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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie
Autoren: Unbekannt
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der erste war der stärkste, so mächtig, dass er den Mond zu erhellen schien, wenn er über dessen kalte ferne Krater glitt.
    »Der Oberst wird nicht schlecht staunen, wenn er uns sieht«, sagte Kolja. »Der hält uns inzwischen doch bestimmt für tot. Er wird sich so über die Eier freuen, dass ich ihn bitten werde, uns zur Hochzeit seiner Tochter einzuladen. Warum denn nicht? Seine Frau wird uns lieben. Und vielleicht kann ich mit der Braut tanzen, ihr ein paar Schritte zeigen, ihr zu verstehen geben, dass ich bei verheirateten Frauen nicht abgeneigt bin.«
    »Ich weiß nicht einmal, wo ich heute Abend schlafen werde.«
    »Vergiss es. Wir gehen zu Sonja. Der Oberst gibt uns bestimmt etwas zu futtern für unsere Mühe, das teilen wir mit ihr, machen vielleicht ein Feuerchen. Und morgen muss ich rauskriegen, wo mein Bataillon liegt. Die Jungs werden nicht schlecht staunen, wenn sie mich sehen.«
    »Ich kann nicht bei ihr wohnen, sie kennt mich doch gar nicht.«
    »Natürlich kannst du das. Wir sind doch jetzt Freunde, Lew, stimmt's? Sonja ist meine Freundin, und du bist mein Freund; keine Sorge, sie hat genügend Platz. Obwohl die Nächte bei ihr jetzt vielleicht nicht mehr so aufregend sind, nachdem du Vika kennengelernt hast, was?«
    »Vika macht mir Angst.«
    »Mir macht sie auch Angst. Aber du hast sie ziemlich gern, gib's zu.«
    Ich lächelte, als ich an Vikas Augen dachte, an ihre dicke Unterlippe, die exakte Biegung ihres Schlüsselbeins.
    »Sie denkt wahrscheinlich, dass ich zu jung für sie bin.«
    »Mag sein. Aber du hast ihr das Leben gerettet. Die Kugel war für ihren Kopf bestimmt.«
    »Dir habe ich auch das Leben gerettet.«
    »Nein, ich hatte den Kerl völlig im Griff.«
    »Von wegen, er hatte doch die Maschinenpistole ...«
    »Der Tag, an dem mich so ein hinterwäldlerischer Stechschrittheini fertigmacht...«
    Die Debatte ging weiter, schweifte von der Analyse der Schachpartie und meinen angeblichen Fehlern zu den vermutlichen Gästen bei der Hochzeit der Tochter des Obersts und zum Schicksal der vier Mädchen, die wir in dem Bauernhaus kennengelernt hatten. Die Unterhaltung hielt mich wach, lenkte mich von meinen tauben Füßen und meinen stocksteifen Beinen ab. Der Himmel wurde unmerklich heller, Nuance um Nuance, und wir stießen auf eine Straße, wo der Schnee festgefahren war und das Gehen leichter fiel. Bevor die Sonne im Osten aufgegangen war, sahen wir schon den äußeren Ring der Befestigungsanlagen von Piter: die Schützengräben wie dunkle klaffende Wunden im Schnee; die Betonblöcke der Panzersperren; das Gewirr verrosteter Eisenbahnschienen, das aus der kalten Erde wuchs; kilometerweit Stacheldraht, der um Holzpfosten gewickelt war.
    »Eins sage ich dir«, erklärte mir Kolja. »Ich will ein Stück von der verdammten Hochzeitstorte. Nach allem, was wir durchgemacht haben, ist das das Mindeste.«
    Einen Moment später sagte er: »Was machen die denn da?«, und im nächsten Moment hörte ich einen Schuss. Kolja packte meinen Mantel und riss mich zu Boden. Kugeln schwirrten durch die Luft. »Die schießen auf uns«, sagte er als Antwort auf seine eigene Frage. »He! He! Wir sind Russen! Wir sind Russen, nicht schießen!« Wieder flogen Kugeln über unsere Köpfe. »Wir sind Russen, verdammt noch mal, hört ihr! Hört doch mal her! Versteht ihr mich? Wir haben einen Propusk von Oberst Gretschko! Von Oberst Gretschko! Habt ihr gehört?«
    Die Gewehre verstummten, aber wir blieben auf dem Bauch liegen, die Arme über dem Kopf. Wir hörten, wie hinter den Befestigungen ein Offizier seinen Männern etwas zubrüllte. Kolja hob den Kopf und spähte hinüber zu den einige Hundert Meter weiter nördlich gelegenen Schützengräben.
    »Haben die noch nie was von Warnschüssen gehört?«
    »Vielleicht waren das Warnschüsse.«
    »Nein, die haben auf unsere Köpfe gezielt. Die wissen bloß nicht, wie man schießt. Diese Heinis aus den Kirow-Werken. Ich wette, die haben erst seit einer Woche ein Gewehr in der Hand.« Er legte die Hände an den Mund und schrie: »He! Habt ihr nicht gehört? Hebt eure Kugeln lieber für den Fritz auf!«
    »Nehmt die Hände hoch und kommt langsam auf uns zu!«, brüllte eine Stimme zurück.
    »Und ihr erschießt uns nicht, wenn wir aufstehen?«
    »Nur wenn uns deine Nase nicht gefällt.«
    »Deiner Mutter gefällt sie jedenfalls«, murmelte Kolja. »Bereit, mein kleiner Löwe?«
    Als wir aufstanden, verz og Kolja das Gesicht und taumel te, wäre beinahe umgefallen. Ich
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