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Denen man nicht vergibt

Titel: Denen man nicht vergibt
Autoren: Catherine Coulter
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zu tun haben wollte. Oder ist das zu weit hergeholt?«
    »Ich weiß nicht«, grübelte Dane. »Der Mann kam dreimal.« Er schwieg. »Beim dritten Mal hat er meinen Bruder getötet.«
    Vater Binneys Augen füllten sich mit Tränen. »Ach, aber wieso sollte dieser Mann Vater Michael Joseph quälen wollen? Wieso?« Vater Binney stand auf und begann, erregt auf und ab zu laufen. »Ich werde Vater Michael Joseph nie Wiedersehen. Alle sind schrecklich traurig und, ja, zornig. Bischof Koshlap ist zutiefst bekümmert. Erzbischof Lugano ist außer sich. Ich glaube, er hat sich heute früh mit Chief Kreider getroffen.«
    »Ja«, bestätigte Delion, »das stimmt.« Dann wandte er sich Dane zu. »Orin Ratcher, der Hausmeister, hat Vater Michael Joseph gefunden, kurz bevor die Polizei kam, richtig?«
    »Ja«, meinte Vater Binney. »Orin hat Schlafstörungen und putzt zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten. Er sagt, er hat gerade die Sakristei gewischt, als er ein Geräusch hörte, hat aber nicht weiter darauf geachtet. Kurz danach kam er dann ins Hauptschiff, und dort hat er Vater Michael Joseph im Beichtstuhl gefunden.«
    »Und er hat niemanden gesehen?«
    »Nein«, sagte Vater Binney. »Er sagt, da war niemand, nur eine finstere Stille und Vater Michael Joseph, der mit zurückgelegtem Kopf im Beichtstuhl saß. Gleich darauf kam ein Streifenpolizist herein und meinte, hier sei ein Mord gemeldet worden. Orin hat ihm Vater Michael Josephs Leiche gezeigt. Orin ist völlig fertig, der arme Mann. Wir behalten ihn die nächsten Tage hier bei uns, denn er soll nicht allein sein.«
    Delion sagte: »Ich hab schon mit ihm gesprochen, Dane. Er hat die Frau, die den Mord meldete, auch nicht gesehen. Er hat niemanden gesehen.
    Vater Binney, haben Sie schon diese Aufstellung von Vater Michael Josephs Freunden und Bekannten gemacht?«
    »Es sind so viele.« Vater Binney griff seufzend in seine Tasche. »Mindestens fünfzig, Inspektor Delion.«
    Delion steckte die Liste ein. »Man kann nie wissen, Vater«, meinte er.
    »Vater Binney, könnten Sie uns sagen, wann die beiden anderen Male waren, an denen mein Bruder diesen Charles DeBruler traf?«
    Vater Binney, froh darüber, etwas tun zu können, war fünf Minuten verschwunden. Als er wieder ins Empfangszimmer zurückkehrte, sagte er: »Vater Michael Joseph hat letzten Dienstag bis zweiundzwanzig Uhr die Beichte abgenommen und dann noch letzten Donnerstag bis einundzwanzig Uhr.«
    Dane wollte sich gern noch das Zimmer seines Bruders ansehen, obwohl Delion es bereits durchsucht hatte. Nach fast einer Stunde hatten sie nichts gefunden, was irgendwelche Hinweise ergeben hätte. Sie fanden einen ganzen Stapel mit Danes E-Mails an seinen Bruder, beginnend mit dem Januar letzten Jahres, die er ausgedruckt und aufbewahrt hatte. Damals war er endlich auch online gegangen und prompt E-Mail-verrückt geworden. »Habt ihr Burschen euch den Computer meines Bruders vorgenommen?«
    »Jep. Haben aber nichts gefunden, keine versteckten Dateien, nichts dergleichen, falls Sie das meinen. Auch keine verschlüsselten Files und nichts Gelöschtes, das irgendwie aufregend wäre.«
    Sie sprachen danach noch mit zwei weiteren Priestern, dem Pfarrkoch, dem Stubenmädchen und drei Pfarreiangestellten. Niemand wusste etwas von Bedeutung. Niemand hatte je mit Charles DeBruler gesprochen oder ihn auch nur gesehen.
    »Er kannte seinen Mörder«, sagte Delion, als sie wieder im Auto saßen. »Daran besteht kein Zweifel. Er kannte das Monster, hatte aber keine Angst vor ihm.«
    »Nein«, bestätigte Dane, »Angst hatte er nicht. Michael hat ihn verabscheut, aber gefürchtet hat er ihn nicht. Charles DeBruler war davor noch zweimal bei meinem Bruder, letzten Dienstag und letzten Donnerstag, immer jeweils spätabends.« Dane holte tief Luft. »Wenn Michael derart wütend war, ja, sich fast weigerte, diesen Mann noch einmal zu sehen, dann muss er diese letzten beiden Male irgendwas ganz Schlimmes gebeichtet haben. Delion, gab es an diesen Tagen irgendwelche Morde, oder vielleicht auch ein paar Tage vorher?«
    Delion schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad und hätte beinahe einen Fußgänger umgefahren, der offenbar stoned war und wie ein Schlafwandler über die Market Street torkelte. Er zeigte ihnen ungerührt den Stinkefinger.
    »Ja«, sagte Delion und wendete den Wagen derart scharf, dass der Drogensüchtige aus dem Weg springen musste. »Verflucht. Das klingt einleuchtend, nicht? Wieso bin ich nicht selbst darauf
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