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Das Wrack

Titel: Das Wrack
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Meisje van Utrecht war in Sidney mit seiner gewöhnlichen Mannschaft, die aber großenteils aus dort geworbenen Leuten bestand, in See gegangen, und ohne sein Wissen hatten sich drei flüchtige Sträflinge, jedenfalls von Einzelnen der neu Angenommenen unterstützt, an Bord versteckt gehalten, bis das Schiff aus Sicht von Land war. Ein Plan schien dann gemacht zu sein, das Fahrzeug zu nehmen, um nach einer der wunderschönen Südsee-Inseln zu steuern und dort zu bleiben. Einzelne der Mannschaft wurden dazu gewonnen, und als der Steuermann eines Nachts die Wache an Deck hatte, erschlugen ihn die Meuterer wahrscheinlich meuchlings, warfen ihn über Bord und überfielen dann den Kapitän in seiner Kajüte, während die von der Mannschaft, die nicht hatten verführt werden können, ebenfalls niedergemacht wurden.
    Der Kapitän sollte aber keinen so raschen Tod sterben. Einer der Buben – sein eigener Bootsmann, den er im Hafen von Sidney bei einem Diebstahl ertappt hatte und peitschen ließ – nahm furchtbare Rache und warf den Unglücklichen in das Spintje unter der Kajüte gebunden hinab, um ihn dort langsam verschmachten zu lassen. In derselben Nacht erhob sich ein Sturm und schleuderte das Schiff an die Riffe, und die Meuterer verließen es mit dem Boot, um sich wahrscheinlich nach Neu-Guinea oder dem Ostindischen Archipel zu retten. Ihr Schicksal schien sie aber schon, dem aufgefundenen Boot nach, in der Torresstraße erreicht zu haben. Nur der Bootsmann blieb zurück; ob er sich mit den Übrigen nicht vertragen konnte – ob er sich an den Leiden seines Schlachtopfers noch länger weiden wollte – wer weiß es! Provisionen und Leckerbissen mit allen möglichen Getränken befanden sich genug an Bord; möglich, dass ihn auch diese zurückgehalten, da er mit der Kapitänsjolle noch immer allein fortkonnte, wenn er das Leben satt bekam. Täglich aber stieg er zu seinem unglücklichen Gefangenen hinab, der ihn vergebens um einen Trunk Wasser, ja als er ihm das höhnisch verweigerte, um den Tod bat, nur von seinen furchtbaren Leiden befreit zu werden.
    Nach den Büchern, die der Mate gerettet hatte, musste es der vierte Tag gewesen sein, dass der Unglückliche, schon fast verschmachtet, in seinem dumpfen Gefängnis lag, als Gott ihm das fremde Schiff zu seiner Rettung sandte. Den Verbrecher hatte aber sein verdientes Los erreicht, und er hatte einen elenden Tod dort gefunden, wo er seine Schandtat begangen.
    Der Kapitän des Meisje van Utrecht, dessen wichtigste Papiere übrigens der Bootsmann in der gefundenen Brieftasche gerettet, machte später die Anzeige von der begangenen Seeräuberei in Singapur, und ein kleines dort liegendes englisches Kriegsschiff lief durch die Straße, um vielleicht noch einzelne der Piraten aufzubringen und ihrer verdienten Strafe zu überliefern. Aber es fand keine Spur mehr von ihnen – die Fische des Meeres oder die australischen Schwarzen mit ihren Holzspeeren hatten das Rächeramt schon übernommen.
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