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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan
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Goldene Drachen auf grünen Feldern und Herbstlaub… Sobald sie sich bewegte, schimmerten die Drachen, als wollten sie davonfliegen. Tante Kade würde außer sich sein vor Begeisterung und entzückt, daß Inos endlich Interesse an Kleidern zeigte. Und ihr Vater hätte sicher keine Einwände, denn sie mußte damit rechnen, bald ihren Teil an offiziellen Aufgaben zu übernehmen, wenn ihr Alter kam. Sie würde Kade bitten, sie beim Schnitt des Gewandes zu beraten.
    »So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen«, sagte Inos fest. »Ich muß es unbedingt haben. Was soll es kosten?«

2
    Niemand hatte jemals angedeutet, Mistress Meolorne könne eine Zauberin sein, dennoch kam Inos dieser Gedanke, als sie die letzten Gassen zum Schloß hinter sich brachte. Dreieinhalb Goldimperial? Welcher Teufel hatte sie geritten, daß sie so viel für ein wenig Seide bezahlte?
    Tante Kade würde hysterisch werden.
Sie mußte verhindern, daß Tante Kade es herausfand.
    Am besten würde sie sofort zu ihrem Vater gehen und ihm erklären, daß sie ihm die Pflicht abgenommen hatte, über ein Geburtstagsgeschenk für sie nachzudenken. Sicher, es dauerte noch einige Zeit bis zu ihrem Geburtstag. Und dann hatte er ihr noch nie etwas geschenkt, das dreieinhalb Goldimperial wert gewesen war – noch nicht einmal annähernd – aber sie wurde erwachsen und brauchte jetzt ein wenig Luxus. Sicher würde er es verstehen, wenn er die Seide sah und sie ihm erklärte, warum sie diesen Stoff ausgewählt hatte und warum er so geeignet für sie war. Es würde ihm gefallen, daß sie anfing, mehr Interesse für weibliche Angelegenheiten zu zeigen… Oder nicht?
    Sie besaß ein wenig Schmuck, den sie vielleicht verkaufen könnte – wenn es ihr noch einmal gelingen würde, sich in die Stadt davonzustehlen. So könnte sie einen halben Imperial selbst aufbringen. Eine glatte »Drei« würde viel besser klingen, runder.
    Vater würde natürlich verstehen, daß die einzige Alternative der tragische Selbstmord seiner liebsten Tochter wäre, die sich von den höchsten Zinnen stürzen würde. Möglicherweise könnte sie auch ohne Seide leben – bislang war es ihr ja auch gelungen – aber sie würde sicherlich nicht die Scham ertragen, wenn sie sie zurückgeben müßte. Also würde er ihr zu ihrem guten Geschmack gratulieren und dafür sorgen, daß das Geld, wie versprochen, geschickt würde.
    Oder nicht?
    Sie erreichte das Ende der Straße und blieb stehen, um zu Atem zu kommen und die Wache zu beobachten. Es gab nur ein Tor, und das führte auf den kopfsteingepflasterten äußeren Hof. Jetzt war kein Wagen in Sicht, der ihr Schutz hätte bieten können, nur einige dahinschlendernde Fußgänger. Die Sommersonne stand hoch genug, um über die alten Steinmauern auf die Tauben hinunterzulächeln, die herumstolzierten und in den Pferdeäpfeln pickten. Überreste von Schnee schmolzen leise in den Ecken dahin. Ein Soldat stand so steif wie seine Pike neben dem Tor, zwei räudige Hunde schnüffelten ziellos an seinen Füßen herum. Innerhalb des großen überwölbten Torbogens am Eingang würde der alte Thosolin in seinem Wachzimmer lauern.
    Thosolin ging das gar nichts an, entschied sie fest. Ob er nun das Recht hatte, sie am Hinausgehen zu hindern oder nicht, er hatte sicher kein Recht, sie am Kommen zu hindern. Sie erkannte den versteinerten Soldaten nicht, aber er sah aus, als nehme er seine Aufgabe außergewöhnlich ernst und würde sich daher nicht einmischen. Sie straffte ihre Schultern, richtete die Seide unter ihrem Arm und setzte sich in Bewegung.
    Sie hatte jedes Recht, selbst in die Stadt zu gehen, und wenn sie beschloß, dies in schäbigen alten Reithosen und einem Lederwams zu tun, die beide aussahen, als seien sie von einem der Stallgehilfen Inissos ausgemustert worden, nun, so war das sicherlich auch nicht Thosolins Angelegenheit.
    Sie fragte sich, wer die Wache am Tor war, er mußte neu sein. Erst als sie beinahe am Torweg angekommen war –
    »Rap!«
    Er rollte aufgeschreckt mit den Augen und ließ beinahe seine Pike fallen. Dann stand er noch steifer still, starrte genau geradeaus und sah sie nicht an. Inosolan schnaubte vor Wut.
    Sein konischer Helm war zu klein und saß wie ein übergroßes Ei im Nest seiner ungebändigten Haare. Sein Kettenpanzer war rostig und viel zu groß. Sein offenes Gesicht wurde erst braun, dann pink und zeigte deutlich seine Sommersprossen.
    »Was in aller Welt machst du hier?« verlangte sie zu wissen. »Ich dachte, du
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