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Das Wrack

Titel: Das Wrack
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Brassen und sonstigem Tauwerk los, was sie erreichen und rasch in Sicherheit bringen konnten.
    Aber nicht lange ließ ihnen das Element, das jetzt von dem Schiff Besitz ergriffen, Zeit dazu. Die Flamme, die ihnen zu ihrer Arbeit leuchtete, hatte das geteerte Tafelwerk ergriffen und schoss von dem Besanmast hinüber an den Hauptmast, lief an den Wanten und Pardunen, wie das Teer flüssig wurde, mit Blitzesschnelle hinauf und glitt auch bis nach dem Vormast hinüber. Die oben zuerst durchgebrannten Pardunen schlugen dann auf Deck nieder, dass die Funken weit umhersprühten, und nicht allein an der Back fing dort aufgekoiltes Tauwerk schon zu glimmen an, sondern auch aus dem Vorcastle quoll der Rauch, da sich das Feuer im Zwischendeck unten fortgepflanzt hatte.
    Es war die höchste Zeit, dass die Leute von der Betsy Ann das brennende Schiff verließen, wenn sie nicht der Gefahr ausgesetzt sein wollten, dass selbst das Deck, auf dem sie standen, von unten verkohlte und mit ihnen zusammenbrach. Ebenso standen jetzt die drei Masten in vollen Flammen, und stürzte einer von diesen über ihr Boot, so war ihnen selbst der Rückzug abgeschnitten.
    Der Steuermann gab dadurch selber das Zeichen zur Abfahrt, dass er in die Launch hineinsprang und den Steuerriemen aufgriff – Bob fehlte noch, aber er kam schon angehetzt und hatte sich nur ein vorher beiseite geschobenes Kistchen mit Zigarren, das aber auch schon an der einen Ecke glimmte, mitgebracht.
    Die Ruder wurden gegen die Schiffswand gesetzt, und rasch trieb die Launch an dem brennenden Wrack vorbei wieder in den schmalen Kanal hinein, der sie aus den Korallen hinaus und in die offene See bringen sollte. Noch hatten sie den Rumpf aber kaum hundert Schritt verlassen, als auch das Vorderteil in vollen Flammen stand und die Glut von allen Seiten zusammenschlug: Es war die höchste Zeit gewesen, sich in Sicherheit zu bringen. Aber mit Tageshelle erleuchtete auch das brennende Schiff das Meer ringsumher, und besonders glühten die Schaumwellen der Brandung in einem unheimlich roten Licht. Doch die See war ruhig und sie durften jetzt auch hoffen, den Kanal, in welchen die Betsy Ann eingelaufen, selbst in finsterer Nacht wieder zu finden, indem sie nur mit dem gesetzten Segel an den weißen Kämmen der Brandung hinhielten, bis sie deren Ende und damit die Mündung des Kanals erreichten.
    Aber auch an Bord der Betsy Ann waren die Leute, als sie das Wrack in Flammen stehen sahen, besorgt um ihre Kameraden geworden, und Kapitän Wilkie hatte an beiden Masten große farbige Laternen aufhängen lassen, um ihnen wenigstens die Stelle zu zeigen, wo sie lagen.
    Wunderbar großartig sah es aus, wie das brennende Schiff, mit all seinen Masten in Flammen, die helle Lohe gegen den Sternenhimmel hinaufschickte, und die Blicke der rudernden Matrosen hingen unverwandt an dem Schauspiel. Ja, als der Besanmast sich zuerst zur Seite neigte, und dann durch sein Gewicht die beiden anderen, schon großenteils durchgebrannten Masten mit über und ins Meer riss, vergaß der Steuermann selber die Lenkung seines Bootes, die Leute ruhten auf ihren Rudern und alle starrten schweigend in die Funken sprühende, gewaltige Glut. Aber nicht lange – dort vor ihnen lag der Kanal, dort drüben konnten sie schon deutlich die Signallichter an den Tops ihrer eigenen Brigg erkennen, und mit hier vollkommen günstiger Brise liefen sie rasch hinan.

7. Schluss
    Es war elf Uhr vorbei, als sie die Brigg erreichten, wo sie von einem lauten Hurra der Kameraden empfangen wurden. Waren doch alle schon besorgt um ihr Schicksal gewesen, da man den Knall der Explosion bis hierher gehört, und Kapitän Wilkie hatte selber nicht übel Lust gehabt, hinüberzufahren, wenn er es eben gewagt, sein Schiff sich selbst zu überlassen.
    Dem Verwundeten wurde indessen augenblicklich eine der gerade leer stehenden Kojen hergerichtet, und der Kapitän, der selber etwas von der Medizin und Chirurgie verstand, untersuchte seine Verletzungen, die er aber nicht für tödlich fand, und den erschöpften Zustand des Armen mit Recht mehr der nichtsnutzigen Behandlung und dem ausgestandenen Hunger und Durst zuschrieb. Was geschehen konnte, um ihm zu helfen, geschah auch in der Tat, und Ruhe blieb dann das Einzige, was noch eine wohltätige Wirkung auf ihn ausüben konnte.
    Der Steuermann musste jetzt erzählen, was sie an Bord gefunden, und der Kapitän schüttelte dabei fortwährend über den abenteuerlichen Bericht den Kopf. Der Einzige aber, der
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