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Das verräterische Tonband

Das verräterische Tonband

Titel: Das verräterische Tonband
Autoren: Carter Brown
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Clique, mit der Sie verkehren ?« sagte
ich.
    »Dieses
Jahr war er en vogue«, sagte sie und nickte. »Letztes Jahr war es Joga und im
vorletzten Jahr Joghurt, soviel ich mich erinnere. Vielleicht sind es nächstes
Jahr Pflastersteine ?«
    »Zumindest
wird man dann keinen Gehirnschlosser brauchen .« Ich
lachte herzhaft und verstummte mit einem Wimmerlaut unter dem eisigen Blick der
violetten Augen. »Äh — und wann haben Sie bemerkt, daß das Berufsethos oder
dergleichen verletzt worden ist ?«
    » Heute morgen — als die Post kam.«
    Sie
begann, auf das andere Ende des riesigen Wohnraums zuzugehen, und wies mich mit
einer Kopfbewegung an, ihr zu folgen. Wir blieben vor einem eingebauten
kombinierten HiFi -Stereo-Vierfachtonbandgerät stehen,
das wahrscheinlich auch einen konstanten Strom heißen Kaffees entsandte, wenn
man nur auf den richtigen Knopf drückte. Ein schmales Tonband war auf gespult,
und Barbara wies mit entrüstetem Zeigefinger darauf, als handle es sich um eine
obszöne Inschrift in einer Herrentoilette.
    »Das
ist heute morgen per Eilboten eingetroffen«, sagte
sie heiser. »Hören Sie zu .«
    Sie
drückte auf die entsprechenden Knöpfe, und dann begannen sich die Spulen zu
drehen.
    »Sie
brauchen keinerlei Hemmungen zu haben, über solche Erfahrungen zu sprechen,
Miss Doone «, sagte eine verblüffend laute männliche
Stimme — mir kam es so vor, als spreche sie unmittelbar in mein Ohr. »Eine
gelegentliche lesbische Verbindung ist im Leben vieler Frauen nichts
Ungewöhnliches .«
    »Ich
kann nur eben nicht umhin, das Ganze als — nun ja — peinlich zu empfinden,
Doktor«, antwortete eine zögernde Stimme, die zweifellos die Barbaras war. »Ich
meine — nun — mit einem Mann darüber zu reden .«
    »Sie
dürfen mich nicht als Mann betrachten«, sagte die Stimme mit einer Spur von
Akzent, in die sich ein leicht salbungsvoller Unterton einschlich. »Ich bin
lediglich ein Doktor — Ihr Analytiker — , und Sie
müssen mich ausschließlich als das betrachten und als nichts anderes. Erzählen
Sie mir, wie es dazu kam. Wann ist es geschehen? Wie alt waren Sie ?«
    »Zwanzig.«
Barbaras Stimme klang gedämpft, unsicher. »Ich arbeitete damals an einem
Sommertheater, einer dieser umgebauten Scheunen in Connecticut. Und da war
dieses andere Mädchen, zwei Jahre jünger als ich; sie war eine sehr hübsche
Blonde mit einer Figur, die sehr sexy war — nicht sehr groß, aber alles in den
richtigen großzügigen Proportionen. Ich glaube, sie war das absolute Gegenteil
von mir, und die Leute bemerkten den Kontrast, wann immer wir zusammen waren.
Ich fühlte mich von Anfang an von ihr angezogen, und dann teilten wir ein
Zimmer miteinander. Eines Nachts kamen wir spät vom Theater zurück und...«
    Der
entrüstete Zeigefinger drückte auf den rechten Knopf, und die Tonspulen kamen
zu abruptem Stillstand.
    »Das
reicht«, sagte Barbara mit gepreßter Stimme. »Es geht
noch weiter — aber das brauchen Sie nicht zu hören, um zu wissen, worum es sich
handelt —«
    »Wahrscheinlich
nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Wenn
ich je geahnt hätte, daß dieser verdammte Doktor Sex all diese Sitzungen auf
seiner Couch auf Tonband aufgenommen hat...« Ihr Mund zuckte wild. »Aber jetzt
ist es in jedem Fall zu spät .«
    »Also
muß, nachdem der Doktor tot war, jemand an seine Tonbänder geraten sein; und
nun versucht er, sie zu Erpressungszwecken zu benutzen ?« brummte ich. » Wieviel verlangt er denn ?«
    »Ich
weiß es nicht«, sagte sie.
    »Was?«
Ich starrte sie einen Augenblick lang verblüfft an. »Aber bei dem Tonband muß
doch wohl ein Brief gewesen sein, der Forderungen...«
    »Nichts
dergleichen«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Nur das Tonband, als
reizendes Päckchen verpackt, mit meinem Namen und meiner Adresse darauf .«
    »Sie
wissen also bis jetzt noch nicht, wer es Ihnen geschickt hat«, sagte ich.
»Vielleicht versucht sich der Betreffende auf eigene Faust in
Elementarpsychologie? Er schickt Ihnen das Tonband, wartet, bis Sie in die
richtige Erregung geraten sind und stellt dann seine Forderungen. Sie sollten
die Polizei zuziehen. Die können Ihre Telefonleitung anzapfen und...«
    »Sind
Sie übergeschnappt ?« kreischte sie beinahe. »Können
Sie sich vorstellen, wie ich hier stehe, das Band abspiele und dabei den Ausdruck
auf den Gesichtern einer Rotte von plattfüßigen Polizeibeamten beobachte, die
sich das anhören ?«
    »Ich
verstehe schon«, sagte ich mit schwacher Stimme.
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