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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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nicht sein, Ottle...!«
    »Ich spüre das Herz im Halse«, flüsterte er und zog sie mit sich. Sie traten aus den Bäumen heraus und überquerten ein Rondell, in dessen Mitte ein stillgelegter Springbrunnen stand, ein Jäger, der aus einer steinernen Brunnenschale durstig Wasser schöpfte. In der Mitte des Hauses wurde eine Doppeltür geöffnet, und auf die von steinernen Blumenkästen eingefaßte Veranda trat eine ältere Dame hinaus, die den beiden jungen Leuten ein paar Schritte entgegenkam und sie mit einer einladenden Geste zum Nähertreten bat. Otto Lobedanz wäre fast über eine der beiden Stufen gestolpert, die auf die Terrasse hinauf führten.
    Otto Lobedanz stellte sich mit einer höflichen Verbeugung vor und übernahm auch die Vorstellung von Fräulein Sonntag.
    »Ich heiße Niebelschütz und leite hier den Haushalt«, sagte die Dame mit einem liebenswürdigen Lächeln. Sie trug ein braunes Jerseykleid und hatte das graue Haar zu einem Knoten aufgesteckt. »Leider muß ich Ihnen sagen, daß Herr Schnürchen nicht daheim ist. Er hält sich zur Zeit in Paris auf und wird wohl erst morgen oder übermorgen von seiner Reise zurückkehren. Soll ich ihm von Ihnen etwas ausrichten, Herr Lobedanz?«
    »Ach, gnädige Frau«, stotterte Otto Lobedanz, »ich fürchte, daß es sich da um eine große Verwechslung handelt. Wir lernten nämlich auf einer Italienreise vor etwas mehr als vier Wochen einen Herrn namens Hermann Schnürchen kennen. Es war eine Feriale-Reise, und wir waren zu sechsen in einem Abteil und später in Rimini auch im gleichen Hotel zusammen...«
    »In der Villa Annabella, nicht wahr?« fragte Frau Niebelschütz mit einem verschmitzten Lächeln.
    Otto Lobedanz und Sonny Sonntag starrten sie aus großen Augen an: »Woher wissen Sie das?« riefen sie gleichzeitig.
    »Weil Herr Schnürchen mir viel von Ihnen beiden, von den Damen Lobedanz und Pütterich und von den Ereignissen dieser Italienreise erzählt hat. Er kam so aufgekratzt und aufgemöbelt aus Italien zurück, wie ich ihn seit Jahren nicht mehr erlebt habe.«
    »Ach, du liebe Güte«, ächzte Otto Lobedanz und stützte sich auf Sonnys Arm, »uns gegenüber hat er sich als Flötist und pensionierter Musiker ausgegeben...«
    »Und ich habe ihm mit zwanzig Mark aus der Klemme helfen wollen, als man ihm sein Geld gestohlen hatte!«
    »Das hat er Ihnen hoch angerechnet, Fräulein Sonntag.«
    »Und ich habe ihm fünfzig Mark gegeben«, stöhnte Otto Lobedanz, »und das Schlimmste wissen Sie noch nicht, daß Frau Pütterich ihn bei der Polizei angezeigt hat...«
    »Doch«, entgegnete Frau Niebelschütz, »das weiß ich bereits, denn vor einer knappen Stunde hat mich ein Kommissar namens Knuffka angeläutet. Nun, ich habe die Sache in Ordnung gebracht und möchte auch Ihnen beiden sagen, daß Herr Schnürchen sich längst bei Ihnen gemeldet hätte, wenn er nicht zwei Tage nach seiner Ankunft aus Italien in ganz dringenden Geschäften hätte nach Paris reisen müssen. Aber er hat mich gestern angeläutet und gebeten, Sie alle, die Sie in dem Abteil des Feriale-Zuges und später in der Villa Annabella zusammen waren, für Samstagabend, acht Uhr, zu einer kleinen Feier nach Wilhelmshöhe einzuladen. Herr Kowalski, der Chauffeur von Herrn Schnürchen, wird Sie mit dem Auto abholen. Ich hoffe doch, daß Sie Herrn Schnürchen keine Absage geben werden?«
    »Ach nein, gnädige Frau, natürlich nicht... Ganz im Gegenteil, möchte ich sagen...Ach, wissen Sie, ich bin noch ganz durcheinander, und ich sehe Fräulein Sonntag an, daß es ihr genauso geht wie mir...«
    Sonny konnte nur stumm nicken.
    »Aber nun bitte ich Sie, gnädige Frau, verraten Sie mir, warum Herr Schnürchen in Italien in der Flötistenrolle aufgetreten ist und sich von meiner Mutter zum Schweinebraten einladen ließ als armer, alter Junggeselle...«
    »Den Schweinebraten Ihrer Frau Mutter läßt Herr Schnürchen sich bestimmt nicht entgehen, Herr Lobedanz«, sagte Frau Niebelschütz lachend, »aber auf Ihre Fragen zu antworten, ist nicht meine Sache. Das wird Herr Schnürchen selber tun, wenn Sie am Samstag hier erscheinen.«
    Sonny Sonntag warf einen Blick auf ihre Uhr und zupfte Otto Lobedanz am Ärmel: »Unser Taxi, Ottle...«
    Sie verabschiedeten sich von Frau Niebelschütz und liefen zu dem Auto zurück. Sie hatten die Viertelstunde um fünf Minuten überschritten, aber der Taxifahrer winkte großzügig ab, als sich Otto Lobedanz für die Verspätung entschuldigen wollte: »Ganz nettes
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