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Das Weihnachtshaus

Das Weihnachtshaus

Titel: Das Weihnachtshaus
Autoren: Robin Jones Gunn
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ihre Einladung zu der Aufführung von Dickens nun bestimmt zurückziehen.
    Sie wirkte trotz allem unbeeindruckt. «Ihr Verlust tut mir leid.»
    Ich nickte, um ihr für ihren mitfühlenden Ton zu danken. Nun, da wir das geklärt hatten, konnten wir – wie so oft in meinen Beziehungen – zum Naheliegenden übergehen. Und das war in meinem Fall der Weg zum Bahnhof.
    Katharine dagegen schien immer noch auf eine Antwort wegen der Aufführung zu warten.
    «Ich muss nach London zurück.» Ich schob meinen Stuhl nach hinten und hängte schwungvoll meine große Tasche über die Schulter. «Noch einmal vielen Dank für den Tee und die Scones. Sie waren köstlich.» An der Tür blieb ich stehen. «Darf ich wirklich nicht bezahlen?»
    «Das nächste Mal», sagte sie lächelnd. Einer der silbernen Ohrringe unter ihrem dunklen Haar fing das Licht einer Kerze ein und funkelte mir ein silberhelles Lebewohl zu.
    Ich trat sehr viel weniger schwungvoll in die Kälte hinaus als vorhin der mit einem Kilt bekleidete «Geist dieser Weihnacht». Die eisigen Temperaturen fuhren mir sofort in die Glieder, und ich wünschte, ich hätte einen längeren Mantel angehabt.
    «Den werde ich mir zu Weihnachten schenken», sagte ich, als ich die Bexley Lane hinunterging.
    Dieses Mal wusste ich, dass ich meinen Gedanken laut ausgesprochen hatte. Egal. Niemand war in der Nähe. Ich beschloss, den morgigen Weihnachtstag in meinem Hotelzimmer in London zu verbringen. Verständlicherweise fühlte ich mich in Hotelzimmern immer sehr zu Hause.
    Am Tag danach würde ich mir einen neuen Mantel kaufen. Sicherlich gab es in London nach Weihnachten einen Schlussverkauf, der es mit dem in San Francisco aufnehmen könnte.
    Und so hätte ich, wenn ich nächste Woche wieder ins Büro ging, nach meiner spontanen Tour nach London etwas vorzuweisen.
    Ich beeilte mich, zum Bahnhof zu kommen. Die Fenster auf beiden Seiten der Gasse waren festlich geschmückt, und die Dekorationen tanzten in dem stürmischen Wind, der die Gasse hinunterpfiff. In einem der zweistöckigen Backsteingebäude stand in jedem der vier symmetrisch angeordneten Fenster eine brennende Kerze auf dem Fensterbrett. Vor einem anderen Haus befand sich neben der Eingangstür ein großer Topf mit einem hochgewachsenen Buchsbaum, an dem weiße Lichter und rote Schleifen befestigt waren.
    Ich bog um die Ecke und zog den Kragen meines Wollmantels höher. Der Charme des Tea Cosy war überall in Carlton Heath zu finden. Sollte ich jemals wieder an Märchen glauben, so würde ich immer dieses Städtchen vor Augen haben.
    Lange schlanke Äste an hohen Bäumen breiteten sich schützend über leuchtenden Straßenlampen und Cottages aus. Die Bäume schienen nicht zu bemerken, dass sie all ihr Laub verloren hatten. Ihre Rolle hatte sich trotz der rauen Jahreszeiten nicht verändert, fortwährend beschirmten sie die Menschen und deren Wohnungen in der Bexley Lane.
    Ich ging weiter, den Hügel hinunter, um die Ecke und in Richtung der mit Efeu bewachsenen Kapelle. Ich blieb nur einen Augenblick lang stehen, um mir die sanft erleuchtete kleine Kirche mit dem gewölbten Eingang anzusehen. Mir schien, als ob die Kirche ihren weitläufigen Friedhof hinter sich herzog wie eine Schleppe, die vom Fuß des Rosenbeetes wie zufällig über etwa hundert schlafende Wesen fiel, Wesen, die das Gotteshaus erbaut hatten, die Straßen gepflastert und an einem rußigen Kamin Tee getrunken hatten.
    Nun waren sie alle still.
    Wir haben nur ein Leben. Wann wird meines verstummen? Oder sollte ich fragen, wann meines wirklich beginnen wird?
    Ich überquerte die Straße. Auf dem Weg zum Bahnhof versuchte ich, an nichts anderes zu denken als an meine tauben Füße. Der Bahnhof hatte einen überdachten Bahnsteig und ein Stationshäuschen. Eine einzelne Bank stand an der hinteren Wand im Wartebereich. In der einen Ecke befand sich ein Zeitungskiosk, in der anderen Ecke gegenüber war der Ticketschalter und daneben ein blinkender Geldautomat.
    Von dem Geldautomaten abgesehen, wirkte alles in diesem Raum, in den ich mich wegen der Kälte draußen zurückgezogen hatte, als sei während der letzten fünfzig Jahre nichts verändert worden. Doch, es gab noch etwas Modernes. Eine elektronische Anzeige über der Tür informierte laufend über die Ankunftszeiten und die Bestimmungsorte der Züge. Rechts vom aktuellen Fahrplan hing eine altmodische runde Uhr. Ich schaute auf die Uhrzeit und dann auf die Anzeige mit den durchlaufenden rotgepunkteten
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