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Das verräterische Tonband

Das verräterische Tonband

Titel: Das verräterische Tonband
Autoren: Carter Brown
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vor den Fenstern des
Wohnzimmers waren zugezogen, aus dem Radio drang weiche träumerische Musik,
nichts als Streichmusik und Sehnsucht. Ein frisch eingeschenkter Bourbon auf
Eis erschien aus dem Nichts und wurde mir sanft in die Hand geschoben,
unmittelbar nachdem ich selber sanft auf die Couch geschoben worden war.
    »Möchte M’sieur ein Steak à l’Americaine ’ aben ?« fragte die schwarze Satinerscheinung artig. »Ich ’ abe die Lötlampe mitgebracht .«
    »Lötlampe ?« murmelte ich.
    »À l’Americaine «,
sagte sie geduldig. »Damit man es außen verkohlen und innen roh lassen kann .«
    »Danach ist mir jetzt genau
zumute«, sagte ich nachdenklich. »Ich weiß, Sie können keine Ausgeburt meiner
Phantasie sein, denn meine Ausgeburten pflegen keine Kleider zu tragen, so wie
Sie das tun. Also — wenn ich fragen darf — was, zum Kuckuck, tun Sie hier ?«
    »Ich ’ abe Ihre Kleider getrocknet und gebügelt und sie in den Kleiderschrank ge’ängt «, sagte sie ruhig. »Und wenn mein Stamm etwas haßt,
dann Leute, die Retourgeschenke erwarten. Oder noch schlimmer, Leute, die
Retourgeschenke für Retourgeschenke erwarten .«
    »Dieses Pariser Indianerpalaver
bringt mich um meinen Verstand«, knurrte ich. »Ich weiß, ich sollte gar nicht
fragen, aber was, im Namen aller Totempfähle, ist ein Mensch, der
Retourgeschenke für Retourgeschenke erwartet ?«
    »Ich hatte einen guten Job, hundertundfünfzig Dollar pro Woche und dann all diese
Kleider, die sie nur einmal getragen hatte. Erinnern Sie sich ?« fragte sie schroif . »Und Sie mußten hergehen und sie
umbringen. Okay, das will ich noch schlucken. Aber Sie haben mich um meinen Job
gebracht, Freund, und so haben Sie mir einen neuen besorgt. Ja?«
    »Wirklich?« Ich sah sie
erwartungsvoll an. »Wo?«
    »Hier«, sagte sie mit
Raubtierlächeln. »Hundertfünfzig pro Woche und Ihre einmal getragenen
Sporthemden. Ja?«
    »Marie, Süße!« Ich war im
Begriff, sie anzulächeln, aber der Ausdruck in ihren Augen warnte mich, das
besser zu unterlassen. »Ich bin Junggeselle. Junggesellen können keine
Hausmädchen haben und schon gar nicht sexy aussehende Hausmädchen .«
    »Warum nicht ?« fragte sie schroff.
    »Die Leute würden reden«, sagte
ich traurig.
    »Ist Ihnen das nicht egal ?«
    »Das wäre nur der Anfang«,
erklärte ich. »Nach einer Weile würden sie nicht mehr reden, sondern handeln.
Die Leute würden Petitionen unterschreiben und sie an den Gouverneur schicken. Blaunasige alte Ladies von der Vereinigung »haltet unser Beverly Hills rein von der
Entwertung der Grundstücke « würden meine Veranda als Streikposten besetzen. Kleine
Jungens würden über den Zaun vom hängen und...«
    »Sie haben gar keinen Zaun«,
berichtigte sie.
    »Sie wissen, wie kleine Jungens
sind«, ich schüttelte betrübt den Kopf. »Sie würden einen bauen .«
    »Dann müssen Sie eben lernen,
mit einem Hausmädchen zusammen zu wohnen«, sagte sie mit energischer Stimme.
»Wenn Sie sich einmal genau wie auf dem College einen Ruck geben, werden Sie
überrascht sein, wie leicht es geht .«
    »Ich war nie auf dem College«,
gestand ich. »Ich habe fünfzehn Jahre in der Oberschule verbracht; und als ich
dort abging, fand man, ein Freshman mit einem weißen Bart sei einfach
lächerlich, denn schließlich hat jedes College seinen Stolz und…«
    »Natürlich«, unterbrach sie
mich erbarmungslos, »müssen Sie die Frage von allen Gesichtspunkten betrachten.
Ich meine, ein Mädchen zu engagieren bedeutet nicht nur Bequemlichkeit und
Erleichterungen — abgesehen von dem ungeheuren Statussymbol — , aber da sind
auch noch die Privilegien des Arbeitgebers in Betracht zu ziehen.«
    »Leider kommt das Ganze
überhaupt nicht in Frage, Marie«, sagte ich entschlossen. »Sie sind verrückt,
wenn Sie glauben, ich würde im Ernst >Arbeitgeberprivilegien< in Anspruch
nehmen .«
    »Vor allem bei
Indianermädchen«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Ich meine, ein Arbeitgeber
hat das Recht darauf, von ihr in die Stammesriten und Gebräuche eingeführt zu
werden .«
    »Ja?« Ich holte tief Luft,
spürte förmlich, wie Sauerstoff in mein Blut gepumpt wurde und den
Blutkreislauf wiederherstellte, bis all diese kleinen roten Blutkörperchen aus
ihren Zellen zu springen schienen.
    »O ja«, murmelte sie. »Zum
Beispiel haben Sie, wenn Sie mein Arbeitgeber sind, das Recht, die Antwort auf
Ihre Frage, die Sie wegen meiner Tracht gestellt haben, beantwortet zu bekommen .«
    »Sie meinen —«, meine
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