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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan
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leicht über ihre Handgelenke den Arm hinauf.
    Tante Kade schürzte die Lippen. Man konnte von Tanten erwarten, daß sie es mißbilligten, wenn eine Prinzessin in schmutziger, alter Reitkleidung bei den Mahlzeiten erschien. »Es sieht so aus, als seist du aus diesen Sachen herausgewachsen, Liebes.«
    Kade selbst war natürlich gekleidet, als wolle sie an einer Hochzeit oder einem Staatsbankett teilnehmen. Jedes einzelne ihrer silbernen Haare lag genau an seinem Platz, und selbst zum Frühstück trug sie glitzernden Schmuck um ihren Hals und an den Fingern. Zu Ehren der Ankunft des Sommers hatte sie ihr hellblaues Leinenkleid mit den winzigen Plisseefalten angelegt.
    Inos verkniff sich die unfreundliche Bemerkung, Kade sehe aus, als sei sie aus dem Hellblauen herausgewachsen. Kade war klein, Kade war drall und wurde immer draller. Die Garderobe, die sie zwei Jahre zuvor mitgebracht hatte, war jetzt kaum noch angemessen, und die einheimischen Näherinnen waren allesamt mindestens zwei Generationen hinter der gängigen Mode für vornehme Damen zurück. 
    »Oh, es geht schon«, antwortete Inos munter. »Ich will nur am Strand entlangreiten und keine Parade anführen.«
    Tante Kade tupfte ihre Lippen mit einer schneeweißen Serviette ab. »Wie schön, Liebes. Wer wird dich begleiten?«
    »Kel, hoffe ich. Oder Ido… oder Fan…« Rap war natürlich schon lange auf dem Festland. Ebenso wie viele, viele andere.
    »Kel wird mir helfen.« Kade runzelte die Stirn. »Ido? Doch nicht das Zimmermädchen?«
    Inos verließ der Mut. Es würde nichts nützen, wenn sie erwähnte, daß Ido eine exzellente Reiterin war und daß sie beide schon sechs-oder siebenmal sogar bei schlimmerem Wetter zusammen ausgeritten waren. »Irgend jemand wird schon mitkommen.« Sie lächelte dem alten Nok, der ihr einen Teller Porridge brachte, ein Dankeschön zu.
    »Ja, aber wer?« Kades tiefblaue Augen nahmen diesen gequälten Ausdruck an, den sie immer zeigten, wenn sie sich mit ihrer eigenwilligen Nichte stritt. »Gerade jetzt sind alle sehr beschäftigt. Ich muß wissen, wer dich begleiten wird, Liebes.«
    »Ich bin eine sehr gute Reiterin, Tante.«
    »Da bin ich sicher, aber du darfst natürlich nicht ohne angemessene Begleitung ausreiten. Das wäre nicht damenhaft. Und unsicher. Also finde heraus, wer zur Verfügung steht, und laß es mich wissen, bevor du losreitest!«
    Inos riß sich zusammen und murmelte unverbindlich in ihren Porridge. Kade lächelte erleichtert… und anscheinend voller Unschuld. »Versprichst du es, Inos?«
    In der Falle! »Natürlich, Tante.«
    Es war erniedrigend, wie ein Baby behandelt zu werden! Inos war älter als Sila, Tochter der Köchin, die bereits verheiratet war und bald Mutter wurde.
    »Ich werde heute morgen einen kleinen Empfang geben. Nichts Formelles, nur einige Frauen aus der Stadt… Tee und Kuchen. Du bist willkommen.«
    An einem Tag wie diesem? Tee und Kuchen und die fetten Frauen der Bürger? Eher würde Inos die Ställe ausmisten.

    Katastrophe! Niemand war da. Selbst der jüngste und am wenigsten angemessene Stalljunge schien Aufgaben erledigen zu müssen, die so weltbewegend waren, daß sie keinen Aufschub duldeten. Von den wenigen, die sie noch in den Ställen fand, waren alle wie besessen bei der Arbeit. Die Jungen waren in den Hügeln oder bei den Booten, die Mädchen auf den Feldern oder an den Fischreusen beschäftigt. Keiner war da.
    Niemand ihres Ranges! Das war das wirkliche Problem. Sämtliche Freunde von Inos waren Kinder der Bediensteten ihres Vaters, denn in Krasnegar gab es weder Hochadel noch niederen Adel unter dem König, es sei denn, man zählte die Kaufleute und Bürger dazu. Ihr Vater zählte sie mit; Tante Kade tat dies nur ungern. Doch ob Bedienstete oder niederer Adel, die Jungen verschwanden in der Geschäftswelt, die Mädchen in der Ehe. Es gab niemanden, der soviel Freizeit gehabt hätte, eine Prinzessin zu begleiten, und die Aussicht auf einen feurigen Galopp über den Strand löste sich auf wie ein Trugbild.
    Die Ställe lagen von Mensch und Tier gleichermaßen verlassen da. Als sie hineinging, traf Inos auf Ido, die mit einem Bündel Wäsche auf dem Kopf vorbeikam.
    »Suchst du Rap?« fragte Ido.
    Nein, Inos suchte nicht Rap. Rap war schon lange mit den anderen aufs Festland gegangen und würde erst im Winter zurückkommen. Und warum nahmen alle an, daß es Rap war, den sie suchte?
    Sie verbrachte einige Zeit damit, Lightning zu striegeln, obwohl er das gar nicht nötig
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