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Tod am Chiemsee (German Edition)

Tod am Chiemsee (German Edition)

Titel: Tod am Chiemsee (German Edition)
Autoren: Ina May
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1
    Blauer
Natternkopf (Echium
vulgare)
    Standort: Sonnig, trocken, Ödland und Trockenrasen, gern auf mäßig stickstoffreichen
Böden.
    Wissenswertes: Die Pflanze gehört zur Familie der Borretschgewächse (Boraginaceae) . Ihre Blütenform mit dem
gespaltenen Griffel erinnert an den Kopf einer Schlange, daher auch der Name.
Die Pflanze ist mit vielen stacheligen Härchen besetzt. Das schützt sie an
sonnigen, trockenen Standorten vor übermäßiger Verdunstung – sie spart dadurch
also Wasser. Für die Küche ist sie nicht geeignet, sie enthält giftige
Pyrrolizidin-Alkaloide, die die Leber schädigen können.
    »Leute, es wird heiß«, verkündete der heimische
Radiosender freudig, und Schwester Althea glaubte den Moderatoren der Morgensendung
aufs Wort.
    Es war Mitte Juli, und bisher war jeder Tag mit blauem Himmel und
Sonne pur gesegnet. Allmählich vermochte Althea jedoch den Segen an der Sache
nicht mehr so deutlich zu erkennen. »Super, ganz klar. Ihr steckt auch nicht in
dieser Kutte.« Sie wollte eigentlich nicht grummelig klingen, tat es aber doch.
    »Schon gut, ich beklage mich nicht. Wie wär’s mit einem kühlen Bad
im See? Wenigstens für meine Füße«, fragte sie denjenigen, der bereits am
frühen Morgen den Nerv hatte, ihr zuzuhören. Zu vernehmen war die Antwort
nicht, doch sie war sicher, die kleine Gestalt am Kreuz in ihrer Klosterzelle
hatte gerade ihre Zustimmung gegeben.
    Althea war der Name, den sie im Benediktinerinnenorden für sich
gewählt hatte, bürgerlich hieß sie Marian. »Und diese beiden Damen gehen jetzt
ins Wasser«, verkündete sie.
    Frauenwörth lag mitten im Chiemsee, und zum Kloster gehörte seit
Jahrhunderten die kleine unbewohnte Krautinsel, die vielen Wasservögeln als
Brutplatz diente. Im Mittelalter hatten die Nonnen dort Gemüse und Kräuter
angebaut, daher der Name.
    Und natürlich gehörte auch ein ganzes Stück See zum Kloster. Also
warum es nicht nutzen und sich hin und wieder nass machen?
    Althea raffte ihr Ordensgewand und lief durch den Seitengang, es
brauchte sie ja nicht jeder zu sehen.
    Kurz darauf saß sie auf der Steinmauer und planschte mit den Füßen
im Wasser. Es fühlte sich richtig gut an. Sie seufzte, und das ausgiebig.
    Der Morgen war die beste Zeit, um zu planen, die beste Zeit, sich
Gedanken zu machen. Denn bei diesen Temperaturen würde ihr Hirn sich schon am
späten Vormittag so anfühlen, als läge es auf dem Grill.
    Die Benediktinerinnenabtei plante im August ein großes
Sommernachtsfest. Das heißt, eigentlich plante Althea, sie wusste schon gar
nicht mehr, wie sie zu dieser arbeitsaufwendigen Ehre gekommen war.
    Wenn Frauenchiemsee etwas zu feiern hatte, dann waren die Insulaner
gefragt und die Touristen gemeint. Es sollte einfach ein schönes und
gesprächiges Beisammensein werden. Für Verpflegung war gesorgt, sowohl kompakt
als auch flüssig, und natürlich stammte der Likör aus der eigenen Kellerei, und
auch das Marzipan wurde von den Schwestern hergestellt. Um den Fisch kümmerten
sich die Fischer, und die Bootsbauer am Chiemsee wollte Althea fragen, ob sie
sich vorstellen könnten, in dieser Sommernacht ein bisschen Gondoliere zu spielen.
Konnten sie sich wahrscheinlich nicht, aber das würde sie schon irgendwie
hinbekommen.
    »Eine romantische Bootsfahrt, zu einem vermutlich ernüchternden
Preis«, flüsterte sie vor sich hin. »Es wäre trotzdem herrlich. Mit Lampions
und einer gemütlichen Sitzgelegenheit.«
    Althea wischte ihre nassen Füße ab und schlüpfte in die Sandalen.
    In Sichtweite bewegte jemand hektisch die Arme auf und ab. »Meine
Oma kann nicht schwimmen!«, schrie ein Junge.
    Althea hätte zu gern erwidert, dass das auch nicht nötig sei. Stattdessen
sprintete sie los, zog ihr langes Gewand durchs Wasser und die Frau an den
Schultern zurück an die Wasseroberfläche.
    »Der See ist an der Stelle nicht tief, deine Oma kann hier stehen«,
sagte Althea. Warum die Oma das nicht gekonnt hatte, wusste nur sie allein.
    Prustend und schnaufend schüttelte sich eine füllige Frau Mitte
fünfzig, der das kurz geschnittene Haar nach dem Tauchgang wie Kraut vom Kopf
abstand. »Maximilian, schau nicht so, ich bin nur umgeknickt. Du hättest nicht
gleich göttlichen Beistand herbeiholen müssen.«
    Begonnen hatte Altheas Tag mit der Radio-Prophezeiung, es werde sehr
heiß, doch jetzt war ihr schlagartig eiskalt.
    Es war wie ein Déjà-vu. Friederike Villbrock. Was für ein
schauderhafter Morgen!
    »Von wegen göttlicher Beistand,
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