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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan
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hatte seine Aufmerksamkeit auf Inos gerichtet. Er verbeugte sich. »Und ich weiß, wer dies hier ist. Euer ergebener Diener, Hoheit.«
    Er hatte große, träumerisch blickende blaue Augen, was sie sehr ansprechend fand. Impulsiv streckte sie ihm ihre Hand entgegen. Er nahm sie in seine langen Musikerhände und küßte sie.
    »Ich habe Euch gesehen, als Ihr klein ward, Hoheit.« Er hatte ein charmantes Lächeln. »Ich wußte schon damals, daß Ihr die Welt eines Tages mit Eurer Schönheit bezaubern würdet. Aber ich sehe, daß ich sie unterschätzt habe.«
    Er war ein sehr netter junger Mann.
    »Wenn Ihr ein Spielmann seid, warum habt Ihr dann keine Harfe?« Rap hielt seine Pike immer noch in Angriffsposition.
    »Wie lange ist das her?« fragte Inos. Er konnte gar nicht so viel älter sein als sie selbst. Sie konnte sich nicht an einen so jungen Spielmann erinnern. Vielleicht war er ein Lehrling gewesen, der seinen Meister begleitete.
    Er lächelte sie unbestimmt an und wandte sich an Rap. »Harfen sind schwer.« Er zog eine Flöte aus einer Tasche seines Umhangs und spielte einen Triller.
    »Singt Ihr auch?« Rap war immer noch argwöhnisch.
»Nicht gleichzeitig«, antwortete Jalon feierlich.
    Diesmal entschlüpfte ihr das Kichern, und Rap warf Inos aus dem Augenwinkel einen tödlichen Blick zu.
    Jalon schien sich wegen der Pike nicht zu ängstigen. »Aber ich spiele die Harfe, und es gab früher eine gute auf dem Kamin in der Halle, die kann ich mir ausborgen, da bin ich sicher.« Er machte nicht den Eindruck, als mache er sich überhaupt über irgend etwas Sorgen – und bestimmt gab es eine Harfe auf dem Kamin.
    »Wartet hier!« Rap legte seine Pike ziemlich unbeholfen über die Schulter und drehte sich um und stampfte in seinen Stiefeln anscheinend zum Wachzimmer hinüber.
    Das ging nun überhaupt nicht! Inos wollte nicht, daß Sergeant Thosolin und vielleicht noch andere herauskamen und sie ohne Begleitung herumwandern sahen, wie sie ihre eigenen Einkäufe nach Hause trug. »Rap? Solltest du etwa gehen und mich hilflos mit diesem gefährlichen Fremden alleinlassen?«
    Rap blieb stehen und drehte sich wieder um; er knirschte beinahe mit den Zähnen.
    »Und das Schloß!« rief sie. »Was geschieht, wenn ein Troll kommt oder ein Greif? Und du bist nicht hier, um uns zu bewachen!«
    »Dann kommst du mit mir!« Er war jetzt ziemlich wütend.
    »Nein!« antwortete Inos. »Ich denke, du solltest Master Jalon mit dir zum Wachzimmer nehmen, wenn du glaubst, daß er gefährlich ist. Seid willkommen im Hause meines Vaters, Spielmann.« Das klang sehr huldvoll und königlich.
    Der Fremde lächelte und verbeugte sich erneut vor ihr. Er schlenderte mit Rap zum Wachzimmer. Inos verweilte noch einen Augenblick, dann schlüpfte sie, unbeobachtet und sehr zufrieden, durch den Torbogen.
    Wie in der Stadt ging es auch innerhalb des Schlosses immer auf und ab, und sie atmete bald schwer, als sie die endlosen Stufen zu ihrer Kammer hinaufstieg. Auf halbem Wege traf sie den alten Kondoral, den Seneschall, der vorsichtig eine besonders dunkle Treppe hinunter stieg. Er war klein und gebückt und weißhaarig und hatte graue, verwelkte Haut, und seine Augen tränten so stark, daß sie ihn nicht gerne ansah… aber er war ein angenehmes altes Relikt, wenn er einem nicht die Ohren vollredete. Die Erinnerung an die jüngste Vergangenheit verließ ihn häufig. Er wiederholte endlos dieselben Geschichten, doch an die weit zurückliegende Vergangenheit konnte er sich gut erinnern.
    »Seid gegrüßt, Master Kondoral«, sagte sie und blieb stehen.
    Er sah sie einen Augenblick lang an und hielt sich dabei am Handlauf der Treppe fest. »Seid gegrüßt, Hoheit.« Er klang überrascht, als habe er eine viel jüngere Frau erwartet.
    »Kennt Ihr einen Spielmann namens Jalon?« Es ließ Inos immer noch keine Ruhe, daß sie sich nicht an den höflichen jungen Mann erinnern konnte. Spielleute kamen nur selten in das entlegene Krasnegar.
    »Jalon?« Kondoral runzelte die Stirn und sog an seiner Lippe. »Warum, ja, Herrin! Ein sehr guter Troubadour.« Der alte Mann strahlte. »Ist er wieder hergekommen?«
    »Ist er«, sagte sie mürrisch. »Ich erinnere mich nicht an ihn.«
    »O nein, natürlich nicht.« Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Aber nein. Es ist viele Jahre her! Doch das sind gute Neuigkeiten. Wir werden schöne Gesänge von Master Jalon hören, wenn seine Stimme nicht ihren Reiz verloren hat. Ich erinnere mich, wie er mit seinem Lied >Die
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