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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht
Autoren: Kai Meyer
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machte es i h r etwas aus, aber das s agte s i e nicht. Sie war neugierig. Nicht so sehr auf ihn als viel m ehr auf Julas Vergangen h eit. Masken hatte ih r e Schwester kurz nach ihrer Ankunft in Be r lin für den Film entdeckt. Das war ein Teil von Julas Legende, die in zahllosen Zeitungsartikeln wiedergekäut worden war. Hatte er sie auch als E rstes in sein H aus gebracht? Und dann? Hatte er ihr im Austausch gegen ein paar Gefälligkeiten versprochen, sie berüh m t zu m a c hen? Jula war ihre Schwester, und Chiara hielt es durchaus für m ö glich, dass sie sich darauf eingelassen hatte. Jula war m it dem festen Vorsatz nach Berlin gegangen, ein S t ar zu werden. Chiara glaubte n i cht, dass sie in ihren Mitteln b esonders wähleri s ch g ewesen war. Als i h r Vater s i e zum ersten Mal eine Meisterin der Intrige nannte, hatte Jula noch Zöpfe getragen. Chiara war oft, aber längst nicht immer die Leidtragende gewesen.
    Sie hatte Masken noch keine Antwort gegeben, als er sich schließlich räusperte.  Chiara ließ ihm keine Gelegenheit, etwas zu sagen.
    » W as wollen Sie von m i r ? «, fragte sie knapp.
    Er hob m i ssbilligend eine Augenbraue, aber das war ihr egal.
    » W as habe ich Ihnen getan, d ass Sie so m i sstra u i sch  sind ? «
    Ja, dachte s i e, was eigentl i ch? Äußerlich war er nicht unangenehm, wenngleich sie die Narbe auf seiner W ange ein wenig m artialisch fand. Ve r m utlich ein Erinnerungsstück an die Schlagende Verbindung seiner Studentenjahre. Sein dunkles Haar war zurückgekäm m t und an den Schläfen ergraut. Von anderen Fil m leuten in Berlin unterschied er sich durch eine prätentiöse Aura des Kultur e llen – das h a tte sie zu m i nd e st in ei n er Illust r i e rten gelesen, als sie v o r ein paar Monaten ein m al m ehr auf einen Artikel über Jula gestoß e n war. Sie ver m ochte nicht zu sagen, ob ihr erster Eindruck dieses Bild von ihm bestätigte.
    Sie wusste, dass Masken als Schriftsteller zu Ruhm gekommen war, bevor er in der Fil m welt Fuß gefasst hatte. E i nes seiner Bücher hatte sie schon vor Jahren gelesen, eine krude, nichts desto weniger faszinierende Mischung aus skandalöser Kolportage und großzügiger Erotik. Sein Ro m an Mandragora war während des Krieges als Feldpostausgabe in den Schützengräben verteilt worden, ehe das O b erkom m ando große Teile der Auflage aufgrund des »unrea l en, ablenkenden Inhalts« vernic h t en ließ. Maskens eitl e r Ausspruch »Hier brannten Menschen, dort m ein Buch« hatte da m als ein breites Echo in der Presse gefunden und seinen N a m en selbst bei jenen bekannt ge m acht, die m it Büche r n nicht viel zu tun hatten. Zweifelhaft, ob seine ersten fil m ischen Ver s uche auch danach noch solches Lob erfahren hätten, wie sie es eini g e Jahre vor Kriegsbeginn getan hatten. Der Adept des Paracelsus, der 1913 als einer der ersten Fil m e m it spektakulären Außenaufnah m en i m Ausland aufwarten konnte, war auch finanziell ein Erfolg gewesen und hatte seinen jungen Hauptdarstell e r Torben Grapow zum Star ge m acht. Aber erst Elmsfeuer, Julas Debüt, hatte ihn  finanziell so weit saniert, dass er heute noch von den Gewinnen lebte. Hatte er sich die Regie beim Adept des Paracelsus noch m it einem anderen geteilt, so war Elmsfeuer der erste Fil m , für den er allein die Verantwortung übernom m en hatte. Da m it brac h te e r J u l a s Karriere in Gang und seine zum Höhepunkt; alles, was er danach anpackte, einschließl i ch dr e i e r weit e rer F il m e m i t Jula, geriet ihm zu Achtungserfolgen, nichts, das seine Popularität hätte steigern können. Bis zu jenem Tag, der als das Me d usa-Fiasko in die F il m geschichte einging und durch den Maskens Na m e ein m al m ehr Berüh m theit erlan g te.
    »Reden Sie nicht m ehr m it m i r ? « Sie schrak auf. » W ie bitte ? «
    »Ich habe Sie gefragt, warum S i e m i r gegenüber so m i sstrauisch sind – ohne dass wir uns überhaupt kennen gelernt haben. Bislang haben S i e es vorgezogen, m i r keine Antwort darauf zu geben.«
    Er m ochte sich nic h ts dabei denken, aber das W ort  »kennen gelernt« aus seinem Mund gefiel ihr nicht. E s hatte den g l eic h en Beigesch m ack des Skandalösen wie alles, was er auf die eine oder andere W eise hervorbrachte: Bücher, Fil m e, sogar ein achtlos dahingesagtes W ort – Felix Masken war die Verkörperung des Anstößigen.
    » W ie haben Sie Jula kennen gelernt?«
    Ein feines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ich habe
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