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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film
Autoren: Jonas Winner
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in solch luftige Höhen, dass es ihnen glatt den Atem verschlug. Genau diese Höhenflüge – das
     war es, womit sie ihr Leben verbringen wollten! Keine andere Vision konnte da mithalten.
    So war es nur ein logischer nächster Schritt, als David auf die Idee kam, selbst Filme machen zu wollen. Und diese Idee war
     so zwingend, dass Flo nie so recht wusste,was er dem entgegensetzen sollte. Erst als sich herausstellte, dass David nichts dagegen hatte, wenn auch Flo sich diesem
     sagenhaften Projekt verschrieb, fand seine halbherzige Suche nach einer Alternative ein Ende. Genau wie sein Freund David
     wollte er dies und nichts anderes machen: Filme! Was für ein großartiger Einfall!
    Mit dem Abitur in der Tasche stand ihr Ziel also fest. Filme konnte man nicht nur sehen, man konnte sie auch
drehen.
Und das war für sie mehr als nur ein Berufswunsch – es war eine regelrechte
Mission
! Eine Lebensaufgabe, der sie sich stellen wollten, koste es, was es wolle. Bald allerdings zeigte sich, dass es sehr viel
     schwieriger war, dieses Ziel zu erreichen als es ins Auge zu fassen. Denn die beiden Filmschulen, die es damals in Deutschland
     gab, in München und in Berlin, wollten sie erst zur Bewerbung zulassen, wenn sie mindestens einundzwanzig Jahre alt waren.
    So zogen sie erst einmal nach Berlin, um dort ein Studium zu beginnen, bis sie alt genug waren, um sich an den Akademien bewerben
     zu können. Sie mieteten gemeinsam eine Wohnung, arbeiteten nebenher, um ein wenig Geld zu verdienen, und trieben sich an der
     Uni herum. Bald bildete sich ein kleiner Kreis Gleichgesinnter um sie herum, mit denen sie bis tief in die Nacht über Filme,
     Filme und nochmals Filme diskutierten. Das alles vermochte jedoch nicht das bedrückende Gefühl zu vertreiben, dass sie letztlich
     ihre Zeit nur vergeudeten, solange sie sich nicht endlich ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Filmemachen, zuwandten.
    Kurz nach dem Mauerfall war es dann so weit, und sie begannen, an ihren Bewerbungen für die Akademien zufeilen. Lange genug hatten sie über Filme geredet – jetzt war der Zeitpunkt gekommen, zu beweisen, dass sie auch das Zeug
     dazu hatten, selbst welche zu schaffen. In gewisser Weise war es die Stunde der Wahrheit, und nur einer von ihnen hatte das
     Glück, sie zu meistern: David. Er wurde genommen, Florian nicht.
    Von da an hatten sich ihre Lebenswege, die so lange so eng miteinander verwoben gewesen waren, voneinander entfernt. Denn
     während David an der Berliner Akademie begierig alles über das Filmemachen lernte, musste Florian plötzlich erkennen, dass
     er sich nie gefragt hatte, was er mit seinem Leben eigentlich anfangen wollte, wenn das mit dem Filmen nicht klappte. So zögerte
     er nicht, einen Artikel für eine Lokalzeitung zu schreiben, als sich ihm die Gelegenheit dafür bot. Sein Text gefiel der Redaktion
     gut, und bald arbeitete er fleißig als freier Reporter für das Blatt.
    So vielversprechend seine Laufbahn als Journalist auch begonnen hatte, mittlerweile war er Ende dreißig und konnte nicht länger
     die Augen davor verschließen, dass er sich in einer Sackgasse befand. Dass er bereits in den neunziger Jahren nach Spanien
     gezogen war, um von dort aus für deutsche Zeitungen zu berichten, hatte daran nichts geändert. Nach wie vor musste er mindestens
     einmal im Jahr bangen, ob er mit seinen Artikeln auch genug Geld zusammenbekommen würde, um davon zu leben. Wie lange konnte
     das wohl noch gutgehen? Das hatte er sich schon oft gefragt, und das fragte Flo sich auch diesmal, als er mit geschlossenen
     Augen auf seinem Flugzeugsitz saß und über den Wolken Richtung Berlin raste.
    Er solle sich einen Namen machen, hatte Hölzemann vorhin zu ihm gesagt. Florian hatte zwar keine Lust, aus einem Artikel über
     David einen persönlichen Vorteil zu schlagen. Dafür war ihm ihre alte Freundschaft nach wie vor viel zu teuer. Aber er könnte
     doch einen Artikel schreiben, der dem Freund gar nicht schaden würde – überlegte er. War es nicht höchste Zeit, dass er eine
     Titelgeschichte bei Hölzemann unterbrachte? Das wiederum würde weitere, spannendere Aufträge nach sich ziehen, sodass er in
     einigen Monaten – wenn alles gutging – endlich auch wieder aus Spanien nach Deutschland zurückkehren könnte, bevor er dort
     gänzlich den Anschluss verpasste.
    So dachte er. Und hatte dabei völlig verdrängt, dass er ursprünglich aus einem ganz bestimmten Grund aus Deutschland fortgezogen
     war. Aus einem Grund,
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