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Don Quichotte

Don Quichotte

Titel: Don Quichotte
Autoren: Erich Kaestner
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Don Quichotte
    Erich Kästner erzählt

    DON QUICHOTTE

    Mit Zeichnungen von Horst Lemke
    Cecilie Dressler Verlag Hamburg © Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 1992 Die Erstausgabe erschien im Atrium Verlag, Zürich 1956 Titelbild und Zeichnungen von Horst Lemke Einbandgestaltung: Manfred Limmroth Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck
    Printed in Germany 1992

    ISBN 3-7915-3533-1

    INHALT
    Vorwort 7
Eine Schlägerei und der Ritterschlag 15 Das Abenteuer am Kreuzweg 25
Der Kampf mit den Windmühlen 33 Ein halbes Ohr und ein halber Helm 41 Das verhexte Wirtshaus 51
Der Ritter zwischen Himmel und Erde 59 Die Heimreise im Käfig 67
Wasserburg und Wellenbad 77
Der Flug auf dem hölzernen Pferd 89 Der Einzug in Barcelona 101
Nachwort 110
    VORWORT
    Neulich fragte eine Illustrierte ihre Leser: »In welchem Zeitalter hätten Sie am liebsten gelebt?« Und die Antworten waren bunt wie ein Blumenstrauß. Ein Kolonialwarenhändler aus Schweinfurt teilte der Redaktion mit, daß er am liebsten, etwa um 500 vor Christi Geburt, ein alter Grieche gewesen wäre, und zwar, wenn sich’s hätte einrichten lassen, Sieger bei den Olympischen Wettkämpfen. Statt mit Lorbeer gekrönt zu sein, müsse er nun in seinem Geschäft Lorbeer in Tüten verkaufen, für fremde Suppen, und das gefalle ihm viel weniger.
    Eine gewisse Frau Brinkmann aus Lübeck schrieb, schon als Konfirmandin habe sie sich sehnlichst gewünscht, im 18. Jahrhundert gelebt zu haben, und zwar als Hofdame in Frankreich, mit weißgepuderter Frisur und in weiten seidenen Reifröcken. Dann hätte sie den schönen Marschall Moritz von Sachsen geheiratet und nicht Herrn Brinkmann. Und Paris und Versailles seien viel hübscher als Lübeck und Travemünde. Sie könne das beurteilen, denn sie habe im vorigen Jahr eine achttägige Gesellschaftsreise nach Paris mitgemacht.
    So hatte ein jeder Leser seinen eignen Kopf. Einer hätte gern als schwedischer Reitergeneral im Dreißigjährigen Krieg gelebt, ein anderer als chinesischer Mandarin, ein Dritter als Mundschenk der Königin Kleopatra von Ägypten. Nur Herr Pfannenstiel aus Barmen-Elberfeld schrieb:
    »Ich, der Endesunterfertigte, möchte Herr Pfannenstiel aus Barmen-Elberfeld, Krumme Straße 7, Vertreter für Rasierklingen, sein und bleiben. Hochachtungsvoll Ihr sehr ergebener Willibald Pf.«
    Willibald Pf. war mit seinem Los zufrieden.

    Don Quichotte nun, dessen Abenteuer ich euch gleich erzählen werde, war ein armer spanischer Edelmann, der für sein Leben gern ein Ritter gewesen wäre. Ein Ritter in voller und blitzender Rüstung, mit Lanze, Schild und Schwert und auf einem feurigen Hengst. Obwohl es zu seiner Zeit, vor etwa dreihundertfünfzig Jahren, solche Ritter schon lange nicht mehr gab! Nun hätte das keinerlei Aufsehen erregt, wenn Don Quichotte seine Ritterträume hübsch für sich behalten und zu Hause im Lehnstuhl geträumt hätte. Doch so bequem machte er es sich und den anderen nicht! Er dachte nicht: ›Ach, wäre ich doch ein tapferer Ritter! Ach, könnte ich doch den Schwachen und Bedrängten helfen! Ach, hätte ich doch verwegene Feinde, um sie zu besiegen!‹ Nein, er hielt gar nichts von Wäre und Könnte und Hätte! Sondern er erhob sich aus seinem Lehnstuhl, schlug mit der Faust auf den Tisch und rief blitzenden Auges: »Ich bin ein Ritter! Ich habe Feinde! Und ich werde den Schwachen helfen!« Dann holte er die eiserne Rüstung seines Urgroßvaters vom Boden, putzte und kratzte den Staub, die Spinnweben und den Rost weg, reparierte den Helm und das Visier, kletterte in die Rüstung hinein, band den Helm fest, zog sein Pferd aus dem Stall, das so dürr war wie er selber, stieg ächzend hinauf, setzte sich zurecht und ritt davon.
    Die Abenteuer, die er erlebte, hat Miguel de Cervantes aufgeschrieben, und er hat in dem Buch behauptet, schuld an Don Quichottes seltsamen Taten wären die zahllosen Ritterromane gewesen, die damals Mode waren und die er allesamt gelesen hätte. Das kann schon sein. Kürzlich wurde auf einem Münchner Standesamt ein junges Paar getraut, das dreihundertsieben Wildwestfilme gesehen hatte.

    Sie kamen zu Pferde, mit Colts und Lassos, in Cowboytracht, und der Standesbeamte fiel in Ohnmacht. Immerhin wußten die jungen Eheleute noch, daß sie eigentlich Bachmayer hießen und daß der Herr Gemahl wochentags nicht über die Prärie reiten, sondern in Schwabing die Gaszähler prüfen mußte.
    Bei Don Quichotte lag das anders. Er war beim Lesen übergeschnappt! (Na, euch kann das ja
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