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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie
Autoren: Unbekannt
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schon die Geschichte vom Hofhund erzählt?«
    »Deinen Roman?«
    »Ja, aber woher der Titel stammt.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Nein, ich glaube nicht. Der Held, Radtschenko, lebt in einem alten Gebäude auf der Wassiljewski-Insel. Genau gesagt in einem Haus, das für einen von Alexanders Generälen gebaut wurde, aber inzwischen zerfällt es, acht Familien wohnen darin, und keine kann die andere leiden. Eines Abends, mitten im Winter, kommt ein alter Hund in den Hof, legt sich neben dem Tor hin und lässt sich dort dauerhaft nieder. Ein großer alter Hund, die Schnauze schon grau, das eine Ohr vor Jahren bei einem Kampf abgebissen. Am nächsten Morgen wacht Radtschenko spät auf, schaut aus dem Fenster und sieht den Hund dort mit dem Kopf zwischen den Pfoten liegen. Der arme Kerl tut ihm leid; es ist kalt, und das Tier hat nichts zu fressen.
    Also holt Radtschenko ein Stückchen trockene Wurst und macht das Fenster auf, gerade als die Kirchenglocken zwölf Uhr zu läuten beginnen.«
    »In welchem Jahr?«
    »Was? Keine Ahnung. 1883. Radtschenko pfeift, und der Hund sieht zu ihm hoch. Er wirft die Wurst hinunter, der Hund verschlingt sie, Radtschenko lächelt, macht das Fenster zu und geht wieder ins Bett. Und vergiss nicht, zu diesem Zeitpunkt hat er seine Wohnung seit fünf Jahren nicht mehr verlassen. Am nächsten Tag schläft Radtschenko noch, als die Kirchenglocken zwölf Uhr läuten. Als die Glocken verstummen, hört er draußen ein Bellen. Und dann noch eins. Schließlich kriecht er aus dem Bett, macht das Fenster auf, schaut hinunter in den Hof und sieht, dass der Hund mit heraushängender Zunge zu ihm hochblickt, darauf wartet, gefüttert zu werden. Also sucht Radtschenko etwas für den alten Kerl, und von da an wartet der Hund jeden Tag, wenn mittags die Kirchenglocken läuten, unter dem Fenster auf sein Fressen.«
    »Wie der Pawlow'sche Hund.«
    »Ja«, sagte Kolja leicht gereizt. »Wie der Pawlow'sche Hund, nur poetischer. Zwei Jahre vergehen. Der Hofhund kennt alle im Haus, er lässt sie ungehindert passieren, aber wenn ein Fremder ans Tor kommt, spielt der alte Kerl verrückt, knurrt und fletscht die Zähne. Die Hausbewohner lieben ihn, er ist ihr Wächter, sie schließen nicht einmal mehr die Türen ab. Manchmal vergeudet Radtschenko den ganzen Nachmittag damit, auf einem Stuhl am Fenster zu sitzen und den Hund zu beobachten, der die am Tor vorbeikommenden Leute beobachtet. Er vergisst niemals das mittägliche Ritual, sorgt immer dafür, dass genügend gutes Fleisch da ist, das er hinunter werfen kann. Eines Morgens liegt Radtschenko im Bett und träumt etwas Wunderschönes von einer Frau, die er bewundert hat, als er klein war, eine enge Freundin seiner Mutter. Die Kirchenglocken läuten, und Radtschenko wacht mit einem Lächeln auf, streckt sich, geht zum Fenster, schiebt es auf und schaut hinunter in den Hof. Der Hund liegt auf der Seite, ganz still, und Radtschenko weiß sofort, dass das Tier tot ist. Vergiss nicht, Radtschenko hat ihn nie angefasst, ihn nie hinter den Ohren gekrault oder ihm den Bauch gestreichelt oder etwas Ähnliches, trotzdem hat er den alten Kerl lieb gewonnen, ihn als einen treuen Freund betrachtet. Fast eine Stunde lang starrt Radtschenko auf den toten Hund, und schließlich wird ihm klar, dass niemand das Tier begraben wird. Warum auch, ist doch nur ein Streuner. Radtschenko hat seine Wohnung seit sieben Jahren nicht verlassen; der Gedanke, ins Freie zu gehen, bereitet ihm Übelkeit, aber viel schlimmer noch ist der Gedanke, den Hund dort in der Sonne verwesen zu lassen. Begreifst du, was für ein dramatischer Moment das ist? Radtschenko verlässt seine Wohnung, geht die Treppe hinunter, zur Haustür hinaus, tritt ins Sonnenlicht - zum ersten Mal seit sieben Jahren! -, hebt den Hund auf und trägt ihn vom Hof.«
    »Wo begräbt er ihn?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht in einem der Universitätsgärten.« »Das ist aber nicht erlaubt.«
    »Den Teil habe ich noch nicht ausgetüftelt. Kapierst du denn nicht, dass es hier um etwas ganz anderes geht?«
    »Und er braucht eine Schaufel.«
    »Ja, ja, er braucht eine Schaufel! Mann, du bist so romantisch wie eine Bahnhofshure, ist dir das klar? Vielleicht schildere ich die Begräbnisszene auch gar nicht, was hältst du davon? Überlasse das Ganze der Fantasie des Lesers.«
    »Eine gute Idee, würde ich sagen. Könnte ein bisschen sentimental sein. Tote Hunde, ich weiß nicht.«
    »Aber es gefällt dir, oder?«
    »Vermutlich
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