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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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vorderen Ledersitzen Platz nahmen, »wer hätte sich das träumen lassen, daß unser kleiner Herr Schnürchen der große Boß vom Versandhaus Zentral ist! Und ich fürchte fast, daß ich ihn einen Gurgelabschneider genannt habe...«
    »Nicht direkt, Frau Pütterich«, sagte Otto Lobedanz, »aber daß Sie ihn bei der Polizei angezeigt haben...!«
    »Na, hören Sie, Herr Lobedanz, vor acht Tagen schicke ich eins von meinen Lehrmädchen in die Jakobsgasse, um den armen kleinen Mann zum Kaffee einladen zu lassen, und was soll ich Ihnen sagen?«
    »In der ganzen Jakobsgasse gab es keinen Schnürchen und hat es nie einen gegeben.«
    »Genau! Und dann habe ich meine Mädels die ganze Straße abklappern lassen, mit dem gleichen Ergebnis, daß ein Hermann Schnürchen dort nie gewohnt hat. Und da sagte meine Schwägerin Hedwig — Sie wissen, das arme Ding mit der hohen Schulter — Dorchen, sagte sie, da gibt’s nur eins: Polizei!« Sie beugte sich plötzlich vor und starrte auf Sonny Sonntags linke Hand: »Ja, Fräulein Sonntag, was sehe ich denn da an Ihrem Finger blitzen?«
    »Was sagen Sie dazu, Frau Pütterich«, sagte Frau Lobedanz stolz, »die Kinder haben sich verlobt!«
    »Rimini...!« seufzte Frau Pütterich, nachdem sie Frau Lobedanz und die Verlobten beglückwünscht hatte, »ja, so ein Badeort hat es in sich...Wie sagte mein seliger Pütterich immer, wenn wir in Norderney im Strandkorb saßen und die anderen Strandkörbe beobachteten? Dorchen, sagte er...« Aber dann lachte sie glucksend auf und preßte ihre kleine Hand vor die Lippen, »nein, ich will es lieber nicht sagen, mein Pütterich machte manchmal recht unpassende Bemerkungen.«
    Gewiß hätten auch noch Fräulein Lenz und Herr Blumm in dem riesigen Wagen Platz gefunden, aber Herr Schnürchen hatte die beiden von einem Taxi abholen lassen, das der Mercedes kurz vor dem Ziel überholte. Auf ein kurzes Hornsignal von Herrn Kowalski öffneten sich die Torflügel des Einfahrtsbogens, und beide Wagen rollten vor das Haus. Herr Schnürchen kam seinen Gästen über die Terrasse entgegen. Es war noch hell. Der Himmel hing grau und niedrig über den Hügeln, aber es regnete nicht, und die Luft war sommerlich mild. Die vom Regen zerrupften Geranien waren aus den alten, steinernen Blumenkästen, die die Terrasse umsäumten, entfernt worden, dafür blühten jetzt feuerrote Salvien darin. Acht bequeme, mit bunten Kissen und Rückenlehnen gepolsterte Korbsessel waren um einen niedrigen Tisch gruppiert, auf dem die Bowlengläser schon bereitstanden.
    »Was für eine Freude, Sie alle wiederzusehen!« rief Herr Schnürchen herzlich und schüttelte jedem die Hand. Er entdeckte dabei die funkelnden Verlobungsringe und freute sich so aufrichtig darüber, als wäre diese Verlobung sein Werk.
    »Ach, Herr Schnürchen«, flüsterte Sonny Sonntag ihm zu, »daß alles so glatt ging, haben wir nur Ihnen zu verdanken, und wenn Sie noch der kleine Flötist von Rimini wären, dann würde ich Ihnen einen Kuß geben. Aber so...«
    »Ich habe mich nicht verändert, Fräulein Sonntag, ich bin der gleiche geblieben, der ich in Rimini war.« Und er hob sich auf die Zehenspitzen, um den Kuß in Empfang zu nehmen.
    »Da wären wir also alle wieder versammelt«, sagte er, »mit einer Ausnahme: Herr von Berg läßt sich entschuldigen. Die Testfahrten einer neuen Serie, die im Herbst herauskommen soll, sind in vollem Gange, und er konnte sich für diesen Tag leider nicht frei machen...«
    »Wie er wohl aussehen mag, der arme Junge?« warf Frau Pütterich ein.
    »Ich nehme an«, meinte Herr Blumm sachkundig, »daß er inzwischen wieder ein menschliches Gesicht zurückgewonnen hat.«
    Herr Schnürchen nötigte seine Gäste liebenswürdig, in den Korbsesseln Platz zu nehmen. Er selber blieb neben dem Gartentisch stehen.
    »Meine Damen und Herren, liebe Freunde«, begann er, »bevor Frau Niebelschütz, die mir seit vielen Jahren den Haushalt führt, die Bowle zum Begrüßungstrunk bringt, möchte ich Ihnen eine Erklärung abgeben. Ich bin sie Ihnen schuldig, denn Sie haben sich inzwischen natürlich gefragt, wie kam dieser Schnürchen dazu, uns solch ein Theater vorzuspielen. Dabei wäre mein Stück beinahe schon vor Beginn des ersten Aktes gescheitert, als Frau Pütterich über meinen Namen stolperte und mich fragte, ob ich etwa jener Schnürchen sei, mit dem sie eine lange Geschäftsverbindung besaß, die in Zukunft hoffentlich noch enger werden wird.«
    »Oh, Herr Schnürchen...!« seufzte
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