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Das verräterische Tonband

Das verräterische Tonband

Titel: Das verräterische Tonband
Autoren: Carter Brown
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mich.
    »Schon
gut«, sagte sie anmutig. »Ich versuche noch immer, hier ein wenig Ordnung
hineinzubringen. Papierkram war nie seine Stärke, und hier herrscht ein so
entsetzliches Durcheinander .« Sie blickte auf den
Papierstapel vor sich und zuckte hilflos die Schultern. »Wahrscheinlich sollte
ich das durch jemanden, der etwas davon versteht, erledigen lassen, aber ich
weiß nicht genau, ob nicht vertrauliche Unterlagen darunter sind; und ich fühle
mich seinen ehemaligen Patienten gegenüber verpflichtet .«
    Das
war ein Stichwort, und ich wäre nicht recht bei Trost gewesen, wenn ich nicht
darauf reagiert hätte.
    »Ich
heiße Rick Holman «, sagte ich, »und vertrete hier
eine der ehemaligen Patientinnen des Doktors, Mrs. Reiner. Diese Patientin ist wegen eines gewissen Tonbands beunruhigt — «
    »Doch
nicht noch jemand!« Sie schloß flüchtig die Augen und holte dann tief Atem.
»Sie sind der dritte heute morgen , der sich
erkundigt, Mr. Holman ; und bei allen handelte es sich
um dasselbe — um ein gewisses Tonband !«
    »Ja ?« sagte ich erwartungsvoll.
    »Leider
kann ich Ihnen nur dasselbe sagen wie den beiden anderen; ich weiß, daß mein
Mann bei seinen Analysen ein Tonbandgerät benutzte, denn es ist hier im
Schreibtisch verborgen. Aber ich habe nirgendwo benutzte Tonbänder finden
können .«
    »Das
ist sehr unangenehm«, sagte ich. »Meine Kundin ist sehr besorgt .«
    »Die
beiden anderen Patientinnen meines verstorbenen Mannes, die vorhin da waren,
ebenfalls«, sagte sie trocken. »Ich vermute, Sie sind so etwas wie ein
Privatdetektiv, Mr. Holman . Sie sehen nicht wie ein
Rechtsanwalt aus .«
    »So
etwas Ähnliches«, pflichtete ich bei.
    »Und
es bedarf meinerseits keiner allzu großen gedanklichen Anstrengung, um zu dem
Schluß zu kommen, daß, wenn drei ehemalige Patientinnen Hermans sich plötzlich
alle am selben Tag Gedanken über vermutlich in seiner Praxis verlorengegangene
Tonbänder machen — daß diese Tonbänder dann auf unwillkommene Weise irgendwo
anders aufgetaucht sind .«
    »Das
war sehr scharfsinnig, Mrs. Reiner«, sagte ich.
    Die
dunklen Augen warfen mir einen leicht spöttischen Blick zu. »Machen Sie sich
nicht über mich lustig, Mr. Holman . Ich kann mir
durchaus vorstellen, was auf diesen Tonbändern drauf ist; und ich bin
überzeugt, daß sie — in den falschen Händen — Dynamit bedeuten. Und so wie die
Sache aussieht, scheinen sie bereits in die falschen Hände gelangt zu sein .« Sie schwieg einen Augenblick, und ihre Hände spielten
zerstreut mit dem obersten Blatt Papier.
    »Der
Gedanke, daß Herman ein Vermächtnis für Erpressungsversuche hinterlassen hat,
gefällt mir gar nicht, Mr. Holman .«
    »Vielleicht
hat er nicht damit gerechnet, daß er etwas hinterlassen würde — jedenfalls
nicht so bald«, sagte ich. »Wenn das Tonbandgerät zu seiner normalen
Arbeitsausrüstung gehört hat — «
    »-und
jemand, der das wußte, in die Praxis eingedrungen ist und sie gleich nach
seinem Tod gestohlen hat ?« Sie nickte ruhig. »Der Gedanke
ist mir auch schon gekommen, Mr. Holman .«
    »Haben
Sie auch eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte ?« fragte ich.
    »Nein«,
sagte sie mit entschiedener Stimme. »Aber ich bin durchaus bereit, die
Möglichkeiten detailliert mit Ihnen zu besprechen, Mr. Holman ,
nur nicht hier .« Sie lächelte flüchtig. »Würden Sie
mich unter Umständen zu einem Drink einladen ?«
    »Mit
dem größten Vergnügen«, sagte ich.
    Ich
ging neben ihr durch das prachtvolle Wartezimmer und dann die Treppe hinab in
das helle Tageslicht auf dem Boulevard. Eine Viertelstunde später saßen wir
bequem in der Ecknische einer mattbeleuchteten Bar, einen Daquiri und einen Bourbon auf Eis vor uns auf dem Tisch.
    »Die
bösen Taten eines Menschen überleben ihn — «, zitierte sie plötzlich.
»Der Gedanke daran in bezug auf Herman gefällt mir
gar nicht, Mr. Holman . Er hat, während er lebte,
anderen Leuten viel Böses angetan. Es scheint mir unfair, daß diese Menschen
von diesem Bösen verfolgt werden, nachdem er tot ist .«
    Das
war immerhin eine beachtliche Überlegung von seiten einer zwei Wochen alten Witwe; und da ich das Gefühl hatte, es gäbe darauf
nichts zu antworten, unterließ ich es.
    Sie
nippte vorsichtig an ihrem Daquiri , als ob sie erst
versuchen müsse, ob er vergiftet sei. Dann wandte sie mir ihr lebloses Gesicht
zu.
    »Wissen
Sie, wie man ihn genannt hat ?« In ihrer Stimme lag ein
Unterton von Bitterkeit. »Sex! Doktor Sex! Der
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