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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
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paßte da nicht mehr zwischen die Anhängerkupplung seines Mercedes und den Kühlergrill des schwarzen Opels, mit festlich frisierter Frau auf dem Beifahrersitz und viel zu großem Ferrari-Sticker auf der Frontscheibe. Und spätestens als Billy den gelben Aufkleber mit dem schwarzen Pferd erkannt hatte, war natürlich alles klar. Auf so einen hatte er gerade noch gewartet.
    Profil runtergebremst! Bremsplatten! Diese RTL-verseuchten Formel- 1-Schwachmaten ! Billy kannte sie und ihr traktionskontrollenloses Gefasel nur zu gut von zu Hause. Schließlich wurde er von früh an auf vier Rädern sozialisiert. Sein Vater machte in Automobil, und täglich pilgerten die grenzdebilsten P S-Fetischisten der Gegend zu seinem alten Herrnin die Werkstatt, um sich in ihre Kisten die feinsten Sachen reinbauen zu lassen. Billy hatte es oft genug aus schmerzhafter Nähe mitbekommen. Da kamen sie dann an mit ihren stolzen Schlitten, legten ein Vermögen auf den Tisch und wollten für ihr liebstes Kind aber bitteschön immer nur das Allerbeste. Zur Not auch auf Kredit. Wenn es dagegen um ihr eigenes Wohlergehen ging, durfte es auch gerne etwas weniger sein. Es war eine Seuche, die Autodeutschland beutelte, und Billy hatte es nie verstanden. Der germanische Autofahrer – die Felgen in 1 7-Zoll Alu, aber in der Fresse nichts als Amalgam.
    Billy hätte die Wut in seinem Bauch am liebsten auf den Asphalt gekotzt. Er war gerade verdammt knapp dem Verkehrstod entgangen und hatte sich dabei ganz gehörig erschreckt. Doch als gäbe es nichts Wichtigeres als seine albernen Breitreifen, fing dieser Typ an rumzupöbeln und machte mitten auf der Autobahn den Langen, um der ganzen Welt zu beweisen, was er für ein harter Kerl war. Gab es einen besseren Grund für ein klärendes Gespräch?
    Gab es nicht. Billy löste seinen Gurt, schwang sich aus dem Auto und schlug mit einiger Wucht die Tür hinter sich zu. Jetzt stand er seinem Gegner keinen halben Meter entfernt gegenüber und schaute ihn unmißverständlich an. Mitten in die Augen. Er war dabei ein gutes Stück größer, sein Bart um mindestens fünf Tage länger und seine Hemmschwelle nach den Ereignissen der letzten Zeit extrem niedrig.
    »Wissen Sie, was mich Ihr Profil interessiert?« schnauzte er los. »Einen Dreck. Einen
so
kleinen Dreck, verstehen Sie? Ich mußte bremsen, also hab ich gebremst. Fertig. Und wenn Sie mich jetzt nicht sofort in Frieden lassen und abzischen, dann gibt’s was auf die Zwölf. Und zwar hier und jetzt. Und ich würde mir das gut überlegen. Ich bin nämlich gerade in einer richtigen Scheißlaune, ja? Da hat mir so was wie Sie gerade noch gefehlt, kapiert?«
    Der Mann schaute, als ob nicht so ganz.
    »Und überhaupt. Bremsplatten! So ein Schwachsinn«, legte Billy nach und zeigte dabei auf das Auto des Mannes. »Das da ist nicht der Ferrari vom Schumi. Das da ist ein scheiß Opel Omega!«
    Der Mann fing an zu pumpen. Choleriker brauchen viel Blut, und solche, die gerade in ihrer Ehre getroffen wurden, noch mehr. Zu einer netten, kleinen Schlägerei auf der A3 kam es trotzdem nicht. Es war die Frau des Mannes, die deeskalierend wirkte. Sie war mittlerweile ausgestiegen und wußte ihren Mann zu nehmen. Sie hatte ein Argument und dazu eine Stimme wie ein sofortiger Scheidungsgrund.
    »Horst! Jetzt laß doch den Jungen und komm endlich«, grätschte sie mit weiblicher Intuition dazwischen. »Sonst heiratet deine Tochter ohne uns.«
    Und siehe da – es wirkte. Plötzlich wußte der Horst nicht mehr, wohin mit all der aufgestauten Wut in seiner breitbereiften Autofahrerseele. Aber wahrscheinlich hätte er sich eh nicht getraut. Billy hatte ziemlich überzeugend gewirkt. Und außerdem hatte er nicht geblufft. Er hätte wirklich zugeschlagen. Er war soweit. Horst mußte das irgendwie gespürt haben. Er zögerte zwar noch einen kleinen Augenblick, schmiß dann aber mit großer Geste seine Kippe vor Billy auf den Boden, stampfte wie ein Stierkampfstier darauf herum und entschied sich fürs Bravsein.
    »Herrgott ja! Ich komm ja schon«, schrie er zu seiner Frau zurück und wandte sich dann noch einmal an Billy.
    »Und du merk dir eins. Beim nächsten Mal bist du dran. Du und dein beschissener gelber Vogel da.«
    Der Horst deutete dabei kurz auf den Dachgepäckträger von Billys Mercedes. Dann machte er eine Vierteldrehung und stach zu seinem Auto zurück.
    »Eins noch, Horst«, rief ihm Billy hinterher. »Das da ist kein beschissener gelber Vogel, ja? Das ist der Big Bird
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