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Das Wrack

Titel: Das Wrack
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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treibst du dann noch an Bord, Schatz?«, fragte der Steuermann. »Und weshalb gehst du nicht wenigstens an Land und suchst indessen so viel wie möglich daraus zu bergen?«
    »Was geht's Euch an, wo ich mich einquartiere«, brummte der Gesell, dem das Verhör zu lange dauern mochte.
    »Hoho, nur ruhig Blut, mein Bursche«, sagte der Seemann kalt. »Kannst du uns vielleicht sagen, weshalb du allein hier zurückgeblieben bist, während sich die Mannschaft in die Boote gerettet?«
    »Weil ich nicht bis Indien schwimmen kann«, sagte der Mann kurz. »Nun wisst Ihr, was Ihr wissen wollt, und lasst mich zufrieden.«
    »Und du willst hier an Bord bleiben?«, rief der Mate erstaunt.
    »Gewiss will ich«, lautete die Antwort. »Habe hier was ich brauche, und wenn mir die Geschichte zu langweilig wird, kann ich mich noch immer in die Jolle setzen und fortfahren.«
    »Wo sind die Schiffspapiere?«
    »Fragt den Kapitän.«
    »Ich will dir was sagen, mein Junge«, meinte der Steuermann, der wohl merkte, dass er aus dem störrischen Patron nichts herausbrachte, während ihm das rosenfarbene Licht an den Skylightfenstern verriet, wie die Sonne eben im Untergehen sei. »Wenn du im Guten keine Vernunft annimmst, so ist es dein eigener Schade. – Bootsmann, holt einmal die Laterne aus der Launch und zündet sie an, ehe es dunkel wird; sucht dann von Lichtern und Lampen zusammen, was Ihr findet – du Bob nimmst einmal das Senkblei und siehst, wie viel Wasser wir um's Schiff herum haben – kannst auch gleich einmal in die Pumpen hineinfühlen, wie viel im Raum steht, und du Jack gehst mit Red in den Raum und seht euch einmal nach der Fracht um. John mag bei mir bleiben, dass wir die Kajüte revidieren. Apropos, Kamerad, hast du noch mehr von der Sorte an Bord?«, fragte er dann den Einsiedler, indem er sich eine von den Zigarren aus der Kiste nahm und sie an dem auf dem Tisch befindlichen Feuerzeug anbrannte.
    »Und was für ein Recht habt Ihr?«, fuhr jetzt der Bursche auf. »Dass Ihr hier an Bord kommt, um die Herren zu spielen.«
    »Und bist du etwa der Eigentümer«, fragte spöttisch der Mate.
    »Jetzt allerdings«, beharrte jener. »Das Schiff ist mir überlassen, und was darin steckt, gehört mir.«
    »Alle Wetter«, lachte der Seemann, »und ein verdammt ungastlicher Eigentümer noch dazu, einem Besuch in der Kajüte nicht einmal ein Glas Grog anzubieten. Schämst du dich nicht, Gesell? Hier, Leute, trinkt erst einmal, und dann scharf an die Arbeit.«
    Die Leute ließen sich das nicht zweimal sagen, sie hatten schon lange lüsterne Blicke nach dem Arrak hinübergeworfen. Dann aber verließen sie auch rasch die Kajüte, um die gegebenen Befehle auszuführen.
    Eine eigene Unruhe schien indes über den bisherigen Bewohner der Kajüte zu kommen, und zwar so auffallend, dass sie selbst dem Steuermann nicht entgehen konnte, dessen Augen sich bis dahin aber mehr mit der Kajüte selber als mit deren Insassen beschäftigt hatten.
    Der finstere Gesell schien erst jetzt eigentlich vollständig nüchtern zu werden oder zu begreifen, was die Fremden eigentlich wollten. Das war kein flüchtiger Besuch eines vorbeisegelnden Schiffes, das galt hier eine Untersuchung, vielleicht Plünderung seines Fahrzeugs, und dem schien er sich jetzt nicht willig fügen zu wollen.
    »Und was geht's euch an«, sagte er mit finster zusammengezogenen Brauen, »wie tief das Schiff im Wasser liegt und was es für Ladung hat, he? Hab ich euch nicht gesagt, dass wir in Ballast sind?«
    »Zerbrich dir deshalb den Kopf nicht, mein Bursch«, lachte der Steuermann, der nicht gesonnen schien, eine Einrede von dieser Seite gelten zu lassen. »Sag mir vor allen Dingen einmal, wo eure Schiffsbücher sind – oder hat die der Kapitän mitgenommen?«
    »Der Kapitän soll verdammt sein!«, knirschte jetzt der Fremde mit den Zähnen und hob sich, während er die geballte Faust auf den Tisch drückte, an seinem Sitz empor. »Seid ihr Piraten, dass ihr hier ein fremdes Schiff entert und darin hantiert, als ob ihr die Herren wäret?«
    »Auch das nicht erwiderte der Seemann. »Wir sind ehrliche Matrosen, aber ich will dir etwas sagen, Kamerad, die Geschichte kommt mir hier verdächtig vor, dass die ganze Mannschaft sich nämlich in den Booten gerettet und dich hier allein, als Eigentümer des Fahrzeuges, zurückgelassen haben sollte. Weshalb erzählst du nicht einfach die Wahrheit und tust sogar, als ob du gar nicht darauf gewartet hättest, von einem andern Schiff hier mit
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