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058 - Gänsehaut

058 - Gänsehaut

Titel: 058 - Gänsehaut
Autoren: Dämonenkiller
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Das Kreischen der Papageien und der anderen Urwaldvögel, das Keifen und Zetern der Kapuzineräffchen und die hundert übrigen Laute, die bislang nervtötend aus dem undurchdringlichen und verfilzt wirkenden, grünen Vorhang gedrungen waren, brachen abrupt ab. Verwundert blieb der Expeditionsleiter stehen. Er wandte sich zu seinen Begleitern um; den zehn Männern in vormals weißen, jetzt von Schweiß und Schmutz befleckten Tropenanzügen, dem Dutzend Eingeborenen-Trägern, in deren geweiteten Augen nichts als blanke Angst zu lesen stand.
    »Gütiger Himmel, was hat das jetzt wieder zu bedeuten?«
    Einer der weißen Männer sagte es, aber er erhielt keine Antwort. Die Frage schien über ihnen zu schweben, in der drückenden Schwüle des Dschungels.
    Plötzlich war ein Plätschern zu hören. Gleich darauf klirrte etwas; wahrscheinlich ein metallener Gegenstand. Dann hörten die Männer schleifende, tastende Schritte und sabbernde Laute. Ihre Nackenhaare sträubten sich – aber richtig erschreckten sie erst, als der Schrei ertönte; der Schrei eines menschlichen Wesens.
    »Mir nach, Leute!«
    Der Expeditionsleiter hieb mit seiner Machete auf Lianen und anderes feuchtes Blatt- und Zweigwerk ein. Die zehn weißen Männer drängten ihm nach. Die Eingeborenen folgten auch, aber ihre Mienen verrieten, dass sie lieber ihren Instinkten gehorcht und sich abgesetzt hätten.
    Die Gruppe arbeitete sich durch das widerspenstige Dickicht und lauschte gebannt nach weiteren Lauten. Wieder dieses Schmatzen und Sabbern, dann Wimmern.
    Der Expeditionsleiter bahnte verdrossen einen Weg durch das Unterholz. Und plötzlich riss die grüne Wand auf und gab den Blick frei auf etwas, das sie im wahrsten Sinn des Wortes erstarren ließ.
    Hochaufragende und gedrungene Bäume gruppierten sich um einen Teich. Und hier, mitten in der Amazonashölle, saß eine junge Frau in verkrampfter Haltung vor einem gewaltigen Eukalyptusbaum. Sie war schön und trug keinerlei Kleidung, abgesehen von dem Schmuckbehang, der sich um ihren Hals und ihre Hüften wand. Die schwarzen Haare kräuselten sich wie silberdurchwebte Seide bis auf ihre vollen Brüste herab. Die Hände hatte sie über dem Kopf gekreuzt, denn sie waren an einen Eisenring gekettet; die Halterung des Ringes war in den Stamm getrieben worden.
    Zu den Füßen der Frau lagerten Totenschädel und Gerippe, einige ausgebleicht, andere kaum noch erkennbar im Wasser des Sumpftümpels. Was aber in diesem Augenblick die Eingeborenen furchtbar aufschreien ließ und sie veranlasste, ihre Lasten abzuwerfen und in panischer Flucht davonzulaufen, das waren nicht die Knochen oder die schluchzende, wimmernde Frau – sondern das, was da mitten aus dem Sumpf herangewankt kam.
    »Ein Monster!«, sagte der Expeditionsleiter. »O Gott, ein Monster!«
    Es stapfte auf vier krummen Beinen heran, richtete den grässlichen grünen Schuppenleib auf und riss ein mit dolchspitzen Zähnen bestücktes Maul auf. Eine vorsintflutlich wirkende Riesenechse, vergleichbar mit einem Tyrannosaurus, nur größer und scheußlicher. Drohend blähte sich ihr Rückenkamm auf, ihre Augen glühten. Entsetzliche Laute kamen aus ihrem Rachen.
    Das Monster wollte sich auf die Frau stürzen.
    »Schießt!«, rief der Expeditionsleiter und legte seinen Karabiner an. »Zielt auf die Augen und das Maul! Wir müssen das Biest aufhalten!«
    »Stopp!«, sagte Jeff Parker.
    »Stopp!«, wiederholte der Regisseur Giampaolo Lazzerini, und das Wort erreichte über das Mikrofon, das er vor die Lippen hielt, die abgetrennte Projektionszelle hinter dem Vorführraum, wo ein Mann vom technischen Stab einen Sekundenbruchteil später auf einen Knopf am Gerät drückte. Auf der Leinwand war nun das starre Bild zu sehen, auf dem die schöne Schwarzhaarige sich unter dem Eisenring aufbäumte und das grüne Monster sein schreckliches Maul aufriss.
    »Seht euch das an!« Parker stemmte die Fäuste in die Seiten und machte eine verärgerte Miene. »Lauras Gesicht ist überhaupt nicht zu erkennen. Mir ist das gleich aufgefallen – von dem Moment an, wo die Kamera auf sie umschwenkt. Was hat das zu bedeuten, Signor Lazzerini?«
    »Moment!« Lazzerini, ein äußerlich wenig adrett wirkender Mann Mitte Vierzig mit dunklem Teint und getönter Brille, hob wieder das Mikrofon und gab an den Projektionsraum durch: »Rücklauf, bitte!«
    Laura Piccioni, die Hauptdarstellerin, saß auf ihrem Sessel, zwei Meter von der Leinwand entfernt. Sie hatte die Hände zu Fäusten
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