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Das Versprechen deiner Lippen

Das Versprechen deiner Lippen

Titel: Das Versprechen deiner Lippen
Autoren: Barbara Dunlop
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keine Rolle.
    Ihr Ton wurde sarkastisch. „Aber wie höflich von dir, dich nach meinem Liebesleben zu erkundigen.“
    „Nun ja, ich treffe dich hier an und nicht ihn“, erläuterte Caleb. Sie hatte ihm die Tür aufgemacht und schien sich hier ganz zu Hause zu fühlen. Da lag die Vermutung durchaus nahe, dass sie hier wohnte.
    Sie strich mit dem Zeigefinger über den abgeschrägten Rand eines polierten Zedernholztischchens. „Ich bin hier, um nach dem Rechten zu sehen.“ Dann nahm ihr Gesicht einen bedrückten Ausdruck an. „Ich hab mir Sorgen gemacht.“
    „Warum das?“
    „Weil seit der Beerdigung vor fünf Tagen niemand mehr Reed gesehen hat.“
    Mandy Jacobs war fast zehn Jahre lang eng mit Reed befreundet gewesen. Davor, in der Highschool, hatte sie ihn fast wie einen Helden verehrt – seit jenem Tag, an dem sie beim Kopfsprung in den Stump Lake ihr Bikinioberteil verloren und er sie vor einer entsetzlichen Blamage bewahrt hatte. Die Jungs ihrer Klasse hatten unter johlendem Gelächter und schadenfrohem Glotzen nur darauf gewartet, dass die Kälte des Wassers sie aus dem See trieb.
    Als sie gerade aufgeben wollte und ihre Blöße so gut wie möglich mit den Armen bedeckte, war Reed vorbeigekommen und hatte den Jungs die Leviten gelesen. Dann hatte er die Stiefel ausgezogen, war ins Wasser gewatet und hatte ihr sein T-Shirt gereicht. Dabei hatte er kein einziges Mal zu ihr hingesehen, während sie es sich zähneklappernd unter Wasser übergezogen hatte. Anschließend hatte er den Jungs mit schlimmen Konsequenzen gedroht, sollten sie es wagen, sie künftig damit aufzuziehen.
    Als sie zwei Jahre später vom College in Denver nach Hause zurückkehrte, waren Reed und sie sich noch näher gekommen. Im Laufe der Jahre hatte sie vom Tod seiner Mutter, vom Jähzorn und der Härte seines Vaters und von den Gründen erfahren, die seinen Zwillingsbruder Caleb von zu Hause fortgetrieben hatten.
    Reed hatte nun keine Geschwister mehr als Unterstützung, und auch Mandys zwei Brüder machten ständig nur Späße auf ihre Kosten. Ihre älteste Schwester Abigail war ein Bücherwurm, und die jüngere, Katrina, war schon mit zehn Jahren ins Internat gekommen. Hätte sich Mandy einen Bruder wünschen können, so wäre es Reed gewesen.
    An diesem Morgen hatte sie sich wirklich ernsthaft Sorgen um ihn gemacht und beschlossen, auf der Ranch nach dem Rechten zu sehen. Sie hatte den Ersatzschlüssel benutzt, um in das vertraute Haus zu gelangen, hatte den Anrufbeantworter abgehört, Reeds Post durchgesehen und sogar seinen Kleiderschrank überprüft, bevor ihr klar wurde, dass sie gar nicht merken würde, ob etwas von seiner Kleidung fehlte. Seine Brieftasche war aber definitiv nicht da, und sein geliebter Stetson hing nicht am Garderobenhaken beim Vordereingang.
    Offenbar hatte er die Ranch also aus freien Stücken verlassen. Und er war ein bärenstarker Kerl – unvorstellbar, dass ihn jemand gegen seinen Willen zu irgendetwas zwingen konnte.
    Dennoch war sie froh, dass Caleb aufgetaucht war. Irgendetwas stimmte hier nicht, und er konnte ihr helfen herauszufinden, was geschehen war.
    Caleb stellte seine Aktentasche energisch auf dem Parkett ab und unterbrach damit ihr Grübeln. Er baute sich neben der braunen Ledercouch vor dem Panoramafenster vor ihr auf und fragte mit forschendem Blick: „Was meinst du mit verschwunden ?“
    „Reed ist von der Beerdigung abgehauen“, erklärte Mandy und suchte in ihrer Erinnerung nach kleinen Details in den Ereignissen letzter Woche, die ihr vielleicht entgangen sein und die einen Hinweis darauf geben könnten, was passiert war. „Er hat einen der Ranch-Pick-ups genommen, und ich dachte, er würde hierher zurückfahren.“
    Sie sah hinüber zu einer Reihe Fotos auf dem Kaminsims, und ihr Blick blieb an einer jüngeren Aufnahme von Reed beim Lyndon Rodeo hängen. „Nach der Beerdigung kamen wir alle zum Leichenschmaus hier im Haus zusammen. Ich habe Reed nicht gesehen, habe mir aber nichts dabei gedacht. Schließlich hatte er gerade seinen Vater verloren und wollte vielleicht lieber allein sein.“
    Caleb bemerkte in kühlem Ton: „Du willst doch nicht etwa behaupten, Reed hätte um unseren Vater getrauert?“
    Mandy überlegte, was sie ihm antworten sollte. Unwillkürlich verglich sie die beiden Brüder. Sie waren so verschieden, wie zwei Menschen nur sein konnten. Beide waren von attraktiven Teenagern zu gut aussehenden Männern herangewachsen. Doch während Reed eher wild und
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