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Das Zaubergift

Das Zaubergift

Titel: Das Zaubergift
Autoren: Martin Scott
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Wahre Kirche glücklich machen. Dabei sitzt mir schon Konsul Kahlius wegen der gestohlenen Lieferung Gold für die Königliche Schatzkammer im Nacken. Ganz zu schweigen von den Myriaden anderer Dinge, von Pilgern, die am Schrein ausgeraubt werden, bis hin zu acht Morden in zwei Tagen in Kushni. Genügt dir das?«
    Ich stoße mitfühlend ein paar unbestimmte Laute aus, versäume jedoch nicht, deutlich darauf hinzuweisen, dass ich als offizieller Vertreter von Gesox das Recht habe, den Tatort zu untersuchen. Der Hauptmann denkt eine Weile darüber nach. Es passt ihm zwar überhaupt nicht in den Kram, dass ich das Haus durchstöbere, aber er ist kein Mann, der das Gesetz missachtet, das muss man ihm lassen.
    »Na gut, dann sieh dich um. Sollte Tholius auftauchen und dich in den Knast werfen, komm bloß nicht auf die Idee, dich bei mir auszuheulen.«
    Doch gerade, als wir das Haus betreten wollen, ertönt von den vielen Türmen, die in der ganzen Stadt verstreut sind, der Aufruf für das Nachmittagsgebet. Wir müssen uns hinknien und die Köpfe bis auf den Boden senken. Es gibt in Turai keine Möglichkeit, dieser Leibesübung zu entkommen. Dreimal am Tag wird offiziell gebetet, und jeder, der nicht auf Stirn und Knien angetroffen wird, kriegt ein mächtiges Problem mit den Behörden. Also knie ich mich hin und bete neben Hauptmann Rallig und den beiden Zivilgardisten. Das ist irgendwie komisch, obwohl ich in Ausübung meines Berufes schon oft neben noch viel merkwürdigeren Gebetskumpanen auf dem Boden gekauert bin. Einmal war ich sogar mitten in einem erbitterten Kampf mit einem Gegner, als uns der Ruf unterbrach. Ich musste mich neben ihn knien und beten, und als wir wieder aufgestanden sind, habe ich ihn umgebracht. Immerhin konnte er seinem Schöpfer frisch geläutert gegenübertreten.
    Die Hitze ist überwältigend, und ich muss mich zusammenreißen, um nicht einzunicken. Als endlich der Ruf für das Ende des Gebetes erschallt, rappele ich mich müde auf die Füße.
    »Du wirst langsam, Thraxas«, stellt Hauptmann Rallig fest. »Es wird Zeit, dass du von der Straße herunterkommst. Versuch’s doch mal als Kaschemmenwirt.«
    »Ich würde mich pleite saufen.«
    Wir betreten das Haus, und ich konzentriere mich vollkommen auf die Untersuchung des Tatorts. Rallig folgt mir überallhin und sorgt dafür, dass ich nichts tue, was ich nicht tun sollte.
    Rodinaax’ Haus ist ein eher durchschnittliches Gebäude, vielleicht ein bisschen größer als andere, aber nichts Besonderes. Wenn nicht die großartigen Statuen wären, die jeden Raum, den Garten und den Innenhof schmücken, könnte es auch die Behausung eines ganz normalen wohlhabenden Geschäftsmannes sein. Die Statuen jedoch sind wunderschön. Selbst ein unerfahrenes Auge wie das meine erkennt auf den ersten Blick, dass sie von höherer Qualität sind als die meisten Statuen, die man in unseren Stadttempeln oder Bibliotheken findet.
    Rodinaax’ großes Atelier ist in einem Anbau an der Rückseite des Hauses. Aber am Tatort findet sich nur wenig mehr als ein dunkler Blutfleck, wo der Leichnam gelegen hat, und ein großer leerer Platz, wo sich eigentlich die Statue befinden sollte. Ich konzentriere mich, um vielleicht doch eine schwache Spur von Zauberei zu entdecken, finde jedoch nichts. Ich bin fest davon überzeugt, dass hier in den letzten Tagen keinerlei Magie angewendet worden ist. Laut Hauptmann Rallig sei die Statue gestern ganz bestimmt noch da gewesen. Ein Pontifex der Wahren Kirche sei dafür Augenzeuge. Man habe ihn vorbeigeschickt, damit er sich persönlich davon überzeuge, welche Forschritte der Künstler mache.
    Die Statue war aus Bronze. Rodinaax hatte sie zuerst aus Gips vorgefertigt, sie dann zu einem Bronzeschmied geschickt, der sie für ihn gegossen und in sechs Stücken wieder zurückgeschickt hat. Danach hat der Bildhauer die Stücke zusammengefügt, die Übergänge sauber glatt gefeilt, letzte Hand an Kleinigkeiten angelegt, und siehe da: Fertig war die Bronzestatue. Solche Statuen sind zwar innen hohl, aber Rodinaax’ Arbeit muss wenigstens zwei Tonnen gewogen haben, mit Heiligem, Pferd und Sockel.
    Und jetzt ist sie weg. Futsch. Niemand hat irgendetwas gesehen. Man brauchte mindestens sechs Männer mit Hebewerkzeug und einem besonders verstärkten Pferdefuhrwerk, um die komplette fertig gestellte Statue nach draußen zu bewegen. Ich untersuche die Winden, die am Ende des Ateliers hängen. Sie sind dafür da, die schweren Kunstwerke zu heben.
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