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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Russ und genoss seinen großen Moment genau wie Mark vorher, »ist sie sehr umgänglich. Altgediente Soldatin.«
    Harlene staunte gebührend. »So was! Wusste gar nicht, dass es weibliche Priester gibt.« Sie blickte einen Moment vor sich hin. »Fragen Sie mal, was sie von meiner Anzeige wegen sexueller Belästigung hält«, sagte sie.
    Russ verbiss sich das Lachen und nahm den Schlüssel vom Wandhaken. Mit klappernden Absätzen hastete er die Treppe hinunter, öffnete den Maschendrahtverschlag, in dem die Beweismittel aufbewahrt wurden, und etikettierte den Karton. Die dazugehörigen Angaben kritzelte er in das eselsohrige Register. Binnen zwei Minuten rannte er wieder die Treppe hinauf, rief Harlene ein »Gute Nacht!« zu und war durch die Eingangstür verschwunden.
    Als er in den Streifenwagen stieg, nahm Reverend Fergusson ruckartig ihre Hand von dem Funksprechgerät. »’tschuldigung«, sagte sie. »Konnte einfach nicht widerstehen. Ich wollte nur hören, ob es genauso klingt wie in all den Fernsehkrimis.«
    »Und?«, fragte Russ, während er aus der Parklücke zurückstieß.
    »Es scheint, als hätte die Staatspolizei viel zu viel Zeit übrig«, erwiderte sie. »Irgendein Typ schwafelte ewig über so einen Anglerwettbewerb, wo er dabei war. Klang ziemlich nach ›Schlappe Bullen beißen nicht‹. «
    Sie lachten beide. »Na ja …«, meinte Russ. »Montags ist es immer am ruhigsten. Fahren Sie mal am Freitag mit mir auf Streife, dann bekommen Sie wirklich was zu hören.«
    Sie fixierte ihn mit diesen scharfen haselnussbraunen Augen. »Dürfte ich denn?«
    Russ hätte vor Schreck fast eine rote Ampel überfahren. Er sah Clare an. »Reverend, weshalb, um alles in der Welt, sollten Sie so was tun?«, fragte er.
    »Weil ich ein Gefühl für die Probleme in Millers Kill bekommen möchte, wie ich es bei einem Empfang vom Pfarrgemeinderat nicht kann«, antwortete sie. »Weil ich eine Vorstellung davon brauche, welche Art von Sozialarbeit meine Pfarrei leisten sollte anstatt der Aktivitäten, mit denen meine Schäflein zurzeit glücklich und zufrieden sind. Und weil«, sagte sie mit einem schiefen, draufgängerischen Grinsen, das den Verdacht weckte, sie habe sich in ihrer geistlichen Berufung getäuscht, »ich ein Adrenalinjunkie auf Entzug bin. Ich habe schon ein Weilchen keinen Schuss mehr gehabt. Grün.«
    »Uh.« Er fuhr weiter. »Hält Ihre Kirche denn freitags keine Messe oder wie sich das nennt? Ich erinnere mich, ich hab dort abends Autos gesehen. Und außerdem bin ich bis spät in die Nacht unterwegs. Müssen Sie denn nicht – was weiß ich – morgens früh zum Beten raus oder so?«
    Sie stieß einen amüsierten kehligen Laut aus. »Samstags habe ich frei. Zumindest theoretisch. Das heißt, ich kann ausschlafen. Und wenn alle Stricke reißen, fahre ich auch zweigleisig. Preise Gott, während ich Pfannkuchen backe, danke dem Herrn, während ich meinen Wocheneinkauf erledige.« Sie fing fast unhörbar zu singen an. »Und Er geht mit mir, und Er spricht mit mir …«
    »Aha. Kann sein, ich verstehe nicht viel von Religion, aber ich weiß, wann man mir den Einkaufskorb voll packt.«
    »Also, darf ich mitkommen?«
    Wie brocke ich mir nur immer so eine Suppe ein?, dachte er und antwortete schließlich: »Na schön. Aber Sie tun, was ich sage und wenn ich es sage, und sollte ich die Situation aus irgendeinem Grund nicht sicher finden, werden Sie abgesetzt. Keine Diskussionen.«
    »Komme ich Ihnen wie ein Diskussionstyp vor?«, entgegnete sie. Er schnaubte. An den Lampen entlang der Church Street hing die städtische Weihnachtsdekoration. Der gleiche Plunder aus Plastik-Zuckerstangen und -Rentieren, den es schon in seiner Kindheit gegeben hatte. Das gleiche unechte Tannengrün um die Pfosten, die gleichen Glühbirnenketten. Er fragte sich, wo man den Ersatz dafür kaufen konnte. Solche Lämpchen stellte doch wohl kein Mensch mehr her! Er bog in die Elm Street. Hübsches Pfarrhaus – holländischer Kolonialstil, etwa aus der Zeit der Jahrhundertwende.
    »Da drüben, links.«
    »Nett«, meinte Russ, während er in der Einfahrt hielt. »Wette, Sie haben tolles Gebälk und Schnitzereien da drin.«
    Die Pastorin stöhnte. »Fragen Sie nicht«, sagte sie. »Es steht alles voller Kartons, und die meisten sind unbeschriftet; ich habe keine Ahnung, was drin ist. Einige wurden schon vor meiner letzten Versetzung gepackt, nach Fort Rucker, und sind seit sieben Jahren nicht mehr geöffnet worden. Meines Wissens könnte alles
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