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Das vierte Skalpell

Das vierte Skalpell

Titel: Das vierte Skalpell
Autoren: Hans Gruhl
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sprach
Nogees weiter.»Ich wollte gerade zu seiner Wohnung, als Fräulein Jacobs anrief.
Ich sah Sie schon dasitzen wie Wildbolz.«
    Er verstummte. Evelyn faßte meine Hand.
    »Er hat mir ziemlich zugesetzt«, sagte
ich. »Die Rumflasche hat mich gerettet. Kein Wort mehr gegen Alkohol, solange
ich lebe!«
    »Und der Panzer«, sagte Nogees. »Danken
Sie dem Himmel und dieser Dame hier. Mit dem Panzer hat er nicht gerechnet.«
    »Warum sollte immer nur er Glück
haben«, sagte ich. »Hat ihm der Stuhl viel geschadet?«
    »Es geht. Der Schädel ist ganz.
Allenfalls eine kleine Gehirnerschütterung. Unser Doktor hat ihn schon
verarztet.«
    »Kaum daß er aufwacht, hat er schon
wieder mit Ärzten zu tun«, sagte ich. »Er wird nach heute abend noch viel
schlechter auf diesen Stand zu sprechen sein.«
    »Anzunehmen. Und Ihre Chirurgie braucht
auch noch einen neuen Oberpfleger. Ziemlich durchgreifender Schichtwechsel
das.«
    Evelyn fragte: »Was wird aus ihm?«
    Nogees schob die Unterlippe vor.
    »Lebenslänglich — wenn nicht irgendein
findiger Advokat einen Jagdschein für ihn herausholt.«
    Evelyn schwieg. Ich sah an ihren Augen,
daß sie Mitleid mit ihm hatte, aber sie sagte es nicht. So sind Frauen nun mal.
    Jetzt, nach den Worten des Kommissars,
wurde mir alles glasklar.
    Ruschke.
    Bei allen Operationen hatte er in der
Nähe gestanden. Er war der vierte Mann, nicht Bonnet.
    Ich dachte an unsere erste Unterredung
in der Kantine, bei der ich seine Abneigung gegen die Ärzte gespürt hatte.
    An seine Frage, wann Stickhahn mich zur
Vorstellung bestellt hätte...
    An seine Schweigsamkeit auf dem Wege zu
meiner Wohnung, den er schon einmal gegangen war...
    Ich erinnerte mich an seine Fragerei
nach Wildbolz. Die ganze Zeit mußte er gewußt haben, daß niemand anderes als
ich die Leiche gefunden haben konnte, und er mißtraute mir und achtete auf
jedes meiner Worte.
    Er hatte versucht, meinen Verdacht
gegen Steimle zu bestärken, indem er mir von dessen Interesse an Evelyn
erzählte. Jetzt verstand ich auch seine Betroffenheit, als ich ihm meinen
Einfall mit dem Operationsteam verriet.
    Was für einen gesegneten Dusel hatte
ich an den Tag gelegt, daß er frei hatte, ,als ich die Operationsberichte
ausgerechnet von ihm haben wollte! Er hätte mich gleich an diesem Tag erledigt,
und Nogees hätte einen Toten mehr gehabt, und nichts weiter.
    Ich dachte daran, wie er in das
Archivzimmer geschaut hatte, als ich mit Lahringer darin war. Er wollte sich
vergewissern, ob ich schon nach den Berichten suchte.
    Heute früh hatte er gefragt, wann unser
Ritterball losginge, und er war aufgeregt wie noch nie, als er vorhin gekommen
war, mit dem Messer in der Tasche und seinem Vorsatz im Herzen.
    Evelyn fragte: »Woran denkst du?«
    »Daran, was für ein großartiger
Detektiv ich bin«, sagte ich.
    Nogees schlug mit der Hand durch die
Luft.
    »Hinterher ist man immer klüger«, sagte
er. »Schließlich haben Sie den Schlüssel geliefert. Ohne diesen Einfall hätten
wir wer weiß wie lange herumgesucht. Ich habe mich auch nicht gerade wie
Sherlock Holmes benommen.«
    Evelyn richtete ihre Augen auf ihn und
sagte, was ich sagen wollte.
    »Sie waren besser als er. Sie hatten
ein Herz.«
    »Richtig«, sagte ich. »Ein Herz statt
einer Shagpfeife. Ein anderer hätte mich gleich nach dem ersten Akt in den
Käfig verfrachtet.«
    Nogees lachte. »Da wären Sie sicherer
gewesen als hier.«‘
    »Auch wieder wahr«, sagte ich. »Für den
Mietpreis hat die Bude allerhand geboten.«
    Er gähnte und sah zur Uhr. »Halb elf.
Gehen Sie noch zu Ihrem Kasimir.«
    Ich sah mit schiefem Kopf zu Evelyn.
»Gehen wir noch?«
    »Kannst du denn?«
    »Ein Ritter kann alles. Was soll mir
noch passieren? Wäre doch schade um deine schönen Karten. Außerdem haben wir
Grund zum Feiern. Und seinen Herzog kann man nicht versetzen. Los, gurgeln wir
noch einen, und dann auf!«
    Die Flasche langte gerade noch. Wir
prosteten und gossen den Bodensatz hinunter. Evelyn bekam wässerige Augen.
    Ich zog mich an und griff nach meiner
Waffe. Nogees staunte.
    »Heinrich der Heizbare auf dem
Kriegspfad. Lassen Sie mal sehen.« Er betastete die Schramme, die Ruschkes
Messer gerissen hatte.
    »Hm. Wieder dieselbe Stelle.«
    »Ja. Als hätte Kriemhild ein Kreuz
reingestickt, wie bei Siegfried.«
    Nogees ging ein Stück mit uns, bis
unser Weg sich trennte.
    »Wiedersehen, Kommissar«, sagte ich.
»Wiedersehen und Dank für alles. Machen Sie sich auf eine baldige Einladung in
meine
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