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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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Wald und Bauernhöfe, und inmitten von Parks ein paar Villen, wo die ganz großen Bonzen wohnen...«
    »Du solltest natürlich schon längst zum Abendbrot daheim sein, Ottle...«
    »Ach was!« sagte er unternehmungslustig, denn er wußte genau, was jetzt kommen würde.
    »Na los, Ottle, dann fahren wir eben hinaus und schauen uns die Geschichte an! Denn ich könnte die ganze Nacht kein Auge zumachen, wenn ich in dieser Ungewißheit steckenbleiben müßte.«
    »Und weil es jetzt schon Wurscht ist«, sagte Otto Lobedanz entflammt und schlug die Faust klatschend in die flache Hand, »spendiere ich uns ein Taxi, und wenn der Spaß mich zwanzig Emmchen kostet!«
    »Geteilter Schmerz ist halber Schmerz, Ottle, du zahlst die Hinfahrt, und die Rückfahrt geht auf mein Konto!«
    Sie liefen durch die Lange Zeile zum Alten Markt zurück, wo sich in der Nähe der Trambahnhaltestelle ein Taxistand befand. Sonny verhandelte mit dem Chauffeur — schließlich war sie im Transportgeschäft tätig —, und er erklärte sich bereit, die Fahrt für zwanzig Mark zu machen, wenn er draußen nicht länger als eine Viertelstunde zu warten brauchte.
    Die Villa Schnürchen, ein Biedermeierschlößchen mit hohem Walmdach, einst fürstlich Hockenheimscher Besitz und wahrscheinlich als Jagdhaus errichtet, lag nicht mehr in der Abgeschiedenheit der grünen Hügellandschaft, in die sich ihr Erbauer von politischen Geschäften zurückzuziehen gewünscht hatte. Die Stadt hatte sich weit ins Land hineingefressen, die Bauernhöfe waren längst parzelliert worden, und Villen und moderne flache Bungalows waren in die Nähe des Parks gerückt, den eine Mauer mit schmiedeeisernem Gitterwerk gegen die Straße zu abschloß.
    Das Taxi hielt vor dem mächtigen Torbogen, von dem eine breite, von Taxushecken umsäumte Auffahrt zum Hause hinführte. Es lag hinter Baumgruppen halb versteckt, auf halber Höhe eines Hügels, dessen höchste Erhebung ein dem Monopteros ähnelnder offener Pavillon krönte, acht schlanke Säulen, die eine schiefergedeckte Kuppel trugen.
    Sonny ließ den Blick über das Haus, über Buschwerk, Grünflächen und über die kunstvollen Anlagen wandern, auf denen um diese Zeit Rosen und Gladiolen in verschwenderischer Fülle blühten. Ein Gärtner in grüner Schürze war gerade dabei, die Rabattenränder einer Anlage mit roten und geben Rosen abzustechen.
    »Ach, Ottle«, sagte sie mit einem langen Seufzer, »den Weg und die zwanzig Mark hätten wir uns sparen können. Hier also soll unser kleines Schnürchenmännchen wohnen...!«
    Otto Lobedanz trat an das Tor, in dessen rechten Pfeiler eine Sprechanlage eingebaut war. Ein kleines Messingschild über dem Klingelknopf trug in kleinen Buchstaben den Namen des Besitzers von Schloß und Park: Schnürchen...
    »Wahrscheinlich hältst du mich jetzt für verrückt, Sonny«, sagte Otto Lobedanz und starrte auf das winzige Namensschild, »aber irgendwie paßt dieses Stückchen Messingblech mit den kleinen Buchstaben und dem klein geschriebenen S genau zu unserem Herrn Schnürchen...«
    »Ich halte dich nicht für verrückt, Ottle«, sagte Sonny zärtlich und kniff ihn in den Arm, »oder höchstens für ein ganz klein bißchen...Komm, Liebling, was wollen wir hier noch?«
    »Jetzt will ich es aber ganz genau wissen!« sagte Otto Lobedanz und drückte auf den Klingelknopf.
    »Otto!« rief Sonny Sonntag und trat erschrocken einen kleinen Schritt zurück.
    »Pssst!« machte er und starrte auf die Sprechanlage.
    »Sie wünschen...?« klang es aus der Membrane.
    »Mein Name ist Otto Lobedanz, ich will Ihnen weder Staubsauger noch illustrierte Zeitungen anbieten, es handelt sich um eine ganz private Angelegenheit...«
    »Sagten Sie Lobedanz?«
    »Ja, Otto Lobedanz...«
    »Drücken Sie, bitte, auf die Tür...«
    Ein Summen ertönte. Otto Lobedanz drückte gegen die schmiedeeiserne Pforte und zog Sonny Sonntag hinter sich her. Sie gingen zwischen den Hecken über den knirschenden Kiesweg auf das Haus zu. Der Gärtner schaute zu ihnen herüber und zog seinen verwitterten Strohhut zum Gruß.
    »Oh, Ottle«, flüsterte Sonny, »ich habe ganz weiche Knie...«
    »Mir ist auch ziemlich komisch zumute«, flüsterte er.
    »Diese Stimme aus dem Lautsprecher...«, murmelte Sonny, »als sie sagte >Sagten Sie Lobedanz?<, das klang doch, als ob ihr dein Name nicht fremd wäre, ja, ich möchte fast sagen, als ob du erwartet würdest...«
    »Hattest du auch dieses Gefühl?« fragte er beklommen.
    »Aber das kann doch
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