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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
Autoren: Sheri S. Tepper
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wurde es zu Dämonenauge Neun, und sie verschwanden ebenso. Sind sie gefangengenommen worden? Unterherolde suchten, Ranzelmänner forschten. Wir fanden nichts. Die Verschwundenen sind einfach fort.
    Trotzdem verfolgen wir weiter unser Ziel, unsere Studien. Himaggery, seine Verbündeten, Windlows ehemalige Schüler. Obwohl unsere Verbündeten verschwinden, wächst die Zahl unserer Anhänger – aber langsam, zu langsam. Ich warnte Himaggery, nicht zuviel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Bannerwell war ein Fehler, aber wir mußten es tun. Moralisch richtig, aber taktisch falsch, wie Windlow sagen würde. Jetzt ist es also geschehen. Offenbar ahnte Windlow etwas, als er dir sagte, du würdest gebraucht. Auf jeden Fall gehe ich jetzt und versuche, die Dinge zusammenzuhalten, während du dich auf den Weg machst, Mavin zu finden – denn wir brauchen sie. Ihren klugen Verstand, ihre verschwiegenen Wege, ihren strategischen Spürsinn. Du hilfst am meisten, wenn du sie suchen gehst, was du ja ohnehin vorhattest.«
    Es wäre unhöflich gewesen, ihm zu widersprechen. Ihm war ernst mit dem, was er sagte, es war nicht einfach nur Gerede, um mich zu trösten. Ich schluckte meinen Stolz hinunter und stimmte zu, traurig, daß ich früher meine Hilfe verweigert hatte und daß es jetzt dazu zu spät war. Mertyn zog mich an sich.
    »Mark me, thalan. Du besitzt das Abbild Dorns. Ich weiß, es widerstrebt dir, es zu benutzen, aber gebrauche es trotzdem, wenn du die Möglichkeit dazu hast. Frage die Toten nach Himaggery und Windlow. Wenn du zufällig noch weitere deiner Spielfiguren benutzt – nein, sage jetzt nichts, Junge – dann suche nach Himaggery und Windlow. Selbst ungenaue Antworten sind besser als keine Antworten.«
    Er küßte mich und ging. Ich blieb allein in seiner Behausung zurück, inmitten des durchs Packen verursachten Chaos, der Dinge, die aus halboffenen Kisten hingen, der Dokumente, die auf seinem Tisch verstreut lagen und der Landkarten, die aus ihren Behältern quollen, eine Unordnung, die eindringlicher als Worte von Mertyns innerer Verfassung sprachen. Ich verbrachte eine Stunde damit, Ordnung zu schaffen, und machte mich dann daran, meine eigenen Reisevorbereitungen zu treffen und mich von Chance zu verabschieden.
    Das war nicht leicht. Er wollte nicht akzeptieren, daß ich allein gehen mußte. Er stimmte nur zu, weil Mertyn es so angeordnet hatte, und diesem Befehl konnte er sich genausowenig widersetzen wie ich. Schließlich sagte er mir, er würde zur Leuchtenden Domäne zurückkehren, um dort auf mich zu warten. Das wiederholte er zwei oder drei Mal, als wollte er dadurch bekräftigen, daß es auf jeden Fall so sein würde. Ich bin sicher, daß seine Worte mich mehr beruhigten als ihn. Vielleicht lag das auch in seiner Absicht. Die Ungewißheit darüber, was als nächstes passieren würde, beschäftigte mich so, daß ich nicht weiter auf Karl Schweinsgesicht achtete, und durch mein verächtliches Schweigen (wie er und seine Anhänger es deuteten) wurde sein unerfreuliches Benehmen endgültig gefestigt und richtete dauerhaften Schaden an. Damals dachte ich überhaupt nicht mehr an an ihn.
    Ich ritt im frühen Tageslicht aus der Schulstadt. Bannerwell lag drei Tagesritte entfernt, doch ich brachte den Weg in zwei Tagen hinter mich, weil ich bis spät in die Nacht ritt, morgens ganz früh wieder aufstand, im Sattel aß und die Landschaft um mich herum keines Blickes würdigte.
    Havajordeich liegt genau östlich von Bannerwell. Ich erreichte den Wall spät abends, das letzte Tageslicht nur noch ein Nachglühen am Himmel, wo die hochstehenden Wolken einen Rest Licht spiegelten. Über den Wolken schien ein Stern, nur ein einziger, der zitterte mit seinem braunblauen Geruch nach Nacht wie eine Träne in der Traurigkeit der Abenddämmerung, flackernd, als hätte er winzige Flügel. Ich sah eine einsame Gestalt auf dem Deich stehen, die sich schwarz vor dem Glühen abzeichnete, und ritt auf sie zu, um mich nach einer Unterkunft für die Nacht zu erkundigen. Als ich näher kam, sah ich, daß es Rätsel war, Tossas Vater, dieser hagere Unveränderliche, der mit Chance und Yarrel nach Bannerwell gekommen war, um der Schlacht ein Ende zu bereiten, sie unnötig zu machen.
    Ich war verwundert, daß er keine Furcht zeigte, als er sich nach mir umwandte. Seitdem ich die Leuchtende Domäne verlassen hatte, war mir kein Fremder begegnet, der nicht vor mir zurückgeschreckt wäre oder zumindest neugierig und ehrfurchtsvoll
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