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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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Häuschen«, grinste er und schnippte seinen Zigarettenstummel vor das Tor, »wollten Sie es kaufen?«
    »Nee«, grinste Otto Lobedanz zurück, »ist uns zu popelig, die Räume sind für unsere Möbel zu klein, und die Kinder wollen einen größeren Garten haben.«
    »Wollen Sie zum Alten Markt zurück, oder soll ich Sie woanders abladen?«
    »Eichendorffstraße 17!« sagte Otto Lobedanz fest.
    »Otto!« schrie Sonny Sonntag auf.
    »Nichts da!« sagte er und drückte sie sanft ins Polster zurück, »das war für uns ein Tag voller Überraschungen — und ein Tag voller Überraschungen soll er auch für Frau Lobedanz werden!«
    »Ottle, das gibt eine Katastrophe!«
    »Von mir aus!« sagte er kühn. »Ich habe die Heimlichkeiten satt. Jetzt lasse ich es drauf ankommen. Lieber ein Ende mit Schrecken als dieses endlose Versteckspielen!«
    Sonny atmete tief durch: »Also dann: auf in den Kampf!«
    Frau Lobedanz war gerade dabei, den Rock ihres Herbstkostüms um zwei Zentimeter zu kürzen, als Otto Lobedanz ins Zimmer trat. Die Nähmaschine stand mitten im Raum, und auf den Stühlen hingen ein halbes Dutzend Kleider.
    »Nimm die Stecknadeln aus dem Mund, Mama, und setz dich fest hin!« Er drückte sie in den einzigen Sessel, der frei war, griff nach hinten und zog Sonny aus dem dunklen Flur ins Zimmer hinein.
    »Mein Gott, Fräulein Sonntag!« stöhnte Frau Lobedanz und warf einen verzweifelten Blick in die Runde, »diese Unordnung! Was müssen Sie von mir denken? Otto, wie konntest du mir das antun?«
    » Aber, Frau Lobedanz, das ist doch keine Tragödie...«
    »Ruhe, meine Damen!« befahl Otto Lobedanz, warf ein Kleid auf die Couch und führte Sonny Sonntag zu dem frei gemachten Sessel, »jetzt rede ich!«
    Und dann legte er los. Von der Unterredung mit Kommissar Knuffka. Von der Anzeige der Frau Pütterich. Von der höhnischen Aufforderung des Kommissars, Herrn Schnürchen in der Jakobsgasse zu suchen. Von dem Intermezzo mit Frau Terzenbach. Von der Fahrt nach Wilhelmshöhe. Von dem Schloß und von dem Park und von dem Pavillon auf der Höhe des Hügels. Vom Augenblick des Läutens am Portal bis zur Begegnung mit Frau Niebelschütz...
    »Mein Gott, Otto, mach es nicht so spannend!« keuchte Frau Lobedanz, »du wirst doch nicht sagen wollen, daß der Besitzer von Schloß und Park in einer Gegend, wo der Quadratmeter Boden nicht mit Geld zu bezahlen ist, unser Herr Schnürchen ist?«
    »Genau, Mama!«
    »Ja, Frau Lobedanz«, bestätigte auch Sonny Sonntag, »der ganze Besitz gehört unserm Herrn Schnürchen, und er ist der Chef vom Versandhaus Zentral mit Filialen in allen großen Städten...«
    »Und diesen Mann hast du zum Schweinebraten eingeladen!«
    »Und wenn er Millionen und aber Millionen besitzt, Ottochen«, sagte Frau Lobedanz und klopfte mit den Knöcheln auf die Lehne ihres Sessels, »solch einen Schweinebraten kriegt der für all sein Geld im feinsten Restaurant nicht vorgesetzt!«
    »Und deshalb kommt er auch zu Ihnen, Frau Lobedanz!«
    »Was?!« schrie Frau Lobedanz, »wann?!«
    »Später einmal, Mama. Vorläufig sind wir alle, die wir in dem Abteil und in der Villa Annabella zusammen waren, für Samstagabend, acht Uhr, zu ihm zu einer kleinen Feier eingeladen.«
    »Um Himmels willen!« stöhnte Frau Lobedanz und ließ die Augen über die auf den Stuhllehnen hängenden Kleider wandern, »was zieht man da an?«
    »Das Blauseidene, Mama, darin bist du eine Wucht.«
    »Ach, ich weiß nicht, Otto, ob ich nach den vielen Spaghetti...«
    »Nicht doch, Frau Lobedanz, ich möchte wetten, daß Sie kein Gramm zugenommen haben.«
    »Meinen Sie wirklich, Fräulein Sonntag?« Sie erhob sich, zog das blauseidene Kleid, das sie an jenem denkwürdigen Tage in den Bollesälen getragen hatte, unter einem dunkelgrünen Wollkleid hervor, und legte den Rocksaum um die Taille: »Ich glaube wirklich, daß es noch paßt«, murmelte sie. Und nach einer kleinen Weile: »Kinder, ihr könnt sagen, was ihr wollt, aber daß unser Herr Schnürchen etwas Besseres ist, das war mir vom ersten Augenblick an klar. Und die Gespräche, die ich mit dem Mann führte, ich muß schon sagen, wenn der so von den alten Römern erzählte, und wie sie die Sklaven zerhackt und damit die Aale gefüttert haben, da spürte man doch die Bildung aus jedem Wort. Na ja, ich will zugeben, daß er gleich so gebildet sein würde«, und sie rieb den Daumen gegen den Zeigefinger, »das habe ich natürlich nicht geahnt.«
    Otto Lobedanz wechselte mit Sonny Sonntag
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