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Das Weihnachtshaus

Das Weihnachtshaus

Titel: Das Weihnachtshaus
Autoren: Robin Jones Gunn
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dran?»
    Ich schaute mich auf dem Tisch um, aber ich konnte keine Knallbonbons entdecken. Auch bei den Häppchen waren keine dabei gewesen.
    Ellie stellte die Platte mit dem Truthahn vor Edward an das eine Ende der Tafel und nickte ihm zu.
    All das faszinierte mich. Ich fand diese Familientraditionen reizvoller und beruhigender, als ich erwartet hätte. Sie hatten System. Es gab eine Reihe unausgesprochener Regeln. Jeder kannte seine Rolle. Alles in diesem Heim folgte einer gewissen Ordnung und einem steten Rhythmus. Nie wieder würde ich Anhänger von Traditionen und ihre konservative Art kritisieren. Wenn man es richtig anstellte, wirkten Sitten und Gebräuche unwiderstehlich beruhigend.
    Margaret saß am anderen Ende der gedeckten Tafel. Ellie saß in der Mitte, mir gegenüber und der Tür am nächsten. Die Kinder, Andrew, Katharine und ich nahmen die restlichen Plätze ein. Der Kreis schien geschlossen.
    «Also gut. Wollen wir dann das Tischgebet sprechen?», fragte Edward.
    Ich beobachtete, wie die anderen die Hände falteten und den Kopf senkten. Sogar Julia wusste, was sie zu tun hatte. Ich war die Letzte, die den Kopf senkte, aber ich tat es gern. Das von Edward respektvoll und herzlich gesprochene Gebet nahm mich gefangen. Er sprach sein Dankgebet so, wie ein dankbarer Sohn mit seinem Vater sprechen würde.
    In diesem Raum, an diesem Tisch, mit diesen Menschen fühlte ich mich angenommen. Man hatte mich eingeladen, hereinzukommen. Und ich war unter dem ewigen Motto von Gnade und Frieden eingetreten.
    Nun galt es herauszufinden, wie die Whitcombes reagierten, wenn sie erfuhren, wer ich war.

ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    «Sind jetzt unsere Knallbonbons dran?», fragte Julia, sobald ihr Vater das Gebet beendet hatte.
    «Ja, du zuerst, Julia.»
    Sie griff nach einem Partyartikel in Papier. Jeder von uns hatte so einen neben dem Teller liegen. Das Papier war an beiden Enden zusammengedreht, sodass er aussah wie ein übergroßes eingewickeltes Bonbon. Julia hielt mir ein Ende entgegen. Ich hatte noch nie zuvor so ein Weihnachtsknallbonbon gesehen und wusste nicht, was ich damit machen sollte.
    «Du hältst das eine Ende fest, du Dummerchen», sagte Julia. «Und ich zieh am anderen.»
    Es gab einen lauten Knall, und es roch so, als wäre ein Streichholz abgebrannt worden, und schon verteilte sich der Inhalt von Julias Knallbonbon auf dem Tisch. Sie hob ein gefaltetes Stück Papier auf, klappte es auf und setzte sich die gezackte Papierkrone auf den Kopf.
    «Soll ich dir dein Rätsel vorlesen, Ju-Ju?» Mark lehnte sich eifrig über den Tisch.
    «Ich kann es selber lesen», antwortete sie.
    «Nein, kannst du nicht.»
    «Mark», sagte sein Vater streng.
    Wir warteten, bis Julia nach einem kleinen Stück Papier griff, das aus dem Knallbonbon gefallen war. Es sah aus wie die Zettelchen aus den Glückskeksen, es war nur etwas breiter.
    Konzentriert betrachtete sie die Botschaft. Ich konnte sehen, dass sie den Zettel verkehrt herum hielt.
    Sie schob das Kinn vor und sagte: «Es ist nicht besonders lustig.»
    Alle lachten.
    Julia nahm sich das letzte Teil ihres Knallbonbons. Es war ein kleiner Kompass, ungefähr daumennagelgroß. Sie drehte ihn hin und her und schien sich zu fragen, was das war und was sie damit wohl anstellen konnte. Ohne ihre Ratlosigkeit einzugestehen, sagte sie fröhlich: «Ich habe gedacht, ich bekäme ein kleines Pony.»
    Alle glucksten.
    «Vielleicht können wir tauschen.» Mark zog kräftig an beiden Enden seines Knallbonbons, und heraus sprang ein winziger Kreisel, der gegen den geschwungenen Stiel seines Löffels stieß und sich dort weiterdrehte, bis er schließlich umfiel.
    «Hast du das gesehen?»
    «Wir können tauschen, Mark.» Julia hielt ihm schnell den Kompass hin. «Aber ich glaube, die Uhr ist kaputt, weil sie so wackelig läuft.»
    Mark setzte seine Papierkrone auf und sagte diplomatisch: «Lass uns erst mal sehen, was die anderen so bekommen, Ju-Ju. Soll ich dir dein Rätsel jetzt vorlesen?»
    Sie gab es ihm, und Mark las vor: «Welcher Stuhl hat keine Beine und kommt doch hoch hinaus?»
    «Der Fahrstuhl.» Das hatte ich schon Jahre nicht mehr gehört.
    «Woher wussten Sie das?», fragte Mark.
    «Ich denke, in Amerika haben wir die gleichen Scherzfragen wie ihr hier.»
    «Jetzt dein Knallbonbon», drängelte Julia.
    Alle Erwachsenen schlossen sich an, und ein Chor aus Knallern war zu hören, der vom immer stärker werdenden Geruch nach abgebrannten Streichhölzern begleitet wurde. Zu
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