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Das Weihnachtshaus

Das Weihnachtshaus

Titel: Das Weihnachtshaus
Autoren: Robin Jones Gunn
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dass sie die Wahrheit sagte. Mein Leben lang hatte ich mich danach gesehnt, genau das zu erfahren, was diese Frau mir gerade eben gesagt hatte, diese Frau, die allen Grund hätte, mich zu verachten.
    Mit zitternden Händen schob Margaret ihren Stuhl zurück. Edward ging schnell zu ihr, um ihr zu helfen, doch sie war schon aufgestanden. «Wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich lege mich ein bisschen hin.»
    «Ich bringe dich in dein Zimmer, Mutter.» Edward warf mir über die Schulter hinweg einen kurzen Blick zu, bevor er mit Margaret den Raum verließ. Es schien, als wollte er etwas sagen, doch er tat es nicht. Und ich erwartete es auch nicht. Noch nicht. Seine Miene hatte mir deutlich gemacht, dass er das alles erst einmal verarbeiten musste. Doch seine Aufforderung von vorhin, ich solle das Haus verlassen, schien nicht mehr zu gelten.
    Ellie und ich saßen uns schweigend gegenüber. Ich hatte das Gefühl, dass wir zwei in einer Art weichen, wattigen Stille verbunden waren.
    In diesem Augenblick tauchte Mark in der Tür auf und sagte, er wolle nachsehen, wie weit es mit dem Weihnachtspudding sei. «Es war Julias Idee, ehrlich. Ich soll euch von ihr ausrichten, dass sie so weit ist.»
    «Noch ein paar Minuten, Schatz. Kannst du das auch den anderen sagen?»
    Mark sauste davon, und Ellie streckte mir ihre Hand entgegen. Ich wusste nicht, ob ich danach greifen sollte, aber dann hob auch ich zaghaft den Arm. Sie drückte meine Hand.
    Ich erwiderte den Händedruck.
    Ihr Lächeln schwebte mir über dem Tisch entgegen, nahm mich in ihrem Herzen auf, so, wie sie mich in ihrem Heim aufgenommen hatte.
    «Ich fühle mich ganz schrecklich», flüsterte ich.
    «Aber nein, das müssen Sie nicht. Alles wird gut werden. Sie werden sehen. Geben Sie ihnen – geben Sie uns allen – ein wenig Zeit. Ein wenig Zeit, damit wir diese unerwartete Nachricht begreifen können. Aber wir werden das schaffen.»
    Ich nickte hoffnungsvoll.
    «Ich habe schon letzte Nacht gewusst, dass etwas Besonderes ist an Ihnen. Jetzt weiß ich, was es ist. Sie haben seine Augen. Wussten Sie das? Sie haben die Augen Ihres Vaters. So klar wie ein blauer Himmel an einem Frühlingsmorgen.»
    Jetzt war es Julia, die ins Esszimmer stürmte. «Mami, Mark hat gesagt, dass ich keinen Pudding bekomme, weil ich meinen Truthahn nicht aufgegessen habe!»
    «Doch, du bekommst deinen Pudding, mein Schatz. Dein Bruder hat dich auf den Arm genommen. Beachte ihn einfach nicht.»
    Sie stemmte eine Faust in die Seite und verkündete kategorisch: «Aber, Mami, wie soll ich ihn denn nicht beachten? Er gehört doch zur Familie, oder nicht?»
    Ellie und ich lächelten uns an. «Julia, er ist nicht der Einzige, der zu dieser Familie gehört. Jeder von uns hat hier seinen Platz.»
    Ich verstand den wunderbaren Sinn von Ellies Worten. Sie hatten mich angenommen. Auch ich war ein Teil dieser Familie. Ich gehörte hierher.
    «Mami, würdest du bitte kommen und Mark sagen, dass ich auch meinen Pudding bekomme?»
    «Ja, ja, ich komme.» Zu mir gewandt, fügte sie hinzu: «Sie entschuldigen mich bitte? Ich bin gleich zurück.»
    «Natürlich. Ich kann ja schon mal anfangen, den Tisch abzuräumen.»
    «Das wäre sehr nett.»
    Julia grinste zufrieden. Bevor sie das Esszimmer zusammen mit ihrer Mutter verließ, hielt sie die Hand hoch und zwinkerte mir zu. Sie wackelte mit den Fingern, damit ich auch sah, dass sie den rosa Diamantring trug, den ich ihr von meinem Knallbonbon gegeben hatte. Ich wusste, damit war unsere Freundschaft besiegelt.
    Während ich die Teller zusammenstellte, wanderten meine Gedanken zurück zu allem, was geschehen war, seit der Nordwind mich nach Carlton Heath geweht hatte. Der schönste Gedanke aber war, dass ich nicht länger allein war.
    Ich griff nach einer der albernen Papierkronen, setzte sie auf und grinste mein Spiegelbild in dem dicken Glas von einem der Gemälde an der Wand an. Da hörte ich, dass noch jemand ins Esszimmer getreten war. Ich drehte mich um und erwartete Ellie zu sehen.
    Doch es war ein neuer Gast. Ein Mann in meinem Alter mit einem ausgeprägten Kinn und sanft fragenden Augen stand vor mir. Er trug einen Tweedblazer über einem schwarzen Rollkragenpullover. Sein hellbraunes Haar war vom Wind zerzaust, als ob er gerade in einem Sportwagen hergefahren wäre.
    «Sie müssen Miranda sein», sagte er. Er rollte das «R» genauso wie sein Vater.
    Schnell nahm ich die Papierkrone vom Kopf. «Und Sie müssen Andrews Sohn sein.»
    «Ian», sagte
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