wirklich zu bereuen«, erklärte Delion. »Vielleicht wollte er mit seinen Taten ja nur vor Ihrem Bruder prahlen, wollte mit seinen Verbrechen vor jemandem angeben, der nichts dagegen machen konnte. Vielleicht war Ihr Bruder deshalb so wütend, Dane, vielleicht wollte er deshalb nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er wusste, dass der Mann bloß mit ihm spielt. Was glauben Sie? Es würde erklären, warum Vater Michael Joseph nichts mehr mit ihm
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