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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Renegald Gruwe
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noch heute.«
    »Das Thema ist der Tod. Der Tod macht uns allen Angst.«
    »Es ist nicht der Tod, es ist die Grausamkeit, die hinter dem Tod steht, die mir Angst macht.«
    Eduard blickte Gustave fest in die Augen. »Damals hatte ich mich gefragt wie kalt jemand sein muss, solch eine Situation zu zeichnen. Und seitdem hatte ich immer wieder bemerkt, dass du im Umgang mit Menschen eine gewisse Kälte zeigst. Du weißt, was ich meine.«
    Gustave nickte fast unmerklich. Eduard fuhr fort: »Ich meine nicht kalt, wenn es um Malerei geht, um die Kunst. Da bist du sehr sensibel und mitfühlend. Ich meine kalt im Umgang mit anderen Menschen und mit dir selbst. Hat dich denn der Tod um dich herum nicht berührt? Zwei Morde und ein Kollege erhängt sich und du machst weiter, als wäre nichts geschehen?«
    »Um das Leben darzustellen, muss man das Leben studieren. Und wie ein Seelendoktor seinen Patienten mit Distanz betrachtet, um seine Arbeit machen zu können, sehe ich zu und nehme das Gefühl auf, ohne mich vereinnahmen zu lassen. Wenn ein Arzt mit jedem seiner Patienten zu viel Mitgefühl haben würde, könnte er nicht mehr praktizieren. Genau so wie er würde ich nicht mehr hinter die Geschichten sehen können, die ich beabsichtige abzubilden. Der Doktor könnte dem Patienten keinen Weg aus seiner Krise zeigen und bei mir wären es letztlich nur Farben, die auf eine Leinwand neben- und übereinander gestrichen wären. – Dass es manchmal Zusammenhänge gibt, die besser nicht ans Licht kommen sollten, ist eine andere Sache.«
    Gustave machte eine Pause und nahm seinem Freund das Gemälde aus den Händen. »Du bist Rechtsanwalt, du siehst auch Grenzen und überschreitest sie, wenn es deinem Klienten nützt. Das hier allerdings«, Gustave hielt das Bild hoch, »ist einfach eine schlechte Arbeit. Ich hätte es malen sollen, als ich siebzehn war und nicht heute. Damals wäre es authentisch gewesen. Damals hat mich der Anblick des toten Soldaten bis ins Mark erschüttert.«
    Für Eduard völlig überraschend zerschlug der Freund das Gemälde und den Rahmen mit einem kräftigen Hieb auf der Kante des Tisches. Dann zerriss er die Leinwand bis nur noch ein wirres Gehänge aus Holz und Leinwand übrig blieb. Ohne weiter auf das zerstörte Bild einzugehen, legte Garoche das Gemälde des Anglers in die Hände Eduards. »Ich möchte es dir schenken.« Der Maler legte die Hand auf die Schulter des Freundes, »Und die übrigen, die mir geblieben sind, auch. Bis auf dieses hier. Es ist von Katuschke, du weißt.«
    Die meisten Kunstwerke aus dem Haus in Pötzow waren von der Polizei beschlagnahmt worden und würden wahrscheinlich demnächst über dunkle Kanäle den Weg in den deutschen und internationalen Kunsthandel finden. Darunter war auch das Bild von Fritz Tucher. Vielleicht fände es doch noch einen Weg aus Deutschland heraus. Wenigstens eine Erinnerung an den Maler. Vom weiteren Schicksal Tuchers hatte Garoche nichts erfahren.
    »Das kann ich nicht annehmen, Gustave, es sind deine Bilder, und ich werde sie dir in jedem Fall nachsenden. Wenn du allerdings darauf bestehst, nehme ich gerne das eine Bild als Geschenk von dir an.« Damit hielt er das Werk mit dem fischenden Jungen abermals gegen das Licht und lobte dessen frische und kräftige Farben. »Ich weiß doch, dass du als Junge gefischt hast, und ich wäre sehr glücklich, wenn du zumindest das Bild annimmst.«
    »Du musst es aber noch signieren«, wies der Freund den Maler auf die fehlende Unterschrift auf dem Gemälde hin.
    »Soll ich mit Beckmann unterschreiben oder mir Schmidt-Rottluff?«, scherzte Gustave, und Eduard konnte über den wiedergewonnen Humor seines Freundes nur den Kopf schütteln.
    »Schreib Garoche darunter, das reicht mir«, sagte er leise und wandte sich ab. »Ich werde dir deine Sachen nachschicken und all deine Bilder auch«, versprach der Freund dem Maler bereits mindestens das zehnte Mal. Die Nervosität Eduards vor dem nahenden Abschied nahm nahezu körperliche Formen an. Er bekam Bauchschmerzen. Gustave machte ihm eine Wärmflasche und nötigte ihn, sich zumindest für eine halbe Stunde auf die Couch zu legen. Von dort aus konnte Eduard zusehen, wie der Künstler seine verbliebenen Habseligkeiten aus Pötzower Tagen durchsah. Es hatte ein hartes Stück Arbeit für Eduard bedeutet, sich gegen die Behörden durchzusetzen, und den neuen Mietern klarzumachen, dass diese Dinge niemand anderem als seinem Freund gehörten. Er hatte eine besondere Art der
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