Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Wrack

Titel: Das Wrack
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
Inhalt umhergestreut, und man sah deutlich, dass die hier Eingedrungenen nach der Tat den Raum geplündert hatten.
    In einer Blutlache am Boden lag auch noch das Journal des Kapitäns – ein anderes Zeichen, dass dieser nicht das Schiff lebend verlassen haben konnte, er würde sonst jedenfalls dies Buch mitgenommen haben.
    In der Koje des Steuermanns, die sie später öffneten, fanden sie auch noch das von diesem geführte Logbuch; also auch er war in dem Kampf geblieben oder vielleicht, als er die Wache an Deck hatte, von den Meuterern meuchlings ermordet und über Bord geworfen worden.
    Es blieb jetzt natürlich keine Zeit, das Logbuch genau nachzusehen, ein flüchtiger Blick aber, den der Steuermann hineinwarf, belehrte ihn, dass das Meisje van Utrecht nicht von San Francisco, sondern von Sidney ausgesegelt sei und seine Bestimmung nach Manila gehabt habe. Die Aussage des Gefangenen war also falsch; was aber in aller Welt diesen bewogen haben konnte, auf dem Schiff allein zurückzubleiben und die Kameraden ziehen zu lassen, blieb ein noch ungelöstes Rätsel. War er vielleicht an dem ganzen Morden unschuldig und hatten sie ihn nur verlassen, weil er sich den Verbrechern nicht anschließen wollte? Aber hätte er dann nicht mit Freude selber ein rettendes Fahrzeug begrüßen müssen, das ihn der weiten Öde entführte und wieder zu Menschen brachte? Ja wäre es nicht seine Pflicht gewesen, das verübte Verbrechen gleich anzuzeigen, damit die Mörder ihre Strafe erhielten?
    Der Steuermann trat wieder zu ihm in die Kajüte, um ihn noch einmal deshalb zu fragen, aber das zeigte sich als völlig nutzlos, denn vor sich hinstierend lag der Gefangene am Boden und verweigerte jede Antwort, ja tat nicht einmal, als ob er die an ihn gerichteten Fragen höre.
    Es blieb ihnen keine Wahl, als den mürrischen Gesellen sich selber und seiner Wache zu überlassen, und dann zu sehen, welchen weiteren Aufschluss sie bei Lampenlicht über das unglückliche Fahrzeug bekommen könnten. Der Steuermann wäre freilich am liebsten bis zum nächsten Morgen hier geblieben, um die Untersuchung bei Tag vorzunehmen, so öde, so unheimlich kam ihm der Platz vor, aber er wusste auch recht gut, dass Kapitän Wilkie keine Entschuldigung hätte gelten lassen, die ihn und sein Schiff länger, als die Elemente ihn zwangen, in dieser gefährlichen Straße gehalten. Die notwendigsten Beweise für das begangene Verbrechen konnte er auch recht gut bei Licht sammeln, und er zögerte denn auch nicht, seine Pflicht zu erfüllen.
    So viel fanden sie auch bald, dass der Gefangene wenigstens in einer Hinsicht die Wahrheit gesagt hatte. Das Schiff ging wirklich in Ballast und hatte wahrscheinlich seinen mitgebrachten Cargo in Sidney verkauft und das bare Geld oder Wechsel dafür mitgenommen, außerdem aber einen wahren Überfluss von möglicherweise zum Handel bestimmten Provisionen, Weinen und Spirituosen an Bord. Ganze Kisten mit in Blechbüchsen eingepackten und verlöteten Lebensmitteln fanden sie, Wein in Masse, und der Mate ließ gleich einmal zwei von seinen Leuten darangehen, einen Teil derselben auf Deck zu hissen, um sie dann morgen mit ins Boot zu laden. In der einen Koje fanden sie auch noch eine Menge neues Segeltuch in ganzen Stücken, das ebenfalls als gute Prise erklärt wurde.
    Unmittelbar unter der Kajüte war die Hauptvorratskammer, darinnen aber noch ein kleiner Verschlag, wo gewöhnlich die für Kajütengebrauch mitgenommenen Waren gehalten werden, und der Eingang dazu führte auch direkt von der Kajüte hinab.
    Der Steuermann war mit unten im Zwischendeck, hielt die Laterne und betrachtete sich die ziemlich starke Brettwand, ob sie nicht vielleicht von hier aus, durch Losreißen einer der Planken, einen bequemen Eingang in das »Spintje« gewinnen könnten.
    »Ach was, Mate«, sagte aber der Bootsmann, der neben ihm stand. »Da stecken dreizöllige Nägel drin, und wir quälen uns hier eine Stunde ab. Von oben gucken wir viel bequemer hinein, wenn's auch nicht eben der Mühe wert sein wird. Zu leben finden wir hier draußen genug, und ich glaube, wenn wir jetzt daran gingen, die Segel loszuschlagen und die eine neue Kette einzuladen, bekämen wir Fracht genug und hätten mehr Profit.«
    »Bst«, sagte da Bob, der über eins der Fässer hinübergeleuchtet hatte, um zu sehen, ob dort vielleicht eine Tür hineinführte. »Da drinnen stöhnt etwas.«
    »Das ist der Bursche in der Kajüte«, sagte der Steuermann, »die Taue werden ihm wohl ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher