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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie
Autoren: Unbekannt
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waren nicht vorgewarnt...«
    »Kolja«, sagte ich, die Hand auf seiner Schulter. Er sah zu mir hoch, den Mund schon offen, um den Leutnant verbal in der Luft zu zerreißen. Doch diesmal begriff er ausnahmsweise, dass es jetzt besser war, die Klappe zu halten. Er lächelte und verdrehte leicht die Augen, doch dann sah er den besorgten Ausdruck, der über mein Gesicht huschte. Er folgte meinem Blick nach unten, wo das Blut in den Schnee sickerte, das Hosenbein schon durchnässt war. Der verfärbte Schnee sah aus wie das Kirscheis, das mein Vater mir früher auf dem Jahrmarkt gekauft hatte.
    »Keine Sorge«, sagte Kolja und starrte auf das Blut. »So arg viel ist das nicht, keine Sorge.«
    Der Fahrer packte ihn unter den Achseln, der Kanonier fasste ihn unter den Knien, und so trugen sie ihn auf den Rücksitz des GAZ, dessen Motor noch lief. Ich zwängte mich zwischen den Fahrersitz und den Rücksitz, während Kolja auf dem Bauch lag, zugedeckt mit seinem Mantel, damit er nicht fror. Als wir in Richtung der Schützengräben fuhren, schloss Kolja jedes Mal die Augen, wenn der Wagen über eine Unebenheit in der Straße rumpelte. Ich hatte ihm die blutgetränkte Mütze abgenommen und presste sie auf die Schusswunde, versuchte genügend Druck auszuüben, um die Blutung zu verringern, ohne ihm dabei wehzutun.
    Er lächelte mit geschlossenen Augen. »Vikas Hand auf meinem Hintern wäre mir lieber.«
    »Tut es sehr weh?«
    »Haben sie dir schon mal in den Hintern geschossen?«
    »Nein.«
    »Also die Antwort lautet: Ja, es tut weh. Ich bin nur froh, dass sie mich nicht von vorn und weiter unten erwischt haben. Genosse Leutnant«, sagte Kolja laut, »würden Sie Ihren Scharfschützen bitte dafür danken, dass sie mir nicht die Nüsse abgeschossen haben?«
    Der Leutnant, der auf dem Beifahrersitz saß, blickte stur geradeaus und gab keine Antwort. Sein kahler Schädel war mit kleinen weißen Narben übersät.
    »Die Frauen von Leningrad lassen ebenfalls danken.«
    »Wir bringen dich in das Krankenhaus in den Kirow-Werken«, sagte der Leutnant. »Das hat die besten Chirurgen.«
    »Ausgezeichnet, der NKWD wird Ihnen bestimmt einen Orden verleihen. Und wenn Sie mich abgesetzt haben, bringen Sie meinen kleinen Freund hier bitte auf die Kamenny-Insel. Er hat ein wichtiges Päckchen für den Oberst.«
    Der Leutnant schwieg verdrossen, verärgert, dass er sich von einem gemeinen Soldaten Befehle geben lassen musste, es aber nicht riskieren wollte, sich einen mächtigen Mann zum Feind zu machen. Wir hielten an einer mit Sandsäcken befestigten Barrikade und verloren fast zwei Minuten, während Soldaten eine hölzerne Rampe über den Schützengraben legten, damit wir ihn überqueren konnten. Der Fahrer schnauzte sie an, sie sollten sich beeilen, doch die Soldaten trödelten herum, träge und unbekümmert, debattierten über die richtige Methode, die
    Brücke anzubringen. Endlich erreichten wir die andere Seite. Der Fahrer gab Vollgas, und wir rasten an Maschinengewehrnestern vorbei, die mit Sand sacken geschützt waren.
    »Wie weit ist es ins Krankenhaus?«, fragte ich den Fahrer.
    »Zehn Minuten. Acht, wenn wir Glück haben.«
    »Versuch, Glück zu haben«, sagte Kolja. Er hatte die Augen fest zusammengepresst, das Gesicht in den Sitz gedrückt, sodass ihm das blonde Haar in die Stirn fiel. In der letzten Minute war er sehr blass geworden und hatte zu zittern begonnen. Ich legte die freie Hand auf seinen Nacken, und seine Haut fühlte sich kalt an.
    »Keine Sorge«, erklärte er mir. »Ich habe Kameraden schon schlimmer bluten sehen, und eine Woche später waren sie sauber zusammengeflickt wieder da.«
    »Ich mache mir keine Sorgen.«
    »Der menschliche Körper enthält jede Menge Blut. Ich glaube fünf Liter, stimmt's?« »Keine Ahnung.«
    »Es sieht zwar nach viel aus, aber ich hab bestimmt nicht mal einen Liter verloren. Höchstens einen.«
    »Du solltest lieber nicht so viel reden.«
    »Warum? Was spricht dagegen? Hör zu, geh auf die Hochzeit. Tanz mit der Tochter des Obersts, und dann kommst du ins Krankenhaus und erzählst mir alles. Jede Einzelheit. Was sie anhat, wie sie riecht, einfach alles. Ich hab mir nämlich immer einen runtergeholt, wenn ich in den letzten fünf Tagen an sie gedacht habe. Na ja, ein Mal hab ich dabei an Vika gedacht. Entschuldige bitte. Aber was sie da im Schafstall gemacht hat, als sie sich den Gürtel umgeschnallt hat. Du warst ja dabei. Kannst du mir das verübeln?«
    »Wann hast du denn dafür Zeit
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