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Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Titel: Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
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23.September, und der Anruf … O Gott, der Anruf war um Punkt 0.07 Uhr gekommen. Ihre Knie drohten nachzugeben, sie lehnte sich gegen das Verandageländer und starrte in die Dunkelheit, als könne sie denjenigen sehen, der ihr das antat, der all den Schmerz wieder wachrufen wollte. »Du Mistkerl«, stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Trotz der heißen Nacht fror sie bis ins Mark.
    Vor dreizehn Jahren, am 23.September, um genau sieben Minuten nach Mitternacht hatte Shannon ein dreitausendzweihundert Gramm schweres Baby zur Welt gebracht.
    Sie hatte das Kind danach niemals wiedergesehen.

2.Kapitel
    E r stand am Feuer, spürte die Hitze und lauschte dem Prasseln der Flammen, die das zundertrockene Kleinholz verzehrten. Sämtliche Vorhänge waren geschlossen. Langsam knöpfte er sein Hemd auf. Moos fing Feuer, zischte, sprühte Funken, während das blütenweiße Hemd von seinen Schultern glitt.
    Über dem Kaminsims war ein Spiegel angebracht. Darin sah er sich selbst beim Auskleiden zu, betrachtete seinen perfekt geformten Körper, dessen Muskeln sich geschmeidig unter seiner straffen Sportlerhaut abzeichneten.
    Er blickte in seine Augen. Blau. Eisig. Eine Frau hatte sie als ›Schlafzimmeraugen‹ bezeichnet, eine andere als ›kalte Augen‹, wieder eine andere ahnungslose Frau hatte gesagt, es seien ›Augen, die zu viel gesehen haben‹.
    Sie alle hatten recht, dachte er und lächelte. Ein ›mörderisches Lächeln‹, wie er einmal zu hören bekommen hatte.
    Bingo.
    All diese Frauen ahnten nicht, wie nahe sie der Wahrheit gekommen waren.
    Er sah gut aus und war sich dessen bewusst. Nicht so gut, dass man sich auf der Straße nach ihm umdrehte, aber doch interessant genug, dass Frauen, die ihn einmal angesehen hatten, nicht leicht wieder wegschauen konnten.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er die freie Auswahl gehabt und konnte fast jede Frau bekommen, die er wollte.
    Er öffnete die Schnalle seines Ledergürtels und ließ ihn auf den Holzfußboden fallen. Die Hose glitt leicht über sein Gesäß und an den Beinen hinab und blieb um seine Fußknöchel liegen. Auf Boxershorts oder eine Unterhose hatte er verzichtet. Wozu auch? Es kam doch nur auf die äußere Erscheinung an.
    Immer.
    Sein Lächeln erstarb. Er trat näher an die Kamineinfassung heran und spürte wieder die Hitze, die die alten Steine abstrahlten. Auf dem glatten Holz des Simses standen gerahmte Fotos in Reih und Glied. Bilder, die er aufgenommen hatte, ohne dass die betreffenden Personen es bemerkten. Menschen, die bezahlen mussten. Die Kleine, die alte Dame, die Brüder. Alle ohne ihr Wissen auf Zelluloid gebannt.
    Die Dummköpfe!
    Hinter den Bildern lag sein Jagdmesser. Es hatte einen beinernen Griff und eine schmale Stahlklinge, die problemlos durch alles Lebendige schnitt. Fell, Haut, Muskelfleisch, Knochen, Sehnen – mit der nötigen Kraft ließ sich alles leicht durchtrennen.
    Das Messer war seine zweitliebste Waffe.
    Seine liebste Waffe bestand aus Benzin und einem Streichholz … Aber manchmal reichte das nicht.
    Er testete die Schneide an seiner Handfläche, und tatsächlich, obwohl er die Haut kaum berührt hatte, zeigte sich eine dünne Blutspur, rote Tröpfchen, die parallel zu seiner Lebenslinie aus einem kaum sichtbaren Schnitt quollen.
    Er erkannte darin eine gewisse Ironie. Ohne die anderen winzigen Narben in seiner Handfläche zu beachten – Spuren der Faszination, die das Messer auf ihn ausübte –, sah er zu, wie die rote Spur breiter wurde und zerlief. Als sich genug Blut gesammelt hatte, um einen dicken Tropfen zu bilden, hielt er die Hand übers Feuer. Er spürte die Hitze, die fast seine Haut versengte, und beobachtete, wie der Blutstropfen sich löste, fiel und in den gierigen Flammen zischend verdampfte.
    »Heute Abend geht es los«, schwor er sich. Die erste Phase seines Plans hatte er bereits in die Tat umgesetzt: den Warnhinweis an sie. Binnen einer Stunde würde er die nächste Phase beginnen, indem er zügig nach Norden fuhr. Und bis zum folgenden Abend würde er den nächsten Schritt vollzogen haben. Er würde mit der alten Frau anfangen – wie nannte sie sich noch gleich? Ja, richtig: Blanche Johnson.
    Er schnaubte verächtlich über ihren lächerlichen Versuch, ihre Vergangenheit zu vertuschen. Er wusste, wer sie in Wirklichkeit war, auch wenn sie sich, mit ihren Häkeltüchern behängt, als verschrobene alte Klavierlehrerin tarnte. Sie würde bezahlen, genau wie Shannon Flannery und die
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