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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie
Autoren: Unbekannt
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gehabt?«
    »Auf dem ganzen Scheißmarsch hierher. Beim Militär lernt man, im Gehen zu wichsen. Die Hand in die Hosentasche, und ab geht die Post.«
    »Du hast letzte Nacht an Vika gedacht und dir einen runtergeholt, während wir unterwegs waren?«
    »Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Du hast die halbe Nacht im Gehen geschlafen, mir war langweilig, ich musste irgendwas tun. Jetzt bist du sauer. Sei nicht sauer auf mich.«
    »Bin ich doch gar nicht.«
    Der Fahrer bremste scharf, und Kolja wäre vom Rücksitz gefallen, wenn ich ihn nicht festgehalten hätte. Ich richtete mich auf und spähte durch die Windschutzscheibe. Wir hatten den Rand der riesigen Kirow-Werke erreicht, einer Stadt für sich, in der Zehntausende Tag und Nacht schufteten. Granaten der deutschen Artillerie und Bomben der Luftwaffe hatten einige der Maschinenhallen aus Backsteinmauerwerk dem Erdboden gleichgemacht; die leeren Fensterhöhlen überall auf dem Industriekomplex waren mit Plastikplanen abgedeckt; eisgefüllte Krater überzogen das Werksgelände wie Pockennarben. Aber selbst jetzt, da Tausende von Arbeitern evakuiert und weitere Tausende tot waren oder darauf warteten, an der Front zu sterben, selbst jetzt rauchten die Schornsteine, waren die Gassen voller Frauen, die mit Kohle beladene Karren schoben, war die Luft erfüllt vom Lärm der Drehbänke und Walzstraßen und hydraulischen Pressen, die Stahl formten.
    Eine lange Reihe soeben fertiggestellter T-34-Panzer kam aus einer der Montagehallen gerollt, die so groß waren wie ein Flugzeughangar. Acht dieser Panzer, das Stahlkleid noch ohne Bemalung, rumpelten langsam über den schmutzigen Schnee, blockierten die Straße.
    »Warum halten wir?«, fragte Kolja. Er klang viel schwächer als noch vor einer Minute, und seine Stimme machte mir Angst.
    »Da fahren gerade Panzer vorbei.«
    »T-34?«
    »Ja.«
    »Gute Panzer.«
    Endlich waren die Panzer weg, und wir preschten los. Der Fahrer hatte das Gaspedal durchgedrückt, das Lenkrad fest in der Hand, und er kannte sich auf dem Werksgelände aus - nahm schmale Seitengässchen hinter Turbinenhallen als Abkürzung; raste auf ungepflasterten Wegen an den Arbeiterunterkünften vorbei, Schuppen mit Blechdächern und gedrungenen kleinen Ofenrohren -, aber selbst ein Experte brauchte eine gewisse Zeit, um die andere Seite der weitläufigen Fabrikstadt zu erreichen.
    »Da vorn«, sagte der Leutnant schließlich und deutete auf ein Backsteinlagerhaus, das zum Krankenhaus umfunktioniert worden war. Er drehte sich nach Kolja um. Da er Koljas Gesicht nicht sehen konnte, sah er mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern, wusste keine Antwort.
    »Idioten!«, schrie der Fahrer, schlug auf das Lenkrad und trat wieder auf die Bremse. Eine kleine Lokomotive ruckelte über die Gleise, die die Kirow-Werke in zwei Teile schnitten, dahinter Güterwagen, die mit Schrott für die Gießerei beladen waren.
    »Lew?«
    »Ja?«
    »Sind wir bald da?«
    »Wir haben es gleich geschafft.«
    Koljas Lippen waren blau geworden, er atmete schnell und flach.
    »Gib mir Wasser«, sagte er.
    »Hat jemand Wasser?« Meine Stimme brach, als ich das fragte. Ich klang wie ein verängstigtes Kind.
    Der Kanonier reichte eine Feldflasche nach vorn. Ich schraubte den Deckel ab, legte Koljas Kopf auf die Seite und versuchte, ihm Wasser in den Mund zu gießen, aber alles lief auf den Sitz. Es gelang ihm, den Kopf ein wenig anzuheben, und ich konnte ihm etwas Wasser einflößen, doch er würgte und spuckte es wieder aus. Als ich es erneut versuchen wollte, lehnte er mit einem leichten Kopfschütteln ab, und ich gab dem Kanonier die Feldflasche zurück.
    Als mir aufging, dass Kolja bestimmt am Kopf fror, riss ich mir die Mütze ab und setzte sie ihm auf, schämte mich, dass ich nicht früher daran gedacht hatte. Aber obwohl er zitterte, war sein Gesicht schweißnass, seine Haut kreidebleich und mit purpurroten kleinen Flecken übersät.
    Durch die Lücken zwischen den vorbeirollenden Güterwagen konnte ich, keine hundert Meter weiter, die Türen des Krankenhauses sehen. Unser Fahrer hatte sich auf dem Sitz vorgebeugt, die Arme um das Lenkrad gelegt, und nickte ungeduldig, während wir warteten. Der Leutnant sah sich immer wieder nach Kolja um, von Mal zu Mal besorgter.
    »Lew? Gefällt dir der Titel?«
    »Welcher Titel?«
    »Der Hofhund.«
    »Das ist ein guter Titel.«
    »Ich könnte auch einfach Radtschenko nehmen.« »Der Hofhund ist besser.« »Das finde ich auch.«
    Er schlug die
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