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Defekt

Defekt

Titel: Defekt
Autoren: Patricia Cornwell
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Zitrusbrand auf der Plantage ausgebrochen,
worauf sämtliche Grapefruitbäume gefällt und verbrannt wurden. Seitdem haben
Gestrüpp und Unkraut das Stück Land in Besitz genommen, und das Haus verfällt.
Irgendwann wird hier sicherlich eine Neubausiedlung entstehen. Adger Quincy
lebt noch. Er ist ein zierlicher Mann von unauffälligem Äußerem und sehr religiös
- in Marinos Worten ein Betbruder.
    Adger streitet ab, dass etwas Außergewöhnliches
geschehen ist, als Helen im Alter von zwölf Jahren nach der Einweisung von
Florrie nach McLean zu ihm und seiner Frau zog. Er sagt ganz ruhig, er habe
sich aufopferungsvoll um das irregeleitete und verwahrloste junge Mädchen
gekümmert, das dringend
auf den rechten Weg zurückgeführt werden musste.
    Woher wusste sie von der alten
Plantage und dem verfallenen Haus?, erkundigte
sich Marino.
    Doch Adger sprach nicht gern darüber. Er meinte nur,
er sei mit der zwölfjährigen Helen hin und wieder dorthin gefahren, um nach dem Rechten zu sehen.
    Was gab es denn dort zu sehen?
    Ich wollte sichergehen, dass sich
kein Gesindel dort herumtreibt.
    Dort war doch nichts mehr, was
man hätte zerstören können. Nur vier Hektar verbrannter Bäume, Unkraut und eine
Ruine.
    Man muss trotzdem für Ordnung
sorgen. Außerdem habe ich mit Helen gebetet und ihr von Gott dem Herrn erzählt.
    „Dass er sich so ausgedrückt hat“, stellt Benton
fest, während er weiterfährt und Lucys Helikopter im Landeanflug auf Adgers
verlassene Plantage wie eine Feder zu Boden schwebt, „weist darauf hin, dass er
sich seines Verbrechens bewusst ist.“
    „Dieser Dreckskerl“, sagt Scarpetta.
    „Vermutlich werden wir nie herausfinden, was er und
vielleicht auch andere ihr angetan haben“, sagt Benton. Bedrückt sitzt er
hinter dem Steuer und reckt entschlossen den Kiefer vor.
    Er ist wütend, und außerdem hat er einen Verdacht,
der ihm schwer zu schaffen macht.
    „Aber eines steht jedenfalls fest“, spricht er weiter.
„Ihre verschiedenen Persönlichkeiten sind eine adaptive Reaktion auf ein
unerträgliches Trauma, weil es niemanden gab, den sie um Hilfe bitten konnte.
Dasselbe Phänomen findet sich manchmal auch bei Menschen, die das
Konzentrationslager überlebt haben.“
    „Dieser Dreckskerl.“
    „Ein schwer kranker Mann. Und das Ergebnis ist eine
schwer kranke junge Frau.“
    „Er darf nicht ungeschoren
davonkommen.“
    „Ich fürchte, das ist er
schon.“
    „Hoffentlich kommt er in
die Hölle“, sagt Scarpetta. „Da ist er wahrscheinlich bereits.“
    „Warum nimmst du ihn in Schutz?“ Sie sieht Benton an
und reibt sich unwillkürlich den Hals.
    Sie hat dort einen Bluterguss, der noch schmerzt,
und jedes Mal, wenn sie die Stelle berührt, wird sie daran erinnert, dass Basil
sie mit einer selbst geknüpften weißen Schnur gewürgt hat. Dabei hat er für
kurze Zeit die Gefäße unterbrochen, die das Gehirn mit Blut und Sauerstoff
versorgen, wodurch sie das Bewusstsein verloren hat. Es geht ihr gut.
Allerdings wäre es nicht so glimpflich abgelaufen, wenn es den Wachen nicht gelungen
wäre, Basil so schnell von ihr wegzuzerren.
    Er und Helen sitzen in Butler hinter Schloss und
Riegel. Inzwischen ist Basil nicht mehr Bentons BESTIE-Traumproband. Er wird
nicht länger nach McLean kommen.
    „Ich nehme ihn nicht in Schutz, sondern suche nur
nach einer Erklärung“, erwidert Benton.
    Auf der South 27, kurz vor der Ausfahrt zu einer
Raststätte, geht er vom Gas, biegt nach rechts in einen staubigen Feldweg ein
und stoppt den Wagen. Quer über den Feldweg ist eine rostige Eisenkette
gespannt, und am Boden sind viele Reifenspuren zu erkennen. Benton steigt aus
und entfernt die dicke Kette, die klappernd zu Boden fällt. Nachdem er ein
Stück weitergefahren ist, verlässt er erneut den Wagen, um die Kette wieder in
der ursprünglichen Position einzuhaken. Bis jetzt ahnen weder die Presse noch
Schaulustige etwas von den Vorgängen hier draußen. Diese ungebetenen Gäste
werden sich zwar nicht von einer rostigen Kette aufhalten lassen, doch ein
Versuch kann ja nicht schaden.
    „Einige behaupten, dass man nur einen oder zwei
Fälle von dissoziativer Persönlichkeitstörung gesehen haben muss, um sie alle
zu kennen“, fährt er fort. „Aber ich bin da anderer Ansicht. Allerdings stimmen
die Symptome bei den verschiedenen Patienten auf bemerkenswerte Weise überein,
wenn man bedenkt, wie unglaublich komplex und bizarr diese Erkrankung ist. Eine
dramatische Verwandlung vollzieht sich, wenn eine
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