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0603 - Die Pestklaue von Wien

0603 - Die Pestklaue von Wien

Titel: 0603 - Die Pestklaue von Wien
Autoren: Jason Dark
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Von ihrem Hotelzimmer aus konnte sie fast bis zur Staatsoper spucken, die Kärntner Straße war auch nicht weit, und der Stephansdom lag ebenfalls in der Nähe. Sie wohnte im ehrwürdigen Hotel Bristol, sehr zentral, hätte sich geborgen fühlen müssen und spürte dennoch, daß ihr immer häufiger die Angstschauer über den Rücken krochen und das Gefühl einer Bedrohung ständig zunahm.
    Selbst in der Hotelhalle, wo sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat, durch die Glastür schaute und den Verkehr vorbeifluten sah, glaubte sie, unter einem harten Druck zu stehen.
    »Ihr Schlüssel, Madame.«
    Isabel de Dijon schrak zusammen, als sie die weiche Stimme des korrekt gekleideten Rezeptionsmenschen hörte, der ihr den Schlüssel übergab und zudem ein freundliches Lächeln schenkte. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Madame?«
    »Non, Monsieur, non.« Isabell sprach nur wenige Brocken Deutsch, sie unterhielt sich im Ausland in ihrer Heimatsprache.
    Überhastet nahm sie den Schlüssel an sich und eilte zu den Lifts, begleitet von den Blicken des Mannes hinter der Rezeption, der seine Stirn in Falten gelegt hatte und darüber nachdachte, was diese junge Frau wohl haben könnte. Er arbeitete schon lange in der Branche und konnte oft mit einem Blick feststellen, mit wem er es zu tun hatte.
    Diese elegante Person in dem schwarzen, sehr modisch geschnittenen Kostüm steckte in Schwierigkeiten. Sie mußte einen seelischen Druck erleiden, sonst hätte sie nicht so fahrig reagiert, wäre viel lockerer und cooler gewesen.
    Am Lift stehend und nervös auf die Kabine wartend, schaute sie noch einmal zur Rezeption zurück, wo der Mann sich gerade in dem Augenblick umdrehte, als ein Telefon summte.
    Draußen dämmerte es bereits. Über Wien, das tagsüber von einer wunderbar warmen Septembersonne beschienen worden war, legten sich die ersten langen Schatten.
    Jetzt war die Zeit der Muße, jetzt sollte man einen Kaffee oder einen Cocktail trinken, daran dachte Isabel zwar, doch es war ein sehr flüchtiger Gedanke, den sie schnell wieder verwarf, denn wo immer sie auch hinging, sie fühlte sich ständig von anderen Augen beobachtet oder von Blicken durchbohrt.
    Sie wollte nur auf ihr Zimmer, sich frisch machen, aufs Bett legen, vielleicht schlafen…
    Mit dem Lift fuhr sie hoch. Das Hotel gehörte zu den wunderschönen Grand Hotels, die noch mit breiten Fluren ausgestattet waren und nicht die engen Schläuche besaßen, wie man sie in vielen Ketten-Herbergen vorfindet, die man zudem noch sehr teuer bezahlen muß. Trotz der Breite kam ihr der Gang eng vor. Sie hastete über den Teppich, vorbei an den echten Gemälden, bis sie endlich ihre Zimmertür erreicht hatte, mit zitternden Fingern aufschloß und in den Raum stürmte, stehenblieb, sich umschaute und zischend ausatmete, weil sie den Raum leer vorfand.
    Niemand hatte auf sie gewartet, niemand wollte sie mehr bedrohen, statt dessen roch es sehr frisch, das Bett war schon gemacht, im Bad lagen Handtücher bereit, die wundervoll dufteten.
    »Ich bin verrückt!« flüsterte sie. »Ich bin einfach verrückt, mein Gott. Das kann doch nicht wahr sein…« Sie schaute auf das Telefon und überlegte, wen sie anrufen sollte.
    Zählreiche Namen huschten an ihrem geistigen Auge vorbei, keiner blieb hängen.
    Das waren alles Typen aus der Modebranche, ausgeflippt und immer da, wenn es etwas zu feiern gab. Wehe aber, jemand steckte in Schwierigkeiten, da zogen die meisten den Kopf ein.
    Unter der Kostümjacke trug sie ein weißes Top. Alles war verklebt, verschwitzt. Auf dem Weg zum Bad streifte sie die Sachen ab und schleuderte sie achtlos zu Boden. Dabei fiel der Seidenslip leicht wie ein Blatt auf den Teppich.
    Das Licht im Bad war nicht zu grell, sondern sehr weich, es kaschierte deshalb.
    Nicht bei ihr.
    Sie war fünfundzwanzig, ein gutes Alter, aber sie sah aus wie dreißig und fühlte sich doppelt so alt. Ihr Körper konnte einem Stylisten Freude bereiten, er besaß genau die Formen, die man für den Laufsteg brauchte, zudem achtete Isabel darauf, kein Gramm zuzunehmen, das hätte sie möglicherweise Strafe gekostet, aber das Gesicht – Himmel, sie sah schlecht aus. Schatten lagen unter den Augen, die für innerliche Vibrationen sorgte, sich aber auch körperlich bemerkbar machte.
    Das Wasser rauschte in die Wanne. Ein Badezusatz produzierte Schaum. Sie freute sich auf das Bad, vielleicht war es möglich, daß sie ihre Probleme ausschwitzte.
    Ihr Haar war gegelt, glatt nach
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