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Das Versprechen deiner Lippen

Das Versprechen deiner Lippen

Titel: Das Versprechen deiner Lippen
Autoren: Barbara Dunlop
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zog ein Kuvert hervor, auf dem Calebs Name gekritzelt stand. Reed musste also gewusst haben, dass sein Bruder herkommen würde. Vielleicht fand sich ja in dem Umschlag ein Hinweis.
    Sie reichte ihn Caleb. „Mach ihn auf“, befahl sie ungeduldig.
    Caleb runzelte die Stirn. „Ich hab ihm nicht gesagt, dass ich komme.“ Als Nachricht auf dem Anrufbeantworter hatte er nur kurz und knapp ein barsches „Ruf mich an, wir müssen reden!“ hinterlassen. Reed würde schon verstehen, was damit gemeint war.
    „Warum hat er dir dann diesen Brief hinterlassen? Als ich heute Morgen ins Haus kam, lag das Kuvert hier auf der Küchentheke.“
    Caleb holte tief Luft und riss den Umschlag auf. Er zog ein einzelnes Blatt Papier heraus und las. Dann entfuhr ihm ein deftiger Fluch.
    Mandy schrak zusammen, nicht wegen seiner Worte, sondern wegen des Tonfalls. Neugierig spähte sie Caleb über die Schulter und las, was da in Reeds großer, kühner Handschrift geschrieben stand: Von mir aus kannst du daran ersticken.
    Fragend blickte sie zu Caleb auf. „Das verstehe ich nicht. Was hat das zu bedeuten?“
    „Es bedeutet, dass sich das jähzornige Temperament meines Bruders in den vergangenen zehn Jahren kein bisschen verändert hat.“
    „Weißt du, wo er hingegangen ist?“ Reeds knappe Botschaft war für Mandy rätselhaft.
    Caleb starrte den Brief finster an. „Du verdammter Idiot.“
    „Was ist los?“, fragte Mandy energisch.
    Caleb zerknüllte das Papier und lachte bitter auf. „Reed vertraut mir nicht. Er glaubt doch tatsächlich, ich würde meinen eigenen Bruder betrügen.“
    „Wieso betrügen?“ Sie hatte gedacht, Reed sei fortgegangen, um mit seinen widersprüchlichen Gefühlen nach dem Tod seines verhassten Vaters ins Reine zu kommen. Aber Calebs Reaktion beunruhigte sie nun noch mehr.
    Er musterte sie mit einem eisigen Blick, und seine Kiefermuskeln waren angespannt. Der innere Kampf ließ sich an seinem Gesicht ablesen.
    Schließlich entschied er sich doch zu einer Antwort und zitierte das Testament: „Wilton Terrell hinterlässt in seiner grenzenlosen Weisheit seinen gesamten Besitz, darunter die Terrell-Ranch, seinem Sohn … Caleb.“
    Mandy stützte sich schwer auf der Küchentheke ab und fragte stockend: „Er … hat die Ranch dir vermacht?“
    „Er hat sie mir vermacht“, bestätigte er grimmig.
    Mandy war fassungslos. Das war sehr unfair. Es war lächerlich und boshaft – unverzeihlich. Reed hatte sich mit Blut, Schweiß und Tränen für diese Ranch aufgeopfert, und nun sollte Caleb einfach hier aufkreuzen können und alles übernehmen?
    Mit tiefem Abscheu in der Stimme zischte sie ihn an: „Wie konntest du nur?“
    „Wie bitte?“ Er schnaubte verächtlich. „Das war Wiltons Entscheidung.“
    „Aber du profitierst davon.“
    „Ich bin hergekommen, um das Erbe zurückzugeben, Mandy. Aber vielen Dank für dein großes Vertrauen in meinen Charakter. Die schlechte Meinung, die du von mir hast, wird nur noch übertroffen von der meines idiotischen Bruders.“
    „Du wirst das Erbe ausschlagen?“ Die Skepsis in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Würde er wirklich eine Ranch zurückgeben, die zig Millionen Dollar wert war?
    „Ich lebe in Chicago. Warum zum Teufel sollte ich an einen verhassten Ort zurückkehren, an den ich nur schlimme Erinnerungen habe. Außerdem ist Reed mein Bruder. Wir kommen zwar vielleicht nicht gut miteinander aus, aber wir hassen uns nicht.“
    Wollte man seiner gekränkten Miene und seiner aufgebrachten Erwiderung Glauben schenken, so hatte Caleb wohl tatsächlich vor, sich ehrenhaft zu verhalten. Aber daran hatte Reed wohl ebenso gezweifelt wie jetzt Mandy. Aus dem Brief sprach unbändige Wut, und er hatte offensichtlich lieber das Weite gesucht, statt mitanzusehen, wie sein Bruder herkam und alles an sich riss.
    Doch sogleich keimte wieder Sorge in ihr auf. „Wir müssen ihn finden. Ihm alles erklären und dafür sorgen, dass er wieder nach Hause kommt.“
    „Er ist doch kein entlaufener Welpe.“
    „Er ist dein Bruder.“
    Caleb zeigte sich erstaunlich ungerührt. „Was genau bedeutet das?“
    Das Haus seines Bruders war der letzte Ort, an dem Caleb bleiben wollte. Er mochte nicht in dieser Küche essen oder im Wohnzimmer sitzen, und noch weniger Lust verspürte er, oben in seinem alten Schlafzimmer zu übernachten.
    Er hatte, seit er hierhergekommen war, schon zu viele Déjà-vus erlebt.
    Die Küche sah aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Eine Grünpflanze
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