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Das Zeitpendel

Das Zeitpendel

Titel: Das Zeitpendel
Autoren: A. E. van Vogt
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alles soll jetzt zu Ende gehen?«
    Eine andere Stimme winselt kläglich:
    »Es ist meine Aufgabe, der Gefahr zu trotzen, allen Kräften zu widerstehen und sie zu bezwingen. Ich habe Schlachten geschlagen und den Frieden kennengelernt. Ich habe in meinen Entscheidungen nie gezögert. Niemand wird je von meinen Taten berichten, aber ich habe Stärke, Kraft und Beharrlichkeit bewiesen. Sollen sie nun alle Macht gegen mich schleudern, wer immer sie sein mögen. Sie werden meine Sehnen aus Stahl und meine Muskeln aus Energie finden. Ich kenne keine Angst, ich kenne keine Flucht. Mein Körper ist das Land und die Existenz, und ich bewahre meine Haltung, auch wenn ich verlieren sollte. Wenn das wirklich das Ende ist, dann will ich ihm frei und gefaßt entgegensehen.«
    Eine andere Stimme murmelt matt ständig die gleichen Worte. Dann wird das Gemurmel lauter, als zwei andere Stimmen hinzukommen:
    »Für euch mag das zutreffen, wenn ihr sagt, wenn dies das Ende ist, dann ist es eben das Ende. Aber was ist mit mir? Ich bin nie frei gewesen. Ich hatte nie die Möglichkeit gehabt, den Mutterleib dieses Schiffes zu verlassen. Es hat nie die Notwendigkeit gegeben, ein Rettungsboot zu starten. Ich war immer gefangen und angekettet, ich hatte nie eine Chance. Was soll ich anderes empfinden als Sinnlosigkeit und Nutzlosigkeit. Ihr dürft nicht zulassen, daß er das Schiff übernimmt. Das könnt ihr mir nicht antun.«
    Eine andere Stimme klingt nüchtern und ruhig:
    »Ich werde die bösartige Bestie aufhalten! Ich habe von Anfang an gewußt, wie verkommen sie sind, als der erste seinen Fuß durch das Eingangsschott setzte. Sie sind höllisch, sie sind Zerstörer, sie können nur kämpfen und sich gegenseitig umbringen. Sie wissen nichts von der Unsterblichkeit, von Anstand, Stolz und Rechtschaffenheit. Wenn ihr glaubt, ich würde es zulassen, daß dieser letzte von ihnen uns tötet, dann habt ihr euch geirrt. Ich werde ihm die Augen aus dem Kopf pressen, seine Wirbelsäule brechen und seine Finger zerquetschen. Er wird es nicht schaffen. Nur keine Bange, ich mache das schon. Er wird furchtbare Qualen erleiden!«
    Eine andere Stimme zetert, weil sie nie mehr den weit entfernten Planeten sehen wird, wo sich auf wunderbare Weise goldene Krabben im azurblauen Wasser graziös bewegen.
    Eine andere Stimme gesteht traurig, daß es vielleicht das beste wäre, wenn sie im Tod ihren Frieden finden könnten. Aber diese Stimme wird erbarmungslos zum Schweigen gebracht, weil ihre Kugel in der Gemeinschaft der Steuerhirne plötzlich von der Energieversorgung abgetrennt wird.
    Bevor das Ende kommt, schlägt das Schiff gnadenlos mit aller Kraft zu.
     
    Sie glauben, mich in einem drei Stunden dauernden Kampf aus Beschleunigen und Abbremsen getötet zu haben. Ich habe aber in dieser Zeit gelernt, was die zahlreichen Schalter, Anzeigen, Sensorplatten und Hebel auf dem Steuerpult vor mir bedeuten.
    Ich bin nun bestens vorbereitet. Nach einer erneuten Bewußtlosigkeit nehme ich meine eine Chance von den achtundneunzig möglichen wahr.
    In einer einzigen, blitzschnell ablaufenden Folge drücke ich mit beiden Händen die notwendigen Knöpfe und Schalter, lege die richtigen Hebel um und berühre die entsprechenden Kontakte, öffne oder schließe die Relais. Ich tue alles das, was das Schiff ängstlich verhindern wollte. Ich arbeite wie wild …
    … und ich schaffe es!
    Plötzlich ist Ruhe. Das Stöhnen der Metallwände ist das einzige Geräusch. Dann erstirbt auch das. Es herrscht völlige Ruhe, und ich warte.
    Das Schiff fällt antriebslos durch das All. Ist das ein neuer Trick?
    Den Rest des Tages sitze ich angeschnallt in dem Pilotensessel und leide unter schrecklichen Qualen. Mein Gesicht schmerzt furchtbar, und meine Nase blutet.
    Zur Nacht falle ich endlich in einen erholsamen Schlaf. Als ich wieder aufwache, brummt mein Kopf, und die Augen brennen. Ich kann kaum meine Hände bewegen. Wenn ich noch einmal die vielen Kontakte betätigen müßte, würde ich es jetzt nicht mehr schaffen. Ich weiß immer noch nicht mit Sicherheit, ob das Schiff tot ist und ob ich wirklich gewonnen habe. Ich traue der Ruhe nicht. Vielleicht habe ich nur erreicht, daß das Schiff seine Taktik geändert hat.
    Ich habe Halluzinationen. Ich höre keine Stimmen, aber ich sehe unscharfe Umrisse und farbige Schatten um mich herum. Es gibt keinen Tag, keine Nacht und keinen Abend hier auf dem Schiff, das viele hundert Jahre lang durch die ewige Schwärze des Raumes geeilt ist.
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