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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan
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hatte. Was er brauchte, war mehr Bewegung. Sie hatte Lightning von ihrer Mutter geerbt, und wenn ihre Mutter noch leben würde, dann würden sie… ach, es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken.
    Als Inos den Stall verließ, traf sie den alten Hononin, den Stallknecht, ein zerknittertes und wettergegerbtes Monument, dessen Gesicht so aussah, als sei es aus demselben Leder gemacht wie seine Kleidung. »Morgen, Miss. Sucht Ihr Rap?«
    Inos schnaubte verneinend und stolzierte an ihm vorbei, obwohl schnauben nicht königlich war. Und vermutlich war dieser Abgang genau das, was Schriftsteller von Liebesromanen »erregtes Davonstürmen« nannten, und auch das wäre nicht königlich. Sie würde nicht reiten gehen können, und Tante Kade würde wissen, daß sie immer noch im Palast war. Würde sie ihre Nichte zur Strecke bringen und ihr die Tee-undKuchen-Folter auferlegen? Mit einiger Erleichterung beschloß Inos, daß Tante Kade sie vermutlich genauso wenig dabeihaben wollte, wie sie daran teilnehmen wollte. Leider könnte Kade jedoch beschließen, daß die Pflicht es erforderte, Inos’ Ausbildung in feiner Lebensart zu vervollkommnen.
    Genau in diesem Moment ihres Elends fand sich Inos im Schloßhof wieder, und ein Wagen hielt gerade auf das Tor zu.
    Sie hatte Kade versprochen, nicht allein reiten zu gehen. Niemand hatte gesagt, sie dürfe nicht ohne Begleitung an den Hafen gehen… oder zumindest in die Stadt… jedenfalls nicht in letzter Zeit.
    Das Problem war die Wache. Der symbolische Wachtposten würde wahrscheinlich nichts sagen, aber der neugierige alte Sergeant Thosolin saß gerne in seinem Wachzimmer und beobachtete den ganzen Tag, wer kam und ging. Er könnte auf den Gedanken kommen, er habe die Befugnis, Prinzessin Inosolan auszufragen. Und selbst wenn nicht, würde er es wahrscheinlich tun.
    Sie eilte über die Kopfsteine hinüber zum Wagen und hielt sich lässig an seiner Seite, als er laut polternd durch den überwölbten Torweg rumpelte. Zwischen dem hohen Hinterrad und den schmierigen schwarzen Steinen war kaum Platz für die schlanke Prinzessin. Der Lärm hallte erstaunlich laut in dem schmalen Durchgang wider. Inos war vom Wachzimmer aus nicht zu sehen; ohne ihn eines Blickes zu würdigen, marschierte sie am Wachtposten vorbei; einen Moment später war sie im äußeren Hof und fühlte sich wie ein entflohenes Frettchen.

    Wenn ein König sicher ohne Begleitung durch die Stadt wandern konnte, dann konnte seine Tochter das auch, oder?
    Inos sprach diese Frage nicht laut aus, weswegen sie auch keine Antwort bekam.
    Ihr drohte keine Gefahr. Ihr Vater war ein beliebter Monarch und Krasnegar ein gesetzestreuer Ort. Sie hatte. von großen Städten gehört, wo das, was sie hier tat, töricht wäre, aber sie war sicher, daß sie in Krasnegar nicht zu Schaden kommen würde. Tante Kade würde vielleicht einwenden, es sei nicht damenhaft, ohne Begleitung herumzulaufen, aber Inos konnte keinen Grund erkennen, warum das unabhängige Königreich ihres Vaters sich an die Gewohnheiten des Impires halten sollte.
    Eine einzige Straße wand sich im Zickzack den Hügel hinab, aber Inos bevorzugte die schmalen Treppen und Gassen. Einige lagen offen, andere waren überdacht. Einige waren hell und sonnig, andere dunkel, wieder andere zum Teil von Fenstern und Oberlichtern erhellt. Alle waren steil und gewunden, und an diesem schönen Tag herrschte geschäftiges Treiben. Inos wurde oft erkannt. Ihr wurden Lächeln und Grüße zuteil, Stirnrunzeln und überraschte Blicke, die sie mit einem selbstsicheren und königlichen kleinen Nicken annahm, wie es ihr Vater immer tat. Sie wurde erwachsen – die Leute mußten jetzt damit rechnen, sie in Zukunft öfter zu sehen. Und dennoch, als sie durch die steile kleine Stadt eilte, sah Inos niemanden, an dem sie echtes Interesse gehabt hätte, nur stämmige Dienstleute und breithüftige Matronen, gebrechliche alte Weiber und Kleinkinder mit verschmierten Mündern. Nur Langweiler blieben den Sommer über in Krasnegar.
    Von Zeit zu Zeit erhaschte sie einen Blick auf die Schieferdächer unter sich und auf den Hafen dahinter. Zwei Schiffe waren bereits angekommen, die ersten der Saison; dorthin wollte sie gehen. Diese frühen Ankömmlinge machten Krasnegar immer nervös, denn in manchen Jahren brachten sie Krankheiten mit, die wie eine Sense durch die Stadt mähten
– erst vor knapp zwei Jahren hatte eine solche Epidemie die Königin dahingerafft. Doch am Hafen würde Inos Aufregung
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